Steinreich – was tun bei Nierensteinen?
Nierenkoliken infolge von Nierensteinen gehören zu den schmerzhaftesten Erkrankungen des Harntraktes. Wie werden sie behandelt und noch wichtiger: was kann man tun, um ein erneutes Auftreten zu vermeiden?
Wie kommen Steine in die Niere?
Nierensteinleiden (lat. Urolithiasis) gibt es wohl schon immer. Wissenschaftler haben Nierensteine in einer 7000 Jahre alten ägyptischen Mumie gefunden. Jeden kann es treffen, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen und die meisten Erkrankten zwischen 20 und 40 Jahren alt sind. Nierensteine sind harte Steine, die sich aus kristallinen Stoffen des Urins in der Niere bilden. Meist verlassen sie den Körper als winzig kleine Kristalle völlig unbemerkt.
Bleiben aber Kristalle zurück, können diese als Kristallisationskeim fungieren, sodass sie im Nierenbecken oder den ableitenden Harnwegen zu einem immer größeren Nierenstein heranwachsen. Wandert dieser in den Harnleiter, führt dies zu starken Flankenschmerzen, die von Übelkeit und Erbrechen begleitet sind. Man spricht dann von einer Nierenkolik, da sich der Harnleiter immer wieder zusammenzieht, um den Stein vorwärts zu transportieren.
Manche Nierensteine sind reiskorngroß, manche füllen das ganze Nierenbecken aus. Der größte, jemals diagnostizierte Nierenstein soll ein Gewicht von 1,36 kg gehabt haben. Wird der Stein über die Blase ausgeschieden, ist der Betroffene „geheilt“. Ist der Stein zu groß, muss er ärztlich behandelt werden.
Was sind die Ursachen?
Nierensteine bilden sich, wenn der Harn mit steinbildenden Substanzen übersättigt ist. Dann kommt es zur Kristallbildung. Dies kann passieren, wenn die Urinkonzentration aufgrund von Flüssigkeitsmangel und Austrocknung (z. B. durch zu geringe Trinkmenge, Magen-Darm-Erkrankung, starkes Schwitzen) erhöht ist oder wenn vermehrt steinbildende Substanzen wie zum Beispiel Calcium, Phosphat, Harnsäure oder Oxalat verstoffwechselt werden. Dies lässt sich aber durch die Ernährung beeinflussen. Auch bei einem banalen Harnwegsinfekt können sich Nierensteine bilden.
Kommt es zu einer Überfunktion der Nebenschilddrüsen mit vermehrter Calciumausscheidung (Hyperkalziurie) ist das Risiko für Nierensteine ebenfalls erhöht, genauso wie bei einer vermehrten Harnsäureausscheidung (Hyperurikosurie), die durch Gicht, Tumore, einen Enzymdefekt oder Alkoholmissbrauch verursacht wird. Liegt der pH-Wert des Urins unter 5,5 oder über 7,0 besteht ebenfalls das Risiko einer Steinbildung. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel, z. B. exzessive Einnahme hoher Vitamin-D-Dosen, bestimmte Diuretika, Virustatika oder Antazida, kann das Risiko erhöhen.
Welche Nierensteine gibt es?
In der Medizin werden verschiedene Nierensteinarten unterschieden. Am häufigsten treten mit 70 bis 80 Prozent die calciumhaltigen Nierensteine auf. Meist liegen Calciumoxalatsteine (meist klein mit stacheliger oder glatter Oberfläche) vor, dicht gefolgt von Calciumphosphatsteinen (etwas größer). Uratsteine aus Harnsäure stellen circa 15 Prozent aller Nierensteine dar. Sie sind meist bräunlich und glatt und eher größer. Sie entstehen, wenn der Harn zu sauer ist. Sogenannte Struvit- oder Infektsteine bestehen aus Magnesium, Ammonium und Phosphat. Sie sind typischerweise „geweihförmig“ und bilden circa 10 Prozent aller Nierensteine. Zystin- und Xanthin-Steine machen nur etwa zwei Prozent der Nierensteine aus. Sie sind üblicherweise hellgelb und eher groß.
Wie werden Nierensteine behandelt?
Ein Arzt wird die Diagnose hauptsächlich mittels bildgebender Verfahren wie Ultraschall, Röntgen oder CT stellen. Seltener wird eine Blasenspiegelung oder eine Szintigraphie durchgeführt. Eine Untersuchung des Urins auf Blut (mittels Harnteststreifen) kann ebenfalls einen ersten Hinweis auf Nierensteine geben. Durch eine Blutuntersuchung lassen sich Stoffwechselstörungen erkennen.
Um den Stein loszuwerden, gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten.
1. Abwarten und Trinken
Zum einen kann man abwarten, bis der Stein ausgeschieden wurde. Dies funktioniert recht zuverlässig bei Steinen mit einem Durchmesser bis zu 5 mm, ab einem Durchmesser zwischen 5 und 10mm liegt die Erfolgsquote bei 50 Prozent. Dabei spielen auch Struktur und Lage des Steins eine Rolle. Patient:innen müssen dazu bei jedem Urinieren mit einem sehr feinmaschigen Sieb (z. B. Urofilter von Param; PZN 4866073) kontrollieren, ob der Stein den Körper verlassen hat. Betroffene müssen circa 2–2,5 Liter Flüssigkeit pro Tag trinken und erhalten Schmerzmittel (z. B. Diclofenac, Metamizol, Tramadol) und Spasmolytika (z. B. Butylscopolaminiumbromid i.v.) gegen die Kolikschmerzen.
Um den Harnleiter am Kontrahieren zu hindern, wird meist eine Schiene in den Harnleiter gesetzt und für ein paar Tage dort belassen. So können die Steine „leichter“ ausgeschieden werden. Außerdem ist viel körperliche Bewegung wie Treppensteigen, Tanzen oder Kniebeugen ratsam, um den Stein in die richtige Richtung zu bewegen. Wärmeanwendungen können wohltuend wirken.
2. Ärztliche Eingriffe
Ist der Stein zu groß oder drohen Gewebeschäden an den Nieren, muss er ärztlich entfernt werden. Dazu stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Mittels Litholyse können bestimmte Steine (nur Uratsteine) aufgelöst werden. Diese Mittel werden oral eingenommen (z. B. Alkalicitrate, Natriumcarbonat oder manchmal auch Allopurinol) oder über einen Katheter eingeführt. Bei einer extrakorporalen Stoßwellen Lithotripsie (ESWL) werden die Steine mittels mechanischer Druckwelle von außen zertrümmert, so dass die Fragmente über den Urin ausgeschieden werden können.
Bei der perkutanen Nephrolitholapaxie (PCNL) wird mit einer dünnen Punktionsnadel von außen direkt in die Niere gestochen und damit der Nierenstein zerlegt und entfernt. Befinden sich die Steine im Harnleiter, wird meist eine Ureterorenoskopie (URS) durchgeführt. Dabei werden feine Instrumente mittels Endoskop über die Harnröhre, die Blase bis in den Harnleiter zum Stein eingeführt. Dieser wird mittels Laser zerkleinert oder im Ganzen entfernt. Dieses Verfahren ist bei Nierensteinen mit bis zu 20 mm Durchmesser möglich. Die letzten beiden Eingriffe erfordern eine kurze Vollnarkose und einen Krankenhausaufenthalt. Größere, offene Operationen sind zur Entfernung von Nierensteinen nur noch sehr selten nötig. Die Entfernung mittels Metallschlinge wird aufgrund der hohen Verletzungsgefahr nicht mehr angewendet.
Wie kann man vorbeugen?
Ist man anfällig für Nierensteine, so sollte immer auf eine ausreichende Trinkmenge (zwei bis drei Liter täglich) geachtet werden. Je besser die Nieren gespült werden, desto geringer ist die Gefahr einer Kristallbildung.
Gelingt es, einen Nierenstein auf seine Zusammensetzung zu untersuchen, kann man natürlich gezielt vorbeugen, indem man seine Ernährung anpasst, oder gezielt mit Medikamenten vorbeugt, z. B. bei Uratsteinen mit Allopurinol oder Febuxostat, etc.
Grundsätzlich ist eine purin-, kochsalz- und phosphatarme Kost zu bevorzugen. Dazu sollten möglichst wenig Fleisch und Wurst, wenig Fertigprodukte, dafür aber viel Obst und Gemüse gegessen werden. Calciumreiche Produkte sollten reichlich, aber nicht in Unmengen verzehrt werden. Wem es gelingt, Harnwegsinfekte zu vermeiden und langfristig Übergewicht abzubauen, hat bereits einiges zur Vorbeugung getan.
Denn merke: Wer einmal eine Nierenkolik erlitten hat, würde alles dafür tun, um so eine Erfahrung kein zweites Mal machen zu müssen. Eine Nierenkolik gilt als eine der schmerzhaftesten Erkrankungen.