Wochenrückblick: Preis löst Overwiening ab, Apothekensterben geht unvermindert weiter, ePA startet
Die ABDA hat einen neuen Präsidenten. Eine seiner dringlichen Aufgaben: den anhaltenden Rückgang der Apotheken stoppen. Die E-Patientenakte wird zudem ab dieser Woche getestet. Mehr News lest ihr im Wochenrückblick.
Thomas Preis ist neuer ABDA-Präsident
Thomas Preis (65) aus Köln wurde am Donnerstag mit großer Mehrheit zum neuen Präsidenten der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände gewählt. Der bisherige Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein folgt auf Gabriele Regina Overwiening und wird das Amt bis Ende 2028 ausüben. In der Wahl setzte er sich 59 zu 41 Prozent der Stimmen gegen die überraschend erneut angetretene Overwiening durch. Diese war im Dezember in einer ersten Wahl durchgefallen und hatte eigentlich angekündigt, auf eine weitere Kandidatur zu verzichten.
In seiner Antrittsrede betonte Preis die Bedeutung der öffentlichen Apotheken als unverzichtbare Säule der Daseinsvorsorge. Er kündigte an, sich für eine wirtschaftliche Stärkung der Apotheken einzusetzen, insbesondere für eine Anhebung und Dynamisierung des Apothekenhonorars. Zudem will er das Berufsbild mit Blick auf die Digitalisierung weiterentwickeln. Für die Misere der Apothekenbranche macht er in erster Linie die Gesundheitspolitik des Bundes zuständig. Eine immer älter werdende Bevölkerung koste halt Geld, dessen müsse sich vor allem die künftige Bundesregierung bewusst werden.
Zur Vizepräsidentin wurde die 41-jährige Dr. Ina Lucas aus Berlin gewählt. Die Präsidentin der Apothekerkammer Berlin will die Rolle der Apotheken in der Primärversorgung stärken. Silke Laubscher (52) aus Heidelberg wurde als weiteres Vorstandsmitglied bestätigt. Sie setzt sich besonders für bessere Perspektiven des pharmazeutischen Nachwuchses ein. Dem siebenköpfigen ABDA-Vorstand gehören außerdem Dr. Hans-Peter Hubmann, Anke Rüdinger, Dr. Armin Hoffmann und Franziska Scharpf an.
AMIRA fragt: Wird sich unter Preis etwas ändern? Fühlt ihr euch angemessen von der ABDA vertreten?
Rückgang der Apothekenzahl in Deutschland hält an
Apropos Misere: Die Versorgung mit Apotheken in Deutschland hat 2024 einen historischen Tiefstand erreicht. Wie die ABDA vergangene Woche mitteilte, sank die Zahl der Apotheken auf 17.041 – ein Niveau, das zuletzt 1978 verzeichnet wurde. Der Rückgang von 530 Apotheken (3%) gegenüber dem Vorjahr markiere eine besorgniserregende Entwicklung.
Besonders alarmierend sei die sich beschleunigende Dynamik der Schließungen: Während 2022 noch 393 Apotheken aufgaben, waren es 2023 bereits 497. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Neueröffnungen kontinuierlich – von 68 (2022) über 62 (2023) auf nur noch 48 im Jahr 2024. Im europäischen Vergleich zeige sich die prekäre Situation besonders deutlich: Mit 20 Apotheken pro 100.000 Einwohner liegt Deutschland weit unter dem EU-Durchschnitt von 32. (Ex-)ABDA-Präsidentin Overwiening warnte vor den Folgen dieser Entwicklung: „Die Menschen müssen längere Wege zur nächsten Apotheke zurücklegen und auf die bisherige vertraute Versorgung verzichten.“
Als Hauptursachen für den anhaltenden Negativtrend nennt die ABDA die chronische Unterfinanzierung der Apotheken, Schwierigkeiten bei der Nachfolgersuche und zunehmende Konkurrenz durch ausländische Versandapotheken, besonders im Zusammenhang mit der Einführung des E-Rezepts. Zudem wanderten qualifizierte Fachkräfte vermehrt in die Industrie oder Krankenhausapotheken ab, wo bessere Verdienstmöglichkeiten lockten.
Schwund bei Sachsens Apotheken besonders schlimm
Schaut man sich die Situation in den einzelnen Bundesländern an, ist jene in Sachsen besonders schlimm: Ende 2024 gab es nur noch 880 Apotheken im Freistaat, und für Januar 2025 sind bereits vier weitere Schließungen angekündigt. Im vergangenen Jahr mussten 27 Apotheken schließen, während es erstmals keine einzige Neueröffnung gab.
Angesichts dieser Entwicklung forderten der sächsische Apothekerverband und die Landesapothekerkammer in dieser Woche ein Soforthilfeprogramm. „Die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gerät immer weiter unter Druck“, warnte Verbandschef Thomas Dittrich. Acht Prozent der Apotheken arbeiteten bereits defizitär, ein weiteres Drittel nicht mehr wirtschaftlich. Hauptgrund sei die seit zwölf Jahren unveränderte Honorierung bei gleichzeitig steigenden Kosten. Kammerpräsident Göran Donner betont besonders die Folgen für ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen, die durch längere Wege zur nächsten Apotheke zunehmend von der Versorgung abgeschnitten würden. Er forderte eine Stärkung der Apotheken als „essentiellen Bestandteil des Versorgungsnetzes“.
AMIRA fragt: Wie seht ihr die Entwicklung? Treibt sie euch um? Macht ihr euch Sorgen um euren Arbeitsplatz oder wart ihr sogar von einer Schließung unmittelbar betroffen?
E-Patientenakte startet in Testregionen
Seit dem 15. Januar läuft die Testphase für die elektronische Patientenakte (ePA). Sie soll automatisch für alle gesetzlich Versicherten eingeführt werden. Ab sofort legen die Krankenkassen für ihre Versicherten eine digitale Akte an – sofern diese nicht ausdrücklich widersprechen. Die ePA soll als lebenslanger digitaler Speicher für medizinische Dokumente wie Befunde, Laborwerte und Medikationspläne dienen.
Heute gebe es etwa eine Milliarde Patientenbesuche in den Praxen, so Gesundheitsminister Karl Lauterbach laut „Ärztezeitung“. Etwa ein Drittel davon sei nicht mehr nötig, wenn ein Arzt einen Kranken auf Basis der ePA-Daten telemedizinisch beraten und ihm ein elektronisches Rezept ausstellen könne. Die derzeit überfüllten Praxen würden dann nicht mehr überfüllt sein.
Der Start erfolgt zunächst in drei Modellregionen: In Hamburg und Umgebung sowie in Franken testen über 250 Praxen, Apotheken und Krankenhäuser die praktische Anwendung. Eine weitere Testregion ist in Nordrhein-Westfalen geplant. Nach erfolgreicher Erprobung soll die ePA bundesweit eingeführt werden. Das war zunächst für Mitte Februar vorgesehen. Doch Gesundheitsminister Karl Lauterbach räumte am Mittwoch ein, dass es wahrscheinlich eher im März oder April so weit sein werde.
Dies ist ein Strategiewechsel: Bisher mussten Versicherte die 2021 eingeführte E-Akte aktiv beantragen, was kaum genutzt wurde. Die Ampel-Koalition hat das System nun umgekehrt – die ePA wird automatisch angelegt, außer man lehnt sie explizit ab.
AMIRA fragt: Habt ihr euch mit der ePA auseinandergesetzt? Überlegt ihr gar, zu widersprechen?
Notaufnahmen durch vermeidbare Besuche überlastet
Mehr als die Hälfte der Patienten in Notaufnahmen könnten auch ambulant versorgt werden, so eine Befragung des GKV-Spitzenverbandes. Gründe für vermeidbare Notfallbesuche seien geschlossene Praxen (38 Prozent) und fehlende kurzfristige Arzttermine. 68 Prozent suchten die Notaufnahme aufgrund als dringend empfundener Beschwerden auf. Nur 40 Prozent der Patienten seien stationär aufgenommen worden, während 60 Prozent ambulant behandelt worden seien. Ein Viertel dieser Patienten hätte auch eine Behandlung in einer Praxis für ausreichend gehalten. GKV-Vorstandsmitglied Stefanie Stoff-Ahnis fordert angesichts dieser Zahlen sektorenübergreifende Notfallstrukturen wie Integrierte Notfallzentren (INZ) und eine bessere Verknüpfung von Akut- und Rettungsdiensten. Zudem sei eine klarere Kommunikation über Angebote wie den ärztlichen Bereitschaftsdienst (116 117) nötig, um Notaufnahmen zu entlasten.
Sterbefallzahlen in Deutschland weiter rückläufig
Die Zahl der Todesfälle in Deutschland ist 2024 auf etwa eine Million gesunken. Nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) bedeutet dies einen Rückgang um 2,5 Prozent oder rund 25.500 Fälle gegenüber dem Vorjahr. Während der Corona-Pandemie ab 2020 waren die Sterbefallzahlen deutlich angestiegen und erreichten 2022 mit 1,07 Millionen einen Höchststand. Die Lebenserwartung sank in dieser Zeit. Erst 2023 gingen die Todesfälle erstmals seit 2019 wieder zurück. Die aktuellen vorläufigen Zahlen für 2024 bestätigen diesen Trend. Die Sterbefallzahlen lagen dabei teilweise deutlich unter dem Durchschnitt der vier Vorjahre. Auch die Lebenserwartung steigt wieder an, hat das Vor-Corona-Niveau aber noch nicht vollständig erreicht.
Organspenden in Deutschland weiter auf niedrigem Niveau
Die Zahl der Organspenden in Deutschland ist 2024 leicht gesunken. Wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) mitteilt, wurden 2.854 Organe nach dem Tod entnommen – 23 weniger als im Vorjahr. Die Spender-Quote von 11,4 pro Million Einwohner liegt im internationalen Vergleich weiterhin auf den hinteren Plätzen. Insgesamt spendeten 953 Menschen nach ihrem Tod Organe, darunter 1.391 Nieren, 785 Lebern, 315 Herzen und 290 Lungen. In deutschen Transplantationszentren wurden 3.013 Organe übertragen, wobei Deutschland mehr Organe aus dem Eurotransplant-Verbund erhielt als es abgab.
Während 2.902 Patienten durch Spenderorgane geholfen werden konnte, stehen noch 8.260 Menschen auf den Wartelisten. DSO-Vorstand Axel Rahmel bezeichnet die Situation als „unerträglich“ und fordert die Einführung der Widerspruchslösung, bei der jeder als Spender gilt, der einer Organentnahme nach seinem Tod nicht widerspricht. Bedauerlich sei, dass das politische Bemühen um diesen Weg durch die Bundestagsneuwahl zum Erliegen gekommen sei. Bisher war nur bei 15,3 Prozent der möglichen Spender ein schriftlicher Wille dokumentiert.
Hilft Grüntee gegen Demenz?
Eine japanische Studie hat untersucht, ob regelmäßiger Grüntee-Konsum Läsionen der weißen Substanz, die mit kognitiven Einschränkungen und Demenz assoziiert sind, verringern könnte. Teilnehmer ohne Demenz hätten gezeigt, dass ein täglicher Konsum von mindestens 600 ml Grüntee mit einer bis zu sechs Prozent geringeren Läsionslast korreliert habe. Neuroprotektive Eigenschaften wie antioxidative und blutdrucksenkende Effekte könnten eine Rolle spielen. Eine Kausalität sei jedoch unklar, da die Studie querschnittsbasiert sei und nur japanische Teilnehmer umfasst habe. Weitere Forschung sei nötig.