Zu kalt zum Arbeiten
Gute Arbeit braucht ein gutes Umfeld, meint die Apothekenspitzel:in. Warum manche Chefs bei der aktuellen Kältewelle die Heizung nicht aufdrehen (lassen), ist ihr ein Rätsel.
Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Das mag stimmen, wenn man draußen ist. Aber im Inneren, darf es gerne etwas wärmer und angenehmer sein – vor allem auf der Arbeit. Manche Apothekeninhaber:innen stört es anscheinend gar nicht, dass die Mitarbeiterinnen regelrecht frieren und in der Kälte arbeiten müssen. Ja, Heizen kostet, aber wird da nicht am falschen Ende gespart?
„Wir sind hier auf der Arbeit und nicht im Urlaub“
Letztens habe ich einer Apotheke ausgeholfen. Ein kleiner, feiner Betrieb, wo am Tag nur drei Mitarbeiterinnen tätig sind, darunter die Chefin. Schon beim Kennenlerngespräch war mir kalt gewesen, als ich dann meinen ersten Tag dort hatte, hat sich mein Empfinden bestätigt.
Laut Thermostat waren es an jenem Vormittag 18,3°C. Ich sprach die Chefin darauf an und durfte mir (völlig unerwartet) erst einmal paar Sprüche anhören, darunter folgende:
- „Wir sind hier auf der Arbeit und nicht im Urlaub“
- „Wenn man sich bewegt und aktiv ist, wird einem nicht kalt“ (Vielen Dank für den großartigen Tipp!)
Nach einem kurzen Hin und Her wurde die Heizung schließlich aufgedreht. Nun ja, wir hatten dann irgendwann 19,4°C in der Apotheke. Immerhin wurde es dann „etwas“ wärmer, aber so ganz begeistert war ich nicht.
Warum die „Wohlfühltemperatur“ wichtig ist
Die Wohlfühltemperatur ist die Temperatur, bei der sich der Mensch am wohlsten fühlt und am produktivsten arbeiten kann. Diese Temperatur variiert von Person zu Person, liegt aber im Allgemeinen zwischen 20 und 25 Grad Celsius. Kälte steigert nicht die Produktivität (wie vielleicht diese Chefin denkt) – ganz im Gegenteil. Unser Körper ist dann dermaßen damit beschäftigt, ihn so warm wie möglich zu halten, dass wir im Grunde wertvolle Ressourcen verlieren. Zudem löst Kälte Stressreaktionen im Körper aus, obwohl wir davon ja meist genug haben, vor allem in der Apotheke.
Warum wir bei der Wohlfühltemperatur am produktivsten sind? Nun, dafür gibt es einige Gründe. Zum einen muss der Körper weniger Energie aufwenden, um sich zu kühlen oder zu wärmen. Das bedeutet, dass mehr Energie für geistige und körperliche Aufgaben zur Verfügung steht. Zum anderen arbeitet das Gehirn bei optimalen Temperaturen effizienter. Studien zeigen, dass das Gehirn bei etwa 25 Grad Celsius am besten funktioniert, da der Körper keine zusätzliche Energie für die Temperaturregulierung benötigt. Klar, so hoch muss die Temperatur nicht auf der Arbeit sein, aber auch die meisten Arzneimittel fühlen sich ohnehin bei Raumtemperatur wohl.
Nicht zu unterschätzen finde ich die Tatsache, dass ein angenehmes Raumklima zum allgemeinen Wohlbefinden beiträgt. Wenn man sich wohlfühlt, ist man motivierter und kann sich besser auf Aufgaben konzentrieren. In Zeiten von eng getakteten Beratungsgesprächen und großem Stress in der Apotheke sollte man sich doch wenigstens wohlfühlen dürfen! Oder liege ich falsch?
Wie kalt darf es sein am Arbeitsplatz sein?
Grundsätzlich müssen Arbeitgeber sicherstellen, dass am Arbeitsplatz eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“ herrscht. Dies bedeutet, dass die Wärmebilanz des menschlichen Körpers (Wärmezufuhr, Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe) ausgeglichen ist, wie es in den technischen Regeln für Arbeitsstätten, „A3.5“, festgelegt ist. Eine Raumtemperatur unter 17°C ist demnach nicht akzeptabel. Diese Mindesttemperatur gilt für Tätigkeiten mittlerer Arbeitsschwere im Gehen oder Stehen, bei sitzenden Tätigkeiten sind es 19°C. Bei leichter Arbeitsschwere im Gehen oder Stehen müssen es mindestens 19°C sein, bei sitzenden Tätigkeiten 20°C. Nur mal so am Rande. 😉
Die Chefin hat nochmal betont, dass sie die Heizung nur für mich aufgedreht hat, ich Glückspilz (Ironie off…)! Mit anderen (Ex-)Angestellten hatte sie wohl auch regelmäßig solche Diskussionen. Bei manchen Apothekeninhaber:innen wundert mich inzwischen nichts mehr, da kann man nur noch mit dem Kopf schütteln. Kein Wunder, dass zwei Mitarbeiterinnen abgewandert sind. Natürlich könnte es dafür auch oder weitere Gründe gegeben haben, aber mein Traum-Arbeitsplatz wäre diese Apotheke jetzt nicht. Gut, dass ich nur kurzfristig hier bin. In meiner „Hauptapotheke“ dürfen wir sogar eigenständig, in kurzer Absprache im Team, die Heizung selbst einstellen – welch ein Luxus.
AMIRA fragt: Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie viel Grad sind es im Winter in eurer Apotheke? Dürft ihr die Heizung selbst aufdrehen?