Wochenrückblick: Lauterbach raus, Warken drin

Jetzt ist es offiziell: Lauterbach ist aus dem Amt, die Neue ist drin. Die RSV-Welle scheint überstanden, die Unzufriedenheit mit unserem Gesundheitssystem hat weiter zugenommen und eine anstehende BGH-Entscheidung könnte den Apothekenmarkt durcheinanderwirbeln. Dies und mehr im Wochenrückblick.

Offiziell: Lauterbach übergibt sein Amt an Warken 

Nach der Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler ist Nina Warken wie erwartet neue Bundesgesundheitsministerin. Die CDU-Bundestagsabgeordnete übernahm am Mittwoch das Amt von Prof. Dr. Karl Lauterbach, der ihr bei der Amtsübergabe Glück und Erfolg wünschte. Warken kündigte an, die Fachkompetenz des Ministeriums für anstehende Reformen zu nutzen und auf einen offenen Dialog mit allen Beteiligten zu setzen. Im Mittelpunkt sollen dabei die Patientinnen und Patienten sowie die Beschäftigten im Gesundheitswesen stehen. Die Juristin, die kommende Woche ihren 46. Geburtstag feiert, ist verheiratet, hat drei Kinder und war zuletzt Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion sowie CDU-Generalsekretärin in Baden-Württemberg. Mit ihrer Wahl erhoffen sich alle Beteiligten im Gesundheitssektor unter anderem einen besseren Kommunikationsstil als unter ihrem Vorgänger.

AMIRA fragt: Wie kommt die neue Ministerin bei euch an? Oder seid ihr erstmal einfach froh, dass die Zeit von Lauterbach vorbei ist?

Belgien: Übernehmen Apotheken mehr Aufgaben? 

In Belgien fordern Apotheken mehr Verantwortung im Gesundheitswesen. Neben Grippeimpfungen sollen sie künftig auch einfache Tests und Screenings durchführen dürfen – etwa zu Diabetes, Bluthochdruck, Streptokokkeninfektionen oder Hautkrebs. Auch psychische Auffälligkeiten sollen erkannt und weitervermittelt werden. Der Föderale Apothekerrat argumentiert laut Medienberichten mit besserer Zugänglichkeit und Prävention. Ärzte hingegen warnten vor einer Aushöhlung ihres Berufsbildes, Datenschutzproblemen und einem möglichen Vertrauensverlust. Der Hohe Gesundheitsrat prüfe die Vorschläge und werde bis Ende Juni eine Empfehlung abgeben. Ziel sei eine effizientere Aufgabenverteilung im Gesundheitssystem. Auch in Deutschland gibt es seit einigen Jahren Diskussionen, ob Apotheken mehr Aufgaben übernehmen könnten.

Auszeichnung für früheren Bundesapothekerkammer-Präsidenten

Thomas Benkert wurde am Dienstag als erster Ehrenpräsident der Bundesapothekerkammer (BAK) ausgezeichnet. Die Ehrung würdigt sein langjähriges Engagement als BAK-Präsident (2020–2024) und Vizepräsident (2013–2020). Unter seiner Führung entstanden zentrale berufspolitische Grundlagen wie das „Berufsbild“ und der „Kompetenzorientierte Lernzielkatalog Pharmazie“, die maßgeblich zur Diskussion um die Novellierung der Approbationsordnung beitrugen. BAK-Präsident Dr. Armin Hoffmann lobte Benkerts Fähigkeit, unterschiedliche Standpunkte zu vereinen. Weitere Schwerpunkte Benkerts waren Fort- und Weiterbildung sowie die pharmacon-Kongresse. Der 68-Jährige leitet derzeit eine Apotheke in Fürstenfeldbruck und ist Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer.

Studie: Legaler Zugang zu Cannabis senkt problematischen Konsum 

Die Studie „Weed Care“ der Universität Basel zeigt, dass legaler Zugang zu Cannabis problematischen Konsum senken könnte – besonders bei Personen, die zusätzlich andere Drogen nutzen. In der randomisierten Untersuchung mit rund 370 Teilnehmenden habe die Gruppe mit legalem Bezug aus Apotheken über eine leichte Reduktion ihres problematischen Konsums berichtet. Psychische Beschwerden wie Angst oder Depressionen seien nicht häufiger aufgetreten. Nach zwei Jahren habe sich zudem eine verbesserte psychische Verfassung bei den Teilnehmenden gezeigt. Die Studienleitung wies auf den entlastenden Effekt eines regulierten Zugangs und begleitetem Beratungsangebot hin.


RSV-Welle beendet - Rhinoviren übernehmen

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat das Ende der RSV-Welle verkündet, die 13 Wochen andauerte und in der Woche vom 7. April endete. Bereits zuvor wurde die Grippewelle für beendet erklärt, die 16 Wochen anhielt und Ende März ausklang. In der laufenden Grippesaison wurden dem RKI bislang 1.822 Todesfälle im Zusammenhang mit Influenzainfektionen gemeldet, wobei die meisten Betroffenen 60 Jahre oder älter waren.

Obwohl die „Wellen“ – Zeiträume besonders hoher Virusaktivität – vorüber sind, bleiben Einzelinfektionen möglich. In der vergangenen Woche wurden etwa 1.430 RSV-Fälle und 930 Influenza-Fälle registriert. Das RKI weist jedoch auf mögliche Schwankungen aufgrund der Osterferien hin. Die Gesamtzahl akuter Atemwegserkrankungen ist inzwischen deutlich gesunken: Aktuell leiden rund 3,1 Millionen Menschen in Deutschland an Atemwegsinfektionen (3.700 pro 100.000 Einwohner), verglichen mit 8 Millionen Ende Januar. Auch schwere Krankheitsverläufe nehmen seit mehreren Wochen kontinuierlich ab. Das aktuelle Infektionsgeschehen wird zunehmend von typischen Erkältungserregern wie Rhinoviren dominiert, die nun für Husten, Schnupfen und Halsweh verantwortlich sind.

Unzufriedenheit mit Gesundheitssystem deutlich gestiegen

Drastischer Anstieg der Unzufriedenheit mit der medizinischen Versorgung: In einer aktuellen Forsa-Umfrage für die Techniker Krankenkasse (TK) äußerte sich über ein Drittel der Befragten in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland kritisch zum Gesundheitssystem – das das ist nahezu eine Verdreifachung gegenüber 2021 (damals 12 Prozent). Besonders problematisch: Zwei Drittel beklagen lange Wartezeiten bei Fachärzten, 45 Prozent sind mit dem fachärztlichen Angebot insgesamt unzufrieden. Als Lösungsweg schlägt die TK eine digitale Ersteinschätzung vor, die Patienten je nach Beschwerdebild zur Selbstversorgung, Haus- oder Facharztpraxis oder Notfallversorgung leiten könnte.

Die Bereitschaft für digitale Angebote ist hoch: 82 Prozent würden Anamnesebögen vorab digital ausfüllen, 78 Prozent nutzen bereits Online-Terminbuchungen oder planen dies. Die repräsentative Telefonbefragung wurde im Januar/Februar 2025 unter 2.052 Personen ab 18 Jahren durchgeführt.

AMIRA fragt: Vorab digital ausgefüllte Anamnesebögen. Was haltet ihr davon? Würdet ihr sowas auch ausfüllen, wenn die Praxis darum bittet?

Kaiserschnittrate in Deutschland erreicht Höchststand - regionale Unterschiede erheblich

Die Zahl der Kaiserschnittgeburten in Deutschland hat einen historischen Höchststand erreicht: Knapp ein Drittel aller Kinder (32,6 Prozent) kam 2023 per Operation zur Welt, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Rund 218.000 Frauen entbanden auf diese Weise - damit hat sich die Kaiserschnittrate seit 1993 nahezu verdoppelt, als nur 16,9 Prozent der Geburten operativ erfolgten. Auffällig sind die deutlichen regionalen Unterschiede: Das Saarland verzeichnet mit 36,4 Prozent die höchste Rate, während Sachsen mit 25,6 Prozent den niedrigsten Wert aufweist. Parallel schrumpft die geburtshilfliche Infrastruktur: Nur noch 31,4 Prozent der deutschen Krankenhäuser bieten überhaupt Geburtshilfe an - vor 30 Jahren war es fast die Hälfte aller Kliniken. Bei insgesamt rückläufigen Geburtenzahlen (680.000 Kinder, 46.000 weniger als im Vorjahr) liegt Deutschland im internationalen Vergleich im oberen Mittelfeld - weit entfernt vom Spitzenreiter Türkei mit 60 Kaiserschnitten pro 100 Geburten.

BGH-Grundsatzentscheidung könnte deutschen Apothekenmarkt verändern

Karlsruhe steht vor einer wegweisenden Entscheidung zur Zukunft des Apothekenmarkts: Der Bundesgerichtshof (BGH) muss klären, ob ausländische Versandapotheken deutschen Kunden Boni auf verschreibungspflichtige Medikamente gewähren dürfen – eine Praxis, die deutschen Apotheken untersagt ist. Im Zentrum des Rechtsstreits zwischen dem Bayerischen Apothekerverband und einer niederländischen Versandapotheke steht die Frage, ob die deutsche Arzneimittelpreisbindung mit EU-Recht vereinbar ist. Die beklagte Online-Apotheke lockt Kunden mit Prämien von bis zu neun Euro pro eingelöstem Rezept. Während frühere Instanzen darin einen Wettbewerbsverstoß sahen, zeigt sich der BGH skeptischer. Die Richter fordern „harte Fakten“ dafür, dass die Preisbindung tatsächlich zur Sicherung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung beiträgt – und nicht etwa den freien Warenverkehr innerhalb der EU unverhältnismäßig einschränkt.

Der Ausgang des Verfahrens (Az. I ZR 74/24) könnte grundlegende Auswirkungen auf den deutschen Apothekenmarkt haben. Ein Termin für die Urteilsverkündung steht noch nicht fest.

AMIRA meint: Könnte spannend werden! Was ist, wenn die Preisbindung tatsächlich fällt? Habt ihr eine Vorstellung? Her damit!

Rekordverschreibungen bei Herzmedikamenten in Rheinland-Pfalz

Der Konsum von Herzmedikamenten in Rheinland-Pfalz erreicht neue Höhen: Erwerbstätige TK-Versicherte erhielten 2024 durchschnittlich 125 Tagesdosen - eine Steigerung um mehr als 145 Prozent seit dem Jahr 2000 (damals: 51 Tagesdosen). Damit liegt das Bundesland deutlich über dem deutschen Durchschnitt von 108 Tagesdosen. Besonders auffällig: Die geschlechtsspezifische Verteilung zeigt ein massives Ungleichgewicht. Männlichen Versicherten wurden mit durchschnittlich 161 Tagesdosen fast doppelt so viele Blutdrucksenker, Cholesterinmittel und ähnliche Präparate verschrieben wie Frauen (82 Tagesdosen). Die Techniker Krankenkasse führt diese Entwicklung hauptsächlich auf den demografischen Wandel zurück. Die zunehmend ältere Erwerbsbevölkerung bringe eine höhere Krankheitslast mit sich. Seit Beginn der Erhebungen stieg der Verbrauch bei Männern um 160 Prozent, bei Frauen um 115 Prozent.