KI in der Apotheke: Werkzeug oder Wahn?

In letzter Zeit ist viel vom Siegeszug der KI die Rede. Wird sie sich auch die Apotheke unterwerfen? Unsere Spitzelin widerspricht.

Künstliche Intelligenz hat sich in den weißen Kittel gezwängt und lockt uns mit ihrem Zugriff auf jede Studie, jede Wechselwirkung, jedes Datenblatt. Sie schläft nie, leidet nicht unter Koffeinabhängigkeit und kennt keine Montagmorgenmüdigkeit. Ist doch so, oder? Ja, schon. Aber trotzdem irgendwie falsch, beziehungsweise nicht ausreichend. Denn ebensogut könnte man die KI als aufgeblasenen Nerd betrachten, der auch noch einen fatalen Makel hat: Denn eigentlich versteht sie nichts. Sie plappert nach, was sie in ihren Datenbanken findet – fast immer korrekt und oft genug mit einer Bestimmtheit, die an Arroganz grenzt. Aber was, wenn sie „halluziniert“? Das gibt´s nämlich auch, sie „erfindet“ dann einfach Dinge und Zusammenhänge. Vielleicht serviert sie dir eine Dosierungsempfehlung, die einen Kunden ins Krankenhaus befördern könnte. Das ist das Perfide: KI liefert ihre Fehler mit dem gleichen Brustton der Überzeugung wie ihre Treffer. Vertraust du ihr blind, spielst du russisches Roulette mit der Gesundheit deiner Kunden.

Was KI kann – und was nicht

Aber gut, es nützt nichts, den „Maschinenstürmer“ zu spielen. Als solche bezeichnete man im 19. Jahrhundert arbeitslos gewordene Weber, die wegen der ersten mechanischen Webstühle ihren Job verloren und die deshalb dazu übergingen, die neuen Konkurrenten zu zerstören. Genützt hat´s wenig…

Ganz im Gegenteil meine ich, KI hat durchaus ihre Berechtigung und findet sogar Rollen, in denen sie glänzen kann. Zum Beispiel als:

  • Recherche-Turbo: Du suchst einen speziellen Fallbericht oder brauchst weitergehende Informationen zu Wechselwirkungen? Wird erledigt!
  • Sprachakrobat: Fremdsprachige Kunden? In Kürze – wenn nicht schon heute – wird KI fehlerfrei übersetzen, und zwar simultan. Doch, das kommt bestimmt!
  • Bürokratie-Dompteur: Sie optimiert den Lagerbestand, plant Sonderaktionen, betreut Defektlisten, kalkuliert Preise, steuert das Sortiment – erledigt also lästigen Routinekram. Fehlerfrei. Ohne Murren.
  • Textpolierer: Du suchst pfiffige und griffige Slogans für die Sonderangebote der Woche? Oder du möchtest einen Newsletter an eure Kundschaft schicken? KI formuliert Vorschläge ohne Ende.
  • Gern mehr davon? Kannst du haben: Viele weitere Einsatzmöglichkeiten und -gebiete hat die ABDA hier zusammengetragen.

 

Aber jetzt kommt’s: Keine KI der Welt ersetzt deinen Blick als Apothekenmitarbeiter:in, wenn du siehst, dass der hustende Kunde mit fahrigen Fingern Hals und Kehlkopf betastet. Kein Algorithmus spürt, dass hinter der wiederholten Bitte nach einem starken Schlafmittel ein stummer Hilferuf lauert. Empathie? Intuition? Das menschliche Gespür für die Nuancen eines Gesprächs? Fehlanzeige. KI mag Datenbanken auswendig lernen, aber sie hat keine Ahnung, wie es sich anfühlt, krank, verzweifelt oder verängstigt zu sein.

Warum du unersetzlich bist

Du bist das Herz der Apotheke. Du hörst zu, wenn ein Kunde stockend von seinen Ängsten erzählt. Du merkst, wenn jemand mehr braucht als ein Medikament – vielleicht ein offenes Ohr oder einen Rat, der über die Packungsbeilage hinausgeht. Du baust Vertrauen auf, das kein Chatbot je replizieren kann. Deine Expertise filtert die Fehler aus den halluzinierten Antworten der KI. Deine Verantwortung trägt die Last, wenn etwas schiefgeht – nicht ein Server in der Cloud.

Das Machtspiel gewinnen

Die Zukunft? Nutzen wir KI als das, was sie ist: ein echtes Multitool, aber noch lange kein Ersatz für unseren Verstand und für unsere Person. An letztere nämlich sind Ressourcen wie Freundlichkeit, Vertrauen und Verständnis gekoppelt, alles Eigenschaften, auf die Menschen nicht verzichten möchten, wenn es um ihre Gesundheit geht. Lassen wir „die Maschinen“ doch einfach die „Drecksarbeit“ machen, damit du dich auf das Wesentliche konzentrieren kannst: den Menschen vor dir. Seine Sorgen. Seine Geschichte. Deinen Trost. Während KI Fakten spuckt, webst du die Beziehungen, die eine Apotheke zur unerlässlichen Einrichtung machen.

Nimm KI deshalb nicht als Bedrohung, sondern als Unterstützung. Sie ist dein Assistent, nicht dein Boss, jedenfalls noch nicht. Tu, was du für richtig hältst und nur du kannst: Verantwortung übernehmen. Denn am Ende des Tages bist du es, auf den oder die es ankommt – nicht der Algorithmus, gleichgültig, ob er allwissend ist oder nur den Anschein erweckt.

Letztlich kann KI auch nur zählen.

Aber wer wirklich zählt, das bist du!

AMIRA fragt: Und, wie ist es bei euch? Ist die KI bereits im Einsatz in eurer Offizin? Welche Jobs vertraust du ihr an? Gibt es etwas, wobei sie fürchterlich versagt? Und wie siehst du die Zukunft der KI in der Apotheke?