Beruf mit Herz, Zukunft mit Fragezeichen

Zwei Kolleginnen, eine Kaffeeküche und viele Gedanken: Über das Verschwinden von Apotheken, die Unsicherheit im Beruf und die Frage, wie man sich eine stabile Zukunft in einem sich wandelnden Gesundheitswesen aufbaut.

Die Kaffeemaschine blubbert gemütlich vor sich hin. In der Ecke der kleinen Kaffeeküche der Sonnen-Apotheke riecht es nach frisch aufgebrühtem Filterkaffee und einem Hauch von Vanille – vom Kuchen, der schon bessere Tage gesehen hat. Mittagspause. Erika lehnt entspannt am Fensterbrett, ihre Tasse dampft. Lia sitzt ihr gegenüber, ein Joghurt in der Hand, die Stirn leicht gerunzelt. 

Wenn Apotheken verschwinden – und Fragen bleiben 

„Erika … hast du gehört, dass die Linden-Apotheke schließen musste?“ fragt Lia, während sie auf ihre Löffelspitze starrt. Erika hebt den Blick: „Ja. Das war meine erste Stelle direkt nach der PTA-Schule. Ich hab da gearbeitet, als alles noch mit Durchschlägen und Stempeln lief. Es war eine gute Zeit. Aber jetzt? Weg. Und die Leute im Viertel? Die müssen jetzt mit dem Bus in die Stadt. Vor allem die älteren. Die kannten jeden in der Offizin, da war Vertrauen. Sowas muss wachsen und die Apotheke wird vielen fehlen. 

Lia nickt langsam. „Das ist das Schlimme. Wir verlieren nicht nur Standorte, wir verlieren Begegnungsorte.“ Und tatsächlich: Die Zahlen bestätigen das Gefühl. Allein im ersten Halbjahr 2024 haben 283 Apotheken bundesweit geschlossen. Der Stand ist auf ein Rekordtief von nur noch etwa 17.300 gefallen – so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht. Vor allem in ländlichen Gebieten bleiben Versorgungslücken zurück, die ältere Menschen besonders hart treffen. 

Zukunftsangst trifft Realität 

„Und was ist mit uns hier?“ fragt Lia leise. „Ich meine, wie sicher ist unser Job eigentlich? Wenn es weniger Apotheken gibt, gibt es auch weniger Stellen.“ Erika zuckt mit den Schultern: „Ich bin bald raus. Noch ein paar Jährchen, dann geh ich in Rente. Aber du solltest anfangen, dich umzuschauen. Nicht nur aus der momentanen Angst heraus, sondern aus kluger Vorsicht. Wer weiß, wie lange der Apothekenmarkt noch so existiert bei der Politik heutzutage. 

Lia seufzt. „Ich habe sogar gelesen, dass wir PTA inzwischen nicht mal mehr als Engpassberuf gelten. Die Bundesagentur für Arbeit sagt: kein Mangel mehr. Der Indikator liegt jetzt unter dem kritischen Wert. Ich finde das irgendwie beunruhigend.“ „Dabei sind wir in der Apotheke doch ständig knapp besetzt“, murmelt Erika. 

„Vielleicht, weil viele Stellen gar nicht offiziell gemeldet werden. Oder weil mit den Schließungen einfach weniger Bedarf entsteht.“ Lia legt den Löffel zur Seite. „Ich liebe diesen Beruf. Ich mag die Nähe zu den Menschen, das Wissen, das man sich immer aneignen muss, die Mischung aus Handwerk, Pharmazie und Kommunikation. Aber ich weiß auch: Ich muss mehr tun, wenn ich langfristig bestehen will.“ 

Zwischen Weiterbildung und Wandel 

Erika nickt. „Dann fang am besten jetzt gleich an. Es gibt so viele Fortbildungen: zur Ernährungsexpertin, zur Fach-PTA für Dermopharmazie, zur Medikationsmanagerin. Oder sogar berufsbegleitende Aufstiegsfortbildungen – zur Industriemeisterin oder Pharmazieökonomin. Aber ihr jungen Leute habt ja auch noch die Möglichkeit bei TikTik oder wie das heißt so Social-Media-Kram zu machen. Ich bin dafür schon zu alt. 

„Ich hab mich schon hier und da mal umgeschaut“, sagt Lia und lächelt leicht. Das heißt übrigens TikTok und da ist man nie zu alt dafür. Wenn du willst, können wir ja mal was zusammen aus der Apotheke posten. Aber du hast Recht, was die Weiterbildungen angeht. Vielleicht starte ich einfach mit einem Online-Modul zur Selbstmedikation. Wer weiß, vielleicht sponsort der Chef ja auch mal was Größeres – er hat ja auch was davon, wenn ich gut berate, nicht wahr? 

Erika prostet ihr zu. „Der beste Anfang ist immer der, den man auch macht.“ Draußen klappert die Tür, Kollegin Maria ruft zur nächsten Kundenwelle. Die Pause ist vorbei, aber die Gedanken arbeiten weiter. Zwischen Kaffeeduft und Alltag zeigt sich einmal mehr: Unser Beruf ist stark. Aber er braucht Menschen, die bereit sind, sich mit ihm zu bewegen. Man muss sich eine Zukunft bauen, die einem Sicherheit gibt. Auch wenn sich um einen herum vieles verändert. 

AMIRA fragt: Wie fühlst du dich in deinem Beruf – zuversichtlich, unsicher oder irgendwo dazwischen? Was müsste sich ändern, damit du dich wieder richtig sicher fühlst?