Intimhygiene: Was ergibt Sinn? Was macht Ärger?
Intimhygiene ohne Tabus: Was braucht der Intimbereich wirklich – und wann wird Pflege zum Problem? Alles über sinnvolle Produkte, Gerüche, Wechseljahre – kompakt, klar und praxisnah erklärt.
Intimhygiene – ein Thema, das viele Kundinnen beschäftigt, aber in der Beratung häufig unterschätzt wird. Gerade weil Fragen dazu oft mit Scham verbunden sind, suchen viele Menschen bewusst die Apotheke als vertrauensvolle Anlaufstelle auf. Umso wichtiger, dass du kompetent und empathisch aufklären kannst – und auch klar benennst, welche Produkte wirklich sinnvoll sind und welche eher Probleme machen. Besonders bei Beschwerden wie Gerüchen oder Trockenheit in den Wechseljahren ist eine gute Beratung Gold wert.
Weniger ist mehr – auch im Intimbereich
Die Vagina ist kein schmutziger Bereich, der ständig „gereinigt“ werden muss – ganz im Gegenteil. Sie verfügt über ein ausgeklügeltes, selbstreinigendes System, das durch zu viel Pflege oder ungeeignete Produkte schnell aus dem Gleichgewicht geraten kann. Für die tägliche Intimhygiene reicht bei gesunden Frauen in der Regel klares, lauwarmes Wasser. Wer dennoch ein Reinigungsprodukt verwenden möchte, sollte auf milde Intimwaschlotionen mit angepasstem pH-Wert (meist zwischen 3,8 und 4,5) zurückgreifen. Ideal sind Produkte mit Milchsäure, die das leicht saure Milieu unterstützen – ganz ohne Duftstoffe oder aggressive Tenside.
Was hilft – und was stört?
In der Beratung lohnt sich der Blick auf die Inhaltsstoffe. Reizungen entstehen oft durch:
- Parfümierte Duschgele oder Seifen,
- Intimsprays und -deos mit Alkohol oder Parabenen,
- aggressive Scheidenspülungen,
- übertriebende Hygiene (mehrmals tägliches Waschen mit Seife o.Ä.).
All diese Anwendungen stören die natürliche Vaginalflora und können das Risiko für Infektionen erhöhen. Kläre deine Kundinnen darüber auf, dass der Wunsch nach „Frische“ im Intimbereich nicht durch künstliche Duftstoffe erfüllt wird – sondern durch ein stabiles Scheidenmilieu.
Gerüche – ein Tabuthema mit Beratungsbedarf
Viele Frauen empfinden leichte Gerüche im Intimbereich als unangenehm, obwohl diese ganz normal sind. Ein natürlicher, leicht säuerlicher Geruch ist Ausdruck einer gesunden Flora. Erst wenn der Geruch sich verändert – etwa fischig, metallisch oder süßlich – und gleichzeitig Symptome wie vermehrter Ausfluss, Juckreiz oder Brennen auftreten, liegt der Verdacht auf eine bakterielle Vaginose, Pilzinfektion oder andere Dysbiosen nahe, die behandlungsbedürftig sind. Statt zu Intimdeos zu greifen, sollten Betroffene auf milde Produkte ohne Duftstoffe setzen – und bei starken oder wiederkehrenden Beschwerden ärztlichen Rat suchen. In der Apotheke können Produkte mit Milchsäure oder vaginal angewendete Probiotika helfen, das Gleichgewicht der Flora zu stabilisieren. Gerade nach Antibiotikatherapien oder hormonellen Umstellungen kann dies sinnvoll sein.
Besondere Lebensphasen: Die Wechseljahre
Mit dem Absinken des Östrogenspiegels verändern sich auch die Schleimhäute im Intimbereich. Die vaginale Haut wird dünner, trockener und verliert an Elastizität. Gleichzeitig nimmt die Dichte der schützenden Milchsäurebakterien ab – was den pH-Wert steigen lässt, und die Infektanfälligkeit erhöht. Viele Frauen klagen in dieser Phase über Trockenheit, Brennen oder Juckreiz, teils auch über vermehrte Geruchsbildung.
Hier ist ein achtsamer Umgang mit dem Thema entscheidend. Empfehle gezielt Pflegeprodukte, die auf die reifere Intimhaut abgestimmt sind:
- Feuchtigkeitsspendende Cremes oder Gele, z.B. mit Hyaluronsäure, Dexpanthenol oder pflanzlichen Lipiden,
- Waschlotionen mit Milchsäure, die den pH-Wert regulieren,
- bei ausgeprägter vaginaler Atrophie ggf. auch hormonfreie Vaginalgele oder -zäpfchen, die lokal unterstützen können.
Zudem kannst du auf spezielle Probiotika-Präparate hinweisen, die oral oder vaginal angewendet werden, um die Laktobazillen-Besiedlung zu fördern. Wichtig ist: Die betroffenen Frauen sollten sich nicht dafür schämen müssen – und wissen, dass Trockenheit oder Gerüche in dieser Lebensphase normal, aber behandelbar sind.
Praktische Tipps für den Alltag
Neben der Produktauswahl spielen auch alltägliche Hygienemaßnahmen eine Rolle:
- Wechsel von Unterwäsche täglich, idealerweise aus Baumwolle,
- Waschlappen nach jeder Benutzung austauschen oder bei 60 Grad waschen,
- kein Rubbeln nach dem Waschen - besser vorsichtig trocken tupfen,
- Vermeidung von synthetischer, enger Kleidung, die zu Hitzestau und Reibung führt,
- nach dem Toilettengang immer von vorne nach hinten wischen, um Keimverschleppung zu vermeiden.
Diese einfachen Hinweise helfen vielen Kundinnen bereits, Beschwerden zu lindern oder vorzubeugen.
Intimpflege beim Mann: Ein oft übersehenes Thema
Auch Männer haben einen sensiblen Intimbereich – auch wenn das selten thematisiert wird. Die Haut im Genitalbereich ist dünn, gut durchblutet und anfällig für Reizungen, besonders bei starkem Schwitzen, sportlicher Belastung oder nach der Rasur. Dennoch verwenden viele Männer herkömmliche Duschgele, die oft zu aggressiv für diese empfindliche Region sind.
Hier lohnt sich der Hinweis auf milde Intimwaschlotionen für Männer, die pH-neutral und frei von Duftstoffen, Alkohol oder reizenden Tensiden sind. Sie reinigen sanft, ohne die natürliche Hautbarriere zu stören. Produkte mit Aloe vera, Panthenol oder Kamillenextrakt wirken zusätzlich beruhigend.
Besonders geeignet sind solche Pflegeprodukte für:
- Männer mit empfindlicher Haut oder häufiger Reizung im Genitalbereich,
- Sportler, die vierl schwitzen,
- Männer mit Vorhautproblemen oder Neigung zu Balanitis,
- Männer nach der Intimrasur.
In der Apotheke bietet sich oft im Gespräch über Hautpflege oder Sportprodukte die Gelegenheit, auf eine sanfte Intimpflege für Männer hinzuweisen.
Mit Wissen, Feingefühl und klarer Haltung beraten
Intimhygiene ist mehr als „Frischeduft von außen“. In der Apotheke bist du gefragt, Fehlinformationen zu korrigieren, sinnvolle Produkte gezielt zu empfehlen und dein Wissen empathisch weiterzugeben. Vor allem aber: Du hilfst dabei, Scham durch Selbstvertrauen zu ersetzen – und trägst aktiv dazu bei, dass sich deine Kundinnen in ihrem Körper wohler fühlen.