Wochenrückblick: Neue Studien, Medikamente und Ausbildungschancen
Diese Woche haben wir sechs wichtige Themen für dich: von überraschenden Studienergebnissen über neue Augentropfen bis hin zu aktuellen Entwicklungen in der PTA-Ausbildung. Los geht’s – bleib informiert!
Abnehmpille von Eli Lilly sorgt für Schlagzeilen
Der neue Wirkstoff Orforglipron, ein oraler GLP-1-Rezeptoragonist, konnte in einer großen Phase‑3-Studie (ATTAIN‑1) eine signifikante Gewichtsreduktion bei Erwachsenen mit Adipositas oder Übergewicht erzielen – ganz ohne Injektion. Teilnehmer*innen, die die höchste Dosis erhielten, verloren im Schnitt 12,4 % ihres Körpergewichts nach 72 Wochen. Beeindruckend: Fast 60 % der Teilnehmenden nahmen über 10 % ab. Zudem verbesserte sich die kardiometabolische Risikoprofil deutlich (z. B. Blutdruck, Nicht-HDL, Triglyzeride). Für euch in der Apotheke spannend: Orforglipron wird als Tablette einmal täglich eingenommen, unabhängig von Mahlzeiten. Damit könnte es eine attraktive Alternative zu den bisherigen GLP-1-Injektionen wie Semaglutid darstellen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren – typisch für GLP‑1 – Übelkeit, Durchfall und Verstopfung. Die Marktzulassung soll laut Hersteller noch 2025 beantragt werden.
Neue Augentropfen zur Verlangsamung der Myopie bei Kindern
Die Myopie (Kurzsichtigkeit) nimmt bei Kindern weltweit zu – auch in Deutschland. Jetzt ist erstmals ein atropinhaltiges Fertigarzneimittel mit EU-Zulassung erhältlich: Ryjunea® 0,01 % Augentropfen von Santen. Die Tropfen sollen helfen, die Myopieprogression bei Kindern im Alter von 3 bis 14 Jahren zu verlangsamen. Die Wirkung wurde in einer groß angelegten, randomisierten Phase‑III-Studie belegt, bei der das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit im Vergleich zu Placebo deutlich reduziert werden konnte. Die niedrige Konzentration minimiert zudem Nebenwirkungen wie Lichtempfindlichkeit oder Akkommodationsprobleme.
(Bildquelle: istock/Wavebreakmedia)
FDA lässt Fremanezumab (Ajovy®) zur Migräneprophylaxe bei Kindern zu
Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat den CGRP-Antikörper Fremanezumab (Ajovy®) für Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 17 Jahren mit episodischer Migräne zugelassen. Voraussetzung: Die jungen Patientinnen müssen mindestens 45 kg wiegen. Grundlage der Zulassung ist die Phase‑III-Studie SPACE, in der Fremanezumab die Zahl der Migränetage signifikant senkte – bei guter Verträglichkeit. Damit steht nun erstmals ein spezifischer CGRP-Antikörper auch für die pädiatrische Migräneprävention zur Verfügung. Für die Apothekenpraxis ist das relevant, da chronische Kopfschmerzen im Kindesalter oft schwierig zu behandeln sind – Eltern sind bei neuen Therapiemöglichkeiten sehr interessiert. Fremanezumab wird als Injektion verabreicht wird (monatlich oder vierteljährlich) und die Anwendung kann auch zu Hause erfolgen. Ob und wann das Präparat auch in der EU für Kinder zugelassen wird, bleibt noch offen – aber die Entwicklung ist ein wichtiger Schritt hin zur besseren Versorgung junger Migränepatientinnen.
Freie Apothekerschaft fordert: Niederlande von Länderliste streichen
Die Freie Apothekerschaft (FA) erhöht den Druck: Sie fordert die Streichung der Niederlande von der sogenannten Länderliste für EU-Versandapotheken. Diese Liste regelt seit 2005, aus welchen Ländern Arzneimittelversender nach Deutschland liefern dürfen – vorausgesetzt, sie unterliegen vergleichbaren Sicherheitsstandards wie deutsche Apotheken. In den Niederlanden gelten solche Standards laut FA nicht in gleichem Maß, insbesondere bei sogenannten Grenzapotheken, die nur nach Deutschland liefern, aber kaum überprüft würden. Bereits im Mai 2024 reichte die FA Klage beim Verwaltungsgericht Köln gegen das Bundesgesundheitsministerium ein. Das parallel laufende Eilverfahren blieb bislang ohne Erfolg – das Gericht sah keine ausreichende Eilbedürftigkeit. In der kommenden Woche wird nun eine Entscheidung des OVG Münster erwartet. Sollte diese erneut negativ ausfallen, plant die FA den Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Ziel ist es, politischen und rechtlichen Druck auf das BMG auszuüben, um endlich die Liste zu aktualisieren – mit möglichen Folgen für den Rx-Versandhandel aus dem Nachbarland.
Ersatzkassen verschärfen Kontrolle bei Rezeptfälschungen
Die Ersatzkassen machen ernst: Wer gefälschte Rezepte nicht sorgfältig prüft, muss mit Retaxationen oder sogar Strafanzeigen rechnen. Neu ist, dass schon bei Verdachtsfällen mit „offensichtlichem Fälschungscharakter“ eine Rücksprache mit dem Arzt verpflichtend ist – sonst kann die Kasse das Geld zurückfordern. Auch die Verwendung von veralteten Muster-16-Rezepten oder Rezepten ohne Stempel, Unterschrift oder mit seltsamen Dosierungen kann problematisch sein. Für pharmazeutisches Personal bedeutet das: Noch genauer hinschauen, bevor die Rezeptur angenommen oder beliefert wird. Bei Unklarheiten lieber eine/n KollegIn hinzuziehen oder die Verordnung prüfen lassen. Fehler bei der Rezeptannahme können im schlimmsten Fall zu massiven finanziellen Einbußen für die Apotheke führen – und das Vertrauen der Kund*innen belasten.
(Bildquelle: istock/FrankyDeMeyer)
PTA-Ausbildung: Neue Chancen und neue Hürden
In Niedersachsen wurde ein neues Patenschaftsmodell für PTA-Schüler*innen eingeführt. Die Idee: Auszubildende dürfen bereits während ihrer schulischen Ausbildung vier Stunden pro Woche in Apotheken mitarbeiten – mit Minijob-Vertrag und Anleitung durch erfahrene Kolleg*innen. Das Projekt läuft über den LAV Niedersachsen und soll helfen, den Übergang in die Praxis zu erleichtern. Gleichzeitig startet in Osnabrück ein Anerkennungskurs für ausländische PTA-Abschlüsse, bei dem zugewanderte Fachkräfte eine Chance auf Anerkennung erhalten. Der Kurs ist über die Arbeitsagentur finanzierbar, hat aber hohe Anforderungen: Visum, Sprachkenntnisse und Wohnsitzfragen. Für die PTA-Berufswelt bedeutet das: Mehr Vielfalt, aber auch mehr Bedarf an gezielter Unterstützung – in Apotheken und Schulen. Wenn ihr Praktikantinnen oder neue Kolleginnen betreut, lohnt sich der Blick auf diese Entwicklungen – sie zeigen, wie wichtig strukturelle Begleitung und Offenheit für neue Wege in der PTA-Ausbildung sind.