Wie wär’s mit Deo?

Körpergeruch ist ein Tabuthema, besonders im Arbeitsumfeld. Doch in der Apotheke, wo Nähe und Vertrauen zählen, braucht es Takt, Offenheit und Lösungen. Die Apothekenspitzel:in erzählt, wie man das Thema sensibel angeht.

Dicke Luft in der Apotheke 

Samstagmittag in der Apotheke. Es ist ruhig, nur zwei Kundinnen stöbern im Kosmetikregal. Ich sortiere gerade die neuen Waren in die Sichtwahl, als meine Kollegin Jana sich zu mir lehnt und leise sagt: „Du … hast du’s auch schon bemerkt? Unser neuer Bote. Der riecht … also … nicht ganz frisch.“ 

Ich nicke. Ja, mir war es auch aufgefallen. Ein Schweißgeruch, der einem sogar dann in die Nase steigt, wenn man gerade neben dem Regal mit den Seifen steht. Und ich weiß auch, dass unsere Boten die Visitenkarten der Apotheke sind, sie bringen Medikamente bis ins Wohnzimmer der Kundschaft. Ein unangenehmer Körpergeruch wird sofort registriert – und leider fast immer mit Unsauberkeit gleichgesetzt. Das kann Vertrauen kosten. 

„Aber wie spricht man das an?“, frage ich Jana. „Man will ja niemanden kränken.“ 

Tee, Takt und ein Vier-Augen-Gespräch 

Da erzählt sie mir von einer Situation aus ihrer Zeit als Filialleitung. Eine Kollegin war damals in den Wechseljahren. Sie schwitzte stärker als früher und nahm selbst kaum wahr, dass sich manchmal ein Geruch entwickelte. 

 

(Bildquelle: istock/yacobchuk)

Beschwerden der Kollegen kamen dann auch über Umwege bei Jana an. „Es war mir wahnsinnig unangenehm“, erzählt sie, „aber ich wusste: Schweigen hilft nicht – weder der betroffenen Kollegin noch den Kolleg:innen, die darunter leiden.“ 

Also bat sie die Mitarbeiterin zu einem Vier-Augen-Gespräch. Sie wählte einen ruhigen Moment nach Feierabend, stellte Wasser und Tee auf den Tisch und begann das Gespräch wertschätzend: „Du bist eine wichtige Stütze für uns alle, und deine Arbeit ist hervorragend. Mir ist nur aufgefallen, dass du in letzter Zeit stärker schwitzt – das ist in den Wechseljahren ganz normal. Aber manchmal entsteht ein Körpergeruch, den du selbst vielleicht gar nicht wahrnimmst.“ 

Die Kollegin war zunächst unangenehm berührt, dann aber auch erleichtert. „Danke, dass du es ansprichst. Ich hätte das alleine gar nicht gemerkt.“ Gemeinsam überlegten sie, was helfen könnte: beispielsweise ein Ersatzshirt in der Tasche, eine Rezeptur für ein Antitranspirant, das sie sich dann selbst hergestellt hat, ein Präparat mit Salbei-Extrakt, das die Schweißbildung hemmt. Die Möglichkeiten sich selbst zu helfen, sind in der Apotheke ja groß. 

„Am Ende war es gut, dass wir offen gesprochen haben“, sagt Jana. „Wir haben eine Lösung gefunden, und die Zusammenarbeit lief danach entspannter.“ 

Fingerspitzengefühl ist gefragt 

Ich atme tief durch. Genau so könnte es der Chef ja auch mit unserem neuen Boten versuchen: im ruhigen Rahmen, wertschätzend, ohne Vorwürfe. Wichtig ist, dass die Botschaft ankommt: Wir möchten, dass du dich wohlfühlst, und dass die Kund:innen genauso gerne mit dir Kontakt haben wie wir. 

Körpergeruch ist für die meisten ein absolutes Tabuthema, doch in unserem Beruf müssen wir es manchmal ansprechen – genauso behutsam wie jede andere Gesundheitsfrage. Denn es geht nicht um Schuld oder mangelnde Sauberkeit, sondern darum, dass wir uns gegenseitig unterstützen, damit sich alle wohlfühlen und wir auch von außen gut wahrgenommen werden. In der Apotheke haben wir nicht nur die Mittel dafür zur Hand, wir haben auch die Worte dazu. 

AMIRA fragt: Hast du ähnliche Erfahrungen in der Apotheke gemacht? Schreibe deine Meinung in die Kommentare!