Apotheken in der Laienpresse – ich bin es leid

Halbwissen, Stammtischparolen und Panikmache: Social Media macht Apotheken-Themen zur Kommentarhölle. Warum das unsere Apothekenspitzel:in fast wahnsinnig macht und warum sie trotzdem nicht nachlässt, liest du hier.

Ich gebe es zu: Ich hatte fast keine Lust mehr, auf Social Media irgendetwas rund um Apotheken zu lesen. Nicht, weil die Themen langweilig wären – ganz im Gegenteil, ich freue mich „eigentlich“, wenn apothekenrelevante Themen die breite Bevölkerung erreichen. Aber die Kommentare! Diese endlosen, besserwisserischen, halbgaren Meinungen, die häufig alles über einen Kamm scheren. Ich scrolle und denke: Warum tue ich mir das an?

„Deutschland und Digitalisierung – zwei Welten prallen aufeinander“

Das war einer der harmloseren Kommentare unter einem Beitrag zum E-Rezept. Ab Anfang des Jahres soll es nämlich (wieder) Einschränkungen geben. Andere meinten: „Da haben die Ärzte und Apotheken wohl zu lange geschlafen.“ Ach ja? Wir, die jeden Tag versuchen, die Versorgung am Laufen zu halten, sollen geschlafen haben? Ich sitze in der Apotheke, telefoniere mit Großhändlern, kämpfe mit Lieferengpässen – und lese dann sowas. 
Vor allem ging es um die Geräte und das „Digitale im Hintergrund“. Also das hat ja wirklich nichts mit uns zu tun, sondern mit dem Gerätehersteller. „Kommt die Lieferung wieder nicht, weil China die Ausfuhr verweigert?🤭“, schrieb eine andere Person – immerhin sachlich und humorvoll.

Und dann diese Panikmache: „Ab Januar soll man vorsorglich Papierrezepte ordern.“ Ernsthaft? Als hätten wir nicht schon genug Chaos. Ich dachte, die Ärztinnen und Ärzte sollen primär digital verordnen und das Papier nur noch selten benutzen. Was stimmt denn nun?!

„Zu viele“ Apotheken? Aha!

Ein anderes Highlight: „Und trotzdem haben wir immer noch zu viele Apotheken.“ Ich frage mich: In welcher Parallelwelt leben manche Menschen? „Ich kenne Orte, da sind innerhalb von 300 Metern 5 Apotheken“, antwortet jemand. In Bayern gibt es Orte mit 13.500 Einwohnern und nur noch einer Apotheke. Wenn die schließt, war’s das mit der Versorgung. Wo bekommen schwer kranke Menschen dann ihre Betäubungsmittel her? Der holländische Versender beliefert solche Medikamente nämlich nicht. Aber klar, Hauptsache, man haut einen flotten Kommentar raus.

Foto: iStock / Urupong

Auch wenn der erste Teil des folgenden Satzes faktisch nicht korrekt ist, stimme ich dem zweiten Satz zu: „Ich frage mich eher, wie sich so viele Apotheken bei so wenig Menschen halten können, immerhin kommen nur etwa 5000 Menschen auf eine Apotheke. Im Gesundheitssystem steckt glaube ich noch viel Optimierungspotenzial“. Ja – das Gesundheitssystem läuft den Bach runter und wir sind mittendrin. Ich habe tatsächlich Angst vor einem Kollaps. 

„Die Linken und Grünen wollen historische Apotheken nicht mehr haben . Das ist denen zu altdeutsch!“, heißt es in einem weiteren Kommentar. Also zumindest langweilig wird es einem beim Lesen der Kommentare nicht. 😉

Warum mich das nervt – und warum ich trotzdem nicht aufgebe

Ich bin genervt, ja. Weil diese Kommentare teilweise nicht nur falsch sind, sondern auch Stimmung machen. Sie verzerren die Realität und lassen die Arbeit von Apothekenteams aussehen, als wären wir überflüssig. Dabei sind wir oft die letzte Anlaufstelle, wenn nichts mehr geht.
Aber: Aufgeben? Nein. Denn genau hier liegt unsere Chance. Social Media ist nicht nur ein Ort für Meinungen – es kann auch ein Ort für Wissen sein.

Was wir tun können 

  • Fakten statt Frust: Wir müssen selbst aktiv werden. Kurze, klare Posts mit echten Zahlen: Wie viele Apotheken schließen? Was bedeutet das für die Versorgung?
  • Storytelling: Zeig den Alltag! Lieferschwierigkeiten, Beratung, Notdienste – das macht sichtbar, was wir leisten.
  • Dialog statt Monolog: Nicht nur posten, sondern auch kommentieren. Freundlich, aber bestimmt. „Danke für deinen Kommentar – hier sind die Fakten.

 

Mein Fazit

Ja, Social Media kann nerven. Aber es kann auch aufklären. Wenn wir wollen, dass die Leute verstehen, warum Apotheken wichtig sind, müssen wir raus aus der Filterblase und rein in die Diskussion. Mit Wissen, Geduld und manchmal auch einem tiefen Atemzug, bevor wir antworten.