Wochenrückblick: 50 Prozent unzufrieden mit Apothekenberuf, Cochrane-Institut entschuldigt sich, Lauterbach macht 180-Grad-Wende bei Impfschäden

Viel Gezerre, Geziehe und Gezause in diesen Tagen. Jede/r sagt was gegen jeden, wenn es um die Anerkennung der Apothekenleistungen geht oder um die Verlängerung der Medikamenten-Austausch-Verordnung aufgrund der Pandemie-Regeln. Fast in Vergessenheit gerät dabei eine Adexa-Umfrage. Nein, tut sich nicht!

Overwiening zaust Lauterbach, BW-AOK-Chef zaust Overwiening

Auf ihrer Pressekonferenz am vergangenen Dienstag ging ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ins Gericht. Sie rügte, dass der Minister es versäumt habe, eine Nachfolgeregelung für die am 8. April auslaufende Arzneimittelversorgungsverordnung zu schaffen, die im Zuge der SARS-CoV2-Pandemie eingeführt worden war und auf deren Grundlage Apotheken zurzeit die Mangellage managen. Dass der Minister die Notlage nicht anerkenne und den Einsatz der Apotheken nicht würdige zeige sich schon daran, dass er nicht an der Pressekonferenz teilnehme, so Overwiening. Mit Wegfall der Regelung Anfang April drohe das Chaos in der Patientenversorgung, sagte die ABDA-Präsidentin. Inzwischen zeichnet sich ab, dass die Parlamentarierer eine Lösung für das Problem in einer Novellierung des UPD-Gesetzes suchen. Das UPD-Gesetz ist ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, der die Neustrukturierung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) vorsieht. Ein Änderungsantrag zum UPD-Gesetz  soll eine Übergangsregelung bis Ende Juli schaffen, damit Apotheken Medikamente bei Nichtverfügbarkeit des verschriebenen Präparats weiterhin austauschen können. Overwiening kündigte zudem an, dass ihr Verband nun deutlich lauter und sichtbarer auf die Missstände aufmerksam machen und den Bürger:innen die Augen öffnen wolle.

Johannes Bauernfeldt, der Vorsitzende der AOK Baden-Württemberg, sagte zu den Plänen der ABDA, dass er sie für ungerechtfertigt und verunsichernd halte. Bauernfeldt kritisierte, dass die ABDA damit Panik bei den Patienten schüre und keine Lösungen für die Lieferengpassproblematik anbiete. Er räumte jedoch ein, dass einige Aspekte der Ausnahmeregelung verlängert werden könnten, wenn sie auf die Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln bezogen seien. Zudem forderte er mehr Transparenz und Kontrolle bei den Rabattverträgen und eine stärkere Einbindung der Apotheker in die Versorgungskonzepte. Allerdings solle die ABDA auf ihre Wortwahl achten, um keine unnötige Verwirrung in der Öffentlichkeit auszulösen. Er sprach sich außerdem gegen die Fortführung der Ausnahmeregelung aus, da diese seiner Meinung nach lediglich eine Scheinlösung darstelle.

ABDA zaust BfArM-Engpassliste

Eine zentrale Rolle beim Austausch nicht verfügbarer Medikamente gegen Alternativen durch Apotheker spielt die sogenannte BfArM-Engpassliste. Nur Präparate, die auf dieser Liste stehen gelten offiziell als Mangelware und dürfen laut Referentenentwurf zum „Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz“ (ALBVVG) gegen Alternativen ausgewechselt werden. Die Liste aber, so ABDA-Geschäftsführer Arzneimittel Professor Martin Schulz auf der ABDA Pressekonferenz vergangenen Dienstag, sei ganz und gar nicht praktikabel und werde darum keine Wirkung entfalten. Als Gründe nannte er zum einen, dass darauf nur Rx-Medikamente versammelt seien, weil allein diese als versorgungsrelevant betrachtet würden. Kinder-Fiebersäfte, die im zurückliegenden Winter besonders knapp waren, würden auf der Liste also gar nicht auftauchen, da nicht verschreibungspflichtig. Zum anderen würden Hersteller aufgefordert, einen absehbaren Engpass zu melden, der sich aber noch gar nicht in die Apotheken fortgesetzt habe, weil dort noch Ware verfügbar sei. „Die Liste, so wie der Referentenentwurf sie vorsieht, gibt es nicht, kann es nicht geben und wenn es sie gibt, hat sie mit der Versorgungsrealität nichts zu tun“, erklärte Schulz.

KBV zaust ABDA

Der auf der ABDA-Pressekonferenz vom Dienstag wiederholt geäußerten Forderung nach Fortführung der Austauschregelung für verordnete aber nicht vorhandene Medikamente erteilte wiederum die Kassenärztliche Bundesvereinigung eine Absage. „Der erweiterte Austausch von Arzneimitteln stellt eine Corona‐Sonderregelung dar und läuft folgerichtig zum 7. April aus – wie das dann auch bei den letzten noch verbliebenen pandemiebedingten Regelungen der Fall sein wird. Die Ausnahme muss eine Ausnahme bleiben und darf nicht zum Regelfall werden“, sagte Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), in einer Stellungnahme vom vergangenen Mittwoch. Als Grund nannte er, dass es bei einem Medikamententausch schnell zu Einnahmefehlern kommen oder die Compliance der Patienten nachlassen könne. Außerdem sei die Austauschregelung nur erlassen worden, um während der Pandemie unnötige Kontakte zu vermeiden und damit das Infektionsrisiko zu verringern. Mit der Regelung sollte sichergestellt werden, dass Patienten während der Pandemie nicht zwischen Arztpraxis und Apotheke hätten hin und her laufen müssen, um sich neue Rezepte zu besorgen. „Diese Situation haben wir heute nicht mehr, weshalb auch diese Sonderregelung nun beendet werden kann“, sagte Hofmeister.

Cochrane zaust eigene Studie

Ende Januar erschien eine Übersichtsarbeit des Forschungsverbundes Cochrane (wir berichteten), der in Deutschland für ein kontroverses Echo sorgte. Während die einen in den Ergebnissen den Beleg zu finden glaubten, dass Masken bei der Verhinderung einer Covid-19-Infektion weitgehend nutzlos seien, sagten die anderen, dass das Institut seine eigenen Ergebnisse völlig falsch interpretiert habe: Masken würden sehr wohl nutzen. Nun hat sich die Chefredakteurin der Cochrane Library, Karla Soares-Weiser, noch einmal zur Studie geäußert. Dabei bedauerte sie, dass die Übersichtsarbeit durch unklare Formulierungen Raum für solche Fehlinterpretationen gelassen habe und entschuldigte sich im Namen Cochranes. Die Studienzusammenfassung solle nun nochmals überarbeitet werden. Eigentliches Ergebnis der Studie sei, dass man anhand der untersuchten Arbeiten nicht sicher sei, inwiefern die Masken vor Ausbreitung Coronas und anderer Viren schützen würden, da dazu Untersuchungen fehlten. Die Übersichtsstudie liefere lediglich eine Analyse zu Maßnahmen mit dem Ziel, wie es gelingen könne, dass mehr Menschen eine Maske tragen würden. Denn die Datenlage bestätige: Die Zahl der Neuinfektionen sinke bei regelmäßigem und richtigem Tragen von Masken, deshalb schützten Masken auch vor Ansteckung.

Zur Einordnung: Dass eine renommierte Forschungseinrichtung sich entschuldigt und die Ergebnisse einer eigenen Forschungsarbeit kassiert, kommt selten vor. Entweder wurde schlampig gearbeitet, was die Frage nach der Kontrollpraxis und einer persönlichen Verantwortung bzw. personellen Konsequenzen aufwirft. Oder es gibt andere Gründe für die Veröffentlichung eines solchen Statements. AMIRA fragt: Aber welche denn nur?

Lauterbach zaust Impfstoffhersteller

Gesundheitsminister Karl Lauterbach war ursprünglich bekannt als starker Befürworter einer allgemeinen Corona-Impfpflicht. Begründung: Der Nutzen sei unbestritten, Nebenwirkungen gebe es praktisch keine, wie er noch im Februar 2022 äußerte. Nun vollzog er im ZDF-Heute-Journal von Sonntag, dem 12. März, eine Wendung um 360 Grad – äääähh, pardon: 180 Grad! Denn Lauterbach sieht es nun als seine Pflicht an, schnellstmöglich ein Programm zu schaffen, um Menschen mit Impfschäden zu helfen. In der Sendung äußerte er Mitgefühl und Bedauern für Impfgeschädigte und gab zu, dass darunter auch Menschen mit permanenten Impfschäden seien. Er kündigte an, dass sein Ministerium ein Programm zur Untersuchung der Folgen und zur Verbesserung der Versorgung plane. Außerdem forderte er, dass die Pharmafirmen sich an den Kosten beteiligen sollten. Auf Nachfrage sagte Lauterbach: „Es wäre wertvoll, wenn die Firmen eine Beteiligung zeigen würden, denn die Gewinne sind exorbitant gewesen. (...) Es wäre mehr als eine gute Geste, sondern das könnte man erwarten.“

AMIRA meint: Wir dürfen alle gespannt sein, wie Lauterbach die Beteiligung der Impfstoffhersteller auf die Beine stellt. Schafft er das? Ist das überhaupt sinnvoll und gerecht? Was sagt ihr?

PTA zausen eigenen Beruf

Die Ergebnisse der kürzlich von der Apotheken-Gewerkschaft Adexa veranstalteten Online-Umfrageliegen vor. Gefragt wurde, warum man den Beruf gewählt hatte, ob man ihn weiterempfehlen wolle und wie man den Fachkräftemangel beseitigen und Nachwuchs begeistern könne. Wichtigstes Ergebnis: Knapp die Hälfte der Befragten, davon die Mehrzahl PTA, gab an, dass sie ihren Beruf nicht empfehlen würden. Grund: Mäßiges bis geringes Gehalt, wenig Anerkennung. Als Gründe, warum sie sich für Apothekenberufe entschieden haben, gaben die meisten die naturwissenschaftliche Ausbildung und den Kontakt zu Menschen an. Um Berufe in der Apotheke, vor allem den der PTA oder PKA für Schulabgänger:innen künftig attraktiver zu machen, solle man unter anderem die Tarifgehälter erhöhen und mehr Infos an Schule und in sozialen Medien bieten, fasst Adexa die Ergebnisse zusammen.

AMIRA fragt: Wie seht ihr das? Reicht es, die Gehälter zu erhöhen? Muss mehr Werbung in Schulen gemacht werden?

Keine Zauserei: Nur eine Anwendungaltersänderung bei Otriven gegen Schnupfen 0,1% Nasentropfen

Hersteller GlaxoSmithKline Consumer Healthcare GmbH & Co. KG OTC Medicines meldet eine Änderung des Anwendungsalters für seine Xylometazolin-haltigen Otriven-Nasentropfen. Otriven 0,1% Nasentropfen sind nun für Erwachsene und Kinder ab 12 Jahren bestimmt. Zuvor hieß es, die Nasentropfen sind für Kinder und Schulkinder geeignet. Das Anwenderalter wurde also nach oben verschoben.