Wochenrückblick: Gespräche angekündigt – allerorten!

Gesprächsbedarf und -angebote, in dieser Woche gab´s beides: Lauterbach stimmt nach andauernder Kritik einem Gespräch mit der ABDA zu, EU-Staaten wollen mit Pfizer & Co. über zu viel bestellte Impfstoffdosen sprechen, und Ärzte und Apotheker sollen mit Patienten über den Ozempic-Lieferengpass reden. Ausführlicher berichtet AMIRA hier.

Freie Apotheker sprechen über Aktion „Der letzte Kittel“

Vor einigen Wochen berichteten wir über die Aktion „Der letzte Kittel“, mit dem unter
anderem die „Freie Apothekerschaft“ und die IG Med, ein Ärzteverband, gegen die aus ihrer
Sicht desaströse Gesundheitspolitik von Karl Lauterbach (aber auch seiner Vorgänger)
protestieren wollten. Apotheken und Angehörige anderer Gesundheitsberufe sollten dem
Minister ihren „letzten Kittel“ senden, als Sinnbild für die verzweifelte Lage, die durch seit
Jahren unzureichende Honorierung, Einnahmekürzung trotz erbrachter Leistungen (Retax!)
und überbordende Bürokratie verursacht sei. Auf ihrer Abschlusspressekonferenz am
vergangenen Mittwoch legte Daniela Hänel, Vorsitzende der Freien Apothekerschaft, noch
einmal den Finger in eine besonders schmerzende Wunde: „Die Büchse der Pandora wurde
geöffnet, als das Rx-Versandverbot fiel.“ Außerdem kritisierte sie nochmals deutlich, dass
über der Rezepteinlösung ständig das Damoklesschwert der Retaxierung hänge:
Ordnungsgemäß erbrachte Leistungen würden wegen banaler Formfehler nicht bezahlt. Die
Apothekenteams in Deutschland haben jedenfalls zahlreiche kreative Kittel produziert, wie
eine Zusammenstellung der Deutschen Apotheker Zeitung zeigt. Von „Karl, dem Apotheken-
Terminator“ mit Wumme in der Faust, über den Esel mit Apothekenzeichen, der Gold hinter
sich lässt, während er von Karl Lauterbach die Möhre vorgehalten bekommt, bis hin zum
Slogan „Apotheken-Karlschlag – Danke für nix!“, war einiges dabei, was dem Minister die
Meinung geigt.

Ozempic-Lieferengpass: Apotheker sollen mit Patienten sprechen

Ozempic wird zur unterstützenden Behandlung von Typ-2-Diabetis eingesetzt und ist
derzeitig stark nachgefragt. Wir berichteten darüber bereits in einem früheren
Wochenrückblick. Nun zeichnet sich ab, dass das Medikament wohl noch das ganze Jahr
über von Lieferengpässen betroffen sein wird. Der Hersteller von Ozempic (Novo Nordisk
Pharma) rät Ärzten daher, Patient:innen frühzeitig auf die Mangellage hinzuweisen und
Alternativen zu empfehlen. Außerdem sollte es nicht mehr als off-label-use gegen
Übergewicht verschrieben werden, es sei denn, dies sei Teil der Therapie gegen Diabetes.
Apotheker:innen sollen laut Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK)
verstärkt auf den Einsatz des Präparats achten, da viele Patient:innen dieses lediglich zur
Gewichtsregulierung nutzen und so der ausreichenden Versorgung mit dem Arzneimittel im
Wege stehen. Aber was, so fragt AMIRA, sollte in einem solchen Fall geschehen? Soll die
Herausgabe eines verordneten Medikaments verweigert werden?

Regierung will nochmal über Lieferengpass-Gesetz sprechen

Bei der Ampelkoalition hakt es nicht nur in den großen Fragen, die in Nachtsitzungen von
dem Kabinetts-Größen gelöst werden müssen, sondern auch eine Etage tiefer. Diesmal aber
wohl zum Glück für die Apotheken. Denn das ursprünglich für letzten Mittwoch zum
Beschluss vorgesehene Lieferengpass-Gesetz wurde nun doch nicht besiegelt, sondern soll
nochmals beraten werden, wie die Pharmazeutische Zeitung berichtet. Am Dienstag tauchte
plötzlich ein Kabinettsentwurf auf, der die während der Pandemie eingeführten
Austauschfreiheiten bei Nicht-Verfügbarkeit von Medikamenten erhalten soll. Zuvor war
geplant, dass nur Medikamente ausgetauscht werden dürften, wenn sie sich auf einer
Arzneimittel-Knappheitsliste befinden, die das BfArM pflegen sollte. Im neuen Entwurf sollen
die Apotheken eigenverantwortlich austauschen dürfen, allerdings erst, wenn sie vorher bei
zwei Großhändlern die Lieferbarkeit überprüft haben. Das überarbeitete Gesetz soll im
August in Kraft treten und damit – trotz der erforderlichen Abstimmungen innerhalb der
Koalition – nicht später als der bisherige Entwurf. AMIRA meint: Eine solche Regelung würde
das Engpass-Management sicher erleichtern, fraglich ist nur, wie der Großhändler-Check
dokumentiert und überprüft wird. Wieder durch eine fein ziselierte, hyperbürokratische
Lösung?

EU-Länder wollen mit Impfstoffherstellern über Rücknahme sprechen

Die Nachfrage nach den Corona-Impfstoffen geht drastisch zurück – und Europa sitzt auf
hunderten von Millionen Impfstoffdosen, die im Zuge der Pandemie bestellt wurden, nun
aber nicht mehr gebraucht werden, bzw. vor dem Verfall stehen. Ganz gegen die alte
Lateinerweisheit „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) überkommt viele
europäische Länder nun die Vertragsreue, oder anders gesagt: Sie wollen neu verhandeln
und weniger zahlen, angepasst an den individuellen Impfstoffbedarf jedes Landes. Als
einzigem Staat hatte die EU-Kommission Polen dieses Recht eingeräumt. Das Land müsse
große Hilfeleistungen für die ukrainischen Flüchtlinge schultern und soll dadurch entlastet
werden. Ähnliche Forderungen stellten Anfang März auch Bulgarien, Polen, Litauen und
Ungarn. Auch Österreich, berichtete die PZ, dränge auf eine Lösung. Spanien würde
übergangene Dosen bereits vernichten, während Deutschland versuche, bestellte Dosen zu
stornieren. Die Funke-Mediengruppe hatte für Deutschland von 160 Millionen Dosen
berichtet, die hierzulande für 2023 und 2024 geordert worden seien, aber wegen des
günstigen Pandemieverlaufs nicht mehr benötigt würden. AMIRA meint: Wir dürfen
gespannt sein, ob die Impfstoffhersteller sich darauf einlassen. Ach, übrigens: BioNTech
verkündete jüngst wieder ganz erstklassige Zahlen, was für Umsätze und Erträge angeht.

Lauterbach will mit ABDA sprechen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat der ABDA-Spitze ein Gesprächsangebot
unterbreitet. Aus dem Deutschen Apothekerhaus wurde jetzt zugesagt. Nach derzeitigem
Stand soll das Gespräch Mitte April in Berlin stattfinden. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina
Overwiening forderte zuletzt mehrfach die Gesprächsbereitschaft des Ministers gegenüber
der Apothekerschaft ein. Unter anderem in einem offenen Brief vom 17. Februar 2023 zum
Entwurf zum Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz
(ALBVVG) hatte sie einen Dialog gefordert, ebenso wie in einer Pressekonferenz am 14. März
2023.
AMIRA meint: Das wird spannend, vor allem, weil die ABDA ihre Forderungen zuletzt recht
drastisch formulierte. Wir sind gespannt, ob Lauterbach das Treffen als lästige Pflicht
auffasst oder substanzielle Angebote macht. Wir werden berichten.

ApoPitch spricht mit jungen Gründern

Gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen e.V. (BVDAK) hat
AMIRA-Gründer Mohammadi Akhabach eine neue Initiative ins Leben gerufen, um die Vor-
Ort Apotheken zu stärken und ihnen innovative Geschäftsideen zu vermitteln. Sie heißt
ApoPitch und ist ein Format, in dem junge Start-ups bzw. apothekenaffine Digitalfirmen ihre
Ideen für eine zukunftsfähige Vor-Ort-Apotheke vorstellen können. „Die zentrale Bedeutung
der Vor-Ort Apotheken in der Gesundheitsversorgung ist in der Corona-Pandemie mehr als
deutlich geworden. Der ApoPitch–BVDAK Edition ist also als Aufforderung an alle Beteiligten
zu verstehen, im Gesundheitsbereich zu gründen, um innovative Lösungen und kreative
Ideen zu präsentieren. So können wir Apotheken fit für die Zukunft machen“, so
Mohammadi Akhabach. „Das beinhaltet natürlich die Digitalisierung, aber auch, dass
Beratung und Kundenbindung so gestärkt werden können.“ Dem pflichtet der Vorsitzende
des BVDAK, Dr. Stefan Hartmann, bei: „Die Apotheke von heute braucht ein starkes
Fundament und gleichzeitig Innovationen und mutige Entscheidungen für die Apotheke von
morgen.“
Junge Unternehmen können ab sofort bis Ende April 2023 auf der Plaꢂorm
www.apopitch.de ihre Pitch-Videos hochladen, von denen eine Fachjury die besten zwei
Start-Ups auswählt. Die Gewinner werden dann zum BVDAK-Kooperationsgipfel 2023
eingeladen, wo sie ihre Ideen erneut pitchen – mit anschließender Podiumsdiskussion. Die
Gewinner erhalten ein Mediabudget und Mentoring durch Mohammadi Akhabach für den
ersten Platz sowie ein weiteres Mediabudget für den Zweitplatzierten.


AMIRA meint: Wir sind gespannt, welche interessanten Ideen präsentiert werden. Vielleicht
kennt ihr sogar junge Firmen, die eine interessante Lösung auf die Beine gestellt haben?
Dann weist sie auf diesen tollen Wettbewerb hin!