Wochenrückblick - Es geht um die Finanzen, worum sonst?

Das Bundeskabinett hat das ALBVVG auf den Weg ins Parlament gebracht, und natürlich geht es für alle Seiten ums Geld. Wir geben einen kurzen Überblick, wer was verlangt und werfen einen Blick auf die geplante Änderung der Approbationsordnung für Apotheker und den grassierenden Personalmangel.

ALBVVG – weiterhin Aufregung

Am 5. April hat das Bundeskabinett per Beschluss nun endlich das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) auf den Weg gebracht. AMIRA hatte mehrfach darüber berichtet. Große Veränderungen sieht der nun vom Parlament zu beratende Entwurf mit Blick auf die Apotheken nicht mehr vor. Es bleibt dabei: Der Austausch nicht lieferbarer Medikamente soll nach Abfrage zweier Großhändler möglich sein, die Vergütung dafür soll wie im Entwurf zuvor 50 Cent betragen, und zwar jeweils für Apotheken und Großhändler. Außerdem sollen Hersteller von Generika-Kinderarzneimitteln (Fiebersäften, Antibiotika) ihre Preise einmalig um bis zu 50 Prozent über die letzte Rabattgrenze erhöhen dürfen. Auch diese Gesetzesvorlage rief natürlich Kritik hervor. Reihum, so könnte man sagen, äußerten sich die Betroffenen, allesamt ablehnend, aber eben aus unterschiedlichen Richtungen. Etwa die ABDA, die dem Entwurf „weiterhin erhebliche inhaltliche Mängel“ attestierte. Vizepräsident Mathias Arnold präzisierte: „Wir brauchen keine zwei Verfügbarkeitsanfragen beim Großhandel, wenn doch ein Alternativpräparat im Warenlager der Apotheke vorrätig ist. Als Engpass-Ausgleich für den Personal- und Zeitaufwand brauchen wir keinen zweistelligen Cent-Betrag, sondern einen zweistelligen Euro-Betrag. Und wir brauchen Retaxationssicherheit.“ In Kurzform: Apotheken brauchen mehr Geld. Vor derart steigenden Kosten warnte indes der GKV-Spitzenverband, der die geplante Änderung der Rabattvorschriften geißelte. Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim Verband, sagte: „Die bewährten Instrumente Rabattverträge und Festbeträge schützen die Beitragszahlenden jedes Jahr vor zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe. Hinzu kommt das Preismoratorium, das ungebremste Preisanstiege verhindert. Wenn diese funktionierenden Mechanismen einfach ausgehebelt werden, belasten wir die Portemonnaies der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zusätzlich, ohne eine wirkliche Verbesserung der Versorgung.“ In Kurzform: Patienten können nicht mehr zahlen. Genau die gegenteilige Position nehmen, wen wundert´s, Pharmaindustrie und Hersteller ein. Die Diagnose der Gründe für Lieferengpässe sei zwar grundsätzlich richtig, die Therapie aber grundfalsch. Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Branchenverbands Pro Generika forderte deshalb, dass den Herstellern höhere Preise zugestanden werden müssten, um der Knappheit entgegenzuwirken. Kurzform auch hier: Mehr Geld. AMIRA findet: Es geht um die Finanzen. Kein Wunder, dass der Erregungspegel hoch ist.

 

Rabattverträge – weiterhin sparwirksam

Apropos alle gegen alle und zum Zankapfel „Rabattverträge“: Die Apotheken haben den gesetzlichen Krankenkassen allein im Jahr 2022 mehr als 5,5 Milliarden Euro durch die Umsetzung von Rabattverträgen eingespart, meldet die ABDA. Das gehe aus Zahlen des Deutschen Apothekerverbandes hervor. Damit liegen die Minderausgaben leicht über denen der Vorjahre (2021: 5,1 Mrd. Euro, 2020: 5,0 Mrd. Euro). Seit Jahren steigen die Einsparungen zu Gunsten der gesetzlichen Krankenkassen durch Apotheken an. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 lagen die Minderausgaben „nur“ bei 2,4 Milliarden Euro. Seit dem Jahr 2007 schließen Krankenkassen mit Arzneimittelherstellern Rabattverträge ab. Ihr wisst ja, wie das funktioniert: In einem Rabattvertrag gewährt ein Pharmahersteller einer Krankenkasse einen Rabatt auf den Herstellerabgabepreis für ein Medikament oder auch ein ganzes Sortiment. Im Gegenzug sichert die Krankenkasse zu, dass alle ihre Versicherten im Normalfall künftig nur dieses Präparat erhalten.

 

Apotheker Approbationsordnung – weiterhin Klärungsbedarf

Die Apothekengewerkschaft Adexa versteht sich als Vertretung der Angestellten in öffentlichen Apotheken, also auch der dort tätigen Jungapprobierten, die maximal drei Berufsjahre hinter sich haben. Diese Gruppe möchte sich an einer neuen Umfrage beteiligen, die auf der Adexa-Seite zu finden ist, bittet die Gewerkschaft. Darum geht's: In der geplanten Neufassung der Apotheker-Approbationsordnung findet sich die Forderung, das Pharmaziestudium wegen neu hinzugekommenen Stoffs um zwei Semester zu verlängern und abschließend eine verpflichtende wissenschaftliche Arbeit zu schreiben. In der kurzen Umfrage möchte die Interessenvertretung wissen, was die Teilnehmer von den Plänen halten und ob sie sich auch dann zu ihrem Studium entschlossen hätten, wenn diese Bedingungen schon damals gegolten hätten. AMIRA meint: Wichtige Fragen, aber warum kann jeder – auch eine fachfremde Person –  an der Umfrage teilnehmen? Was sollen solche Ergebnisse wert sein?

 

Personalmangel – weiterhin Riesenthema an Rhein und Ruhr

Apotheken an Rhein und Ruhr haben einen hohen Fachkräftebedarf - besonders die Berufe mit pharmazeutischem Schwerpunkt, Apotheker/in und Pharmazeutisch-technische/r Assistent/in (PTA), werden dringend gesucht. Aber Bewerbungen bleiben aus, deshalb sind ausgeschriebene Stellen bis zu fünf Monate unbesetzt – so die zentralen Ergebnisse einer im ersten Quartal 2023 durchgeführten Blitzumfrage zum Thema „Personalbedarf“ unter den Mitgliedsapotheken des Apothekerverbandes Nordrhein. Weiteres Ergebnis: Der Fachkräftemangel belastet die Apotheken stark; fast jede an der Blitzumfrage teilnehmende Apotheke (97 Prozent) gab an, dass sowohl Inhaber als auch Mitarbeiter von beruflicher Mehrbelastung betroffen sind. Bei jeder zweiten Apotheke (etwa 54 Prozent) führt der Mangel an Fachkräften zu einer hohen zusätzlichen Belastung bei der Durchführung der Notdienste. Zusätzlich hat fast jede zweite Apotheke (48 Prozent) große Schwierigkeiten, die für Apotheken geltenden Mindestöffnungszeiten an Wochentagen abzudecken. Bei jeder vierten Apotheke (25 Prozent) wirkt sich der Fachkräftemangel bereits so negativ aus, dass Eignerwechsel – etwa zum Ende des Berufslebens – problematisch sind und eine Apothekenschließung droht. Fast sechs Prozent gaben gar konkret an, die Apotheke in den nächsten zwölf Monaten aufgrund des Fachkräftemangels schließen zu müssen. An der Blitzumfrage unter den Mitgliedsapotheken des Apothekerverbandes Nordrhein hatten sich innerhalb von weniger als 48 Stunden rund 500 Apotheken, das sind etwa 25 Prozent der Mitgliedsapotheken des Apothekerverbandes Nordrhein, beteiligt. AMIRA glaubt: Es wird in anderen Kammerbezirken kaum anders sein.

 

Weiter mit Grippe: Impfstoffe für die nächste Saison bekanntgegeben

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat die Zusammensetzung der Grippeimpfstoffe bekanntgegeben, die Impfstoffhersteller ab Herbst 2023 in Impfstoffe zur Prävention der saisonalen Influenza einsetzen sollen.

Für die auf Eiern basierenden Impfstoffe oder für Impfstoffe, die attenuierte vierwertige Lebendviren enthalten, sollen für die Grippesaison 2023/24 folgende vier Virusstämme verwendet werden:

  • ein A/Victoria/4897/2022 (H1N1)pdm09-ähnliches Virus
  • ein A/Darwin/9/2021 (H3N2)-ähnliches Virus
  • ein B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria-Linie)-ähnliches Virus
  • ein B/Phuket/3073/2013 (B/Yamagata-Linie)-ähnliches Virus

Hersteller von zellbasierten vierwertigen Impfstoffen für die Saison 2023/2024 sollten die folgenden vier Virusstämme einsetzen:

  • ein A/Wisconsin/67/2022 (H1N1)pdm09-ähnliches Virus
  • ein A/Darwin/6/2021 (H3N2)-ähnliches Virus
  • ein B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria-Linie)-ähnliches Virus
  • ein B/Phuket/3073/2013 (B/Yamagata-Linie)-ähnliches Virus

Für trivalente Impfstoffe wird ein B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria-Linie)-ähnliches Virus empfohlen. Dieser Stamm ist im Falle der trivalenten Impfstoffe dem Virus der B/Yamagata-Linie zu bevorzugen.