Wochenrückblick: Kritik und Lieferengpassgesetz, Rüffel für AOK und die Cannabis-Legalisierung

Auch diese Woche haben wir einiges für dich im Angebot! Eine Erklärung für das ländliche Apothekensterben könnte der herrschende Ärtzemangel sein. Dazu gibt es vereinte Kritik am Lieferengpass-Gesetz sowie einen Rüffel für die Allgemeiner Ortskrankenkassen und eine Onlineumfrage der ABDA. Zusätzlich Infos zur Cannabis-Legalisierung und den Jugendschutz.

Führt Ärztemangel auf dem Land zu Apothekensterben in ländlichen Regionen? 

Dass die Zahl der Apotheken in Deutschland im Sinkflug begriffen ist, ist ja nichts Neues. Auch in Niedersachsen geht´s munter den Bach runter. Mit Verweis auf die dortige Apothekerkammer berichtete das Journal „Rundblick“ in dieser Woche darüber, dass im vergangenen Jahr 51 Apotheken geschlossen hätten. Ende 2022 habe es noch 1755 Offizinen in Niedersachsen gegeben, zehn Jahre zuvor waren es dagegen 2113, das sind 358 weniger. So weit ist der Trend ja bekannt: Interessant ist aber die Begründung, die die Apothekerkammer gegenüber Rundblick gab: Das Apothekensterben liege auch darin begründet, dass die Zahl der Haus- und Fachärzte auf dem Land stetig abnehme, sei es wegen unattraktiver Arbeitsbedingungen für die Landärzte, oder weil alteingesessene Mediziner keine Nachfolger fänden. Fakt ist: Den Ärztemangel auf dem Land gibt es. Und Niedersachsen ist in großen Teilen ländlich geprägt. Wenn die Behauptung richtig ist, die Abnahme der Haus- und Fachärzte auf dem Land sei Schuld am Apothekensterben, dann müsste die Zahl der Apotheken in der Stadt einigermaßen stabil sein. Denn da gibt´s genügend Ärzte. 

Was sagt ihr: Hat die Begründung der niedersächsischen Apothekerkammer Hand und Fuß? Neu und originell ist sie ja immerhin! 

Ärzte und Apotheker kritisieren vereint das Lieferengpass-Gesetz 

Die Spitzenvertreter der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) und der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) üben bei der Bewältigung der immer dramatischeren Lieferengpässe von Arzneimitteln den Schulterschluss: „Die Ärzte und Apotheker brauchen bei der Versorgung vor Ort mehr Flexibilität und weniger bürokratische Fesseln“, mahnt Dr. Hans-Albert Gehle, Präsident der ÄKWL gemeinsam mit Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der AKWL, an. 

Mit Blick auf das von der Bundesregierung geplante Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) müsse es in erster Linie darum gehen, Ärzten und Apothekern eine schnelle, sichere Patientenversorgung ohne bürokratische Hürden zu ermöglichen. Diese Bemühungen würden durch überzogene Wirtschaftlichkeitsprüfungen und die Verweigerung von Erstattungen für bereits abgegebene Arzneimittel (sogenannte Retaxationen) von vielen Krankenkassen jedoch immer wieder konterkariert. 

Trotz der sich wöchentlich verschärfenden Lieferengpässe sei es den Arztpraxen und Apotheken bisher in den allermeisten Fällen gelungen, die Arzneimitteltherapien für die Patienten sicherzustellen. „Es kann nicht sein, dass Ärzte und Apotheker die Versorgung der Patienten unter diesen immer schwierigeren Rahmenbedingungen möglich machen, sie dafür einen immensen Personalaufwand betreiben und zugleich Regresse und Retaxationen wie ein Damoklesschwert über ihnen schweben“, kritisieren Gehle und Overwiening: „Wenn wir auch in Zukunft eine gute und sichere Gesundheitsversorgung aufrechterhalten sollen, brauchen wir mehr Handlungsspielräume und weniger Krankenkassenwillkür.“ 

Regierung plant keine Zuckersteuer 

Obwohl Verbraucherschützer und Gesundheitsexperten seit langem fordern, den Zuckergehalt in Limonaden zu verringern, will die Bundesregierung stark zuckerhaltige Getränke (Limonaden etc.) nicht durch eine Steuer verteuern. Eine entsprechende Anfrage hatten Abgeordnete der AfD im Bundestag gestellt. Die Anfrage wollte auch eine Antwort darauf, wie hoch die erwarteten Steuereinnahmen wären. Antwort der Regierung: Weder seien zurzeit eine allgemeine Zuckersteuer noch andere Steuern auf zuckergesüßte Getränke geplant. Wieviel Geld solche eine Maßnahme einbrächte, sei daher auch gar nicht berechnet worden. AMIRA hatte darüber berichtet, dass die 2018 in Großbritannien eingeführte Steuer auf derartige Getränke positive Effekte auf Kinder und Jugendliche gezeigt hat. Auch in Irland und Polen sind entsprechende Gesetze in Kraft.  

Generell plant die Bundesregierung, und hier besonders das von Cem Özdemir geführte Landwirtschaftsministerium, Fett, Salze und Zucker in Fertiglebensmitteln zu reduzieren. Erfolgen soll das (noch) weitgehend über Selbstverpflichtungen. So soll die Getränkeindustrie zugestimmt haben, den Zuckergehalt in ihren Erfrischungsgetränken bis 2025 um 15 Prozent zu senken. Nach Berechnungen von Marktbeobachtern wurde in den vergangenen sechs Jahren aber nur eine Reduktion um zwei Prozent jährlich geschafft. Sollte das so bleiben, wird die Industrie ihre Selbstverpflichtung nicht einhalten und maximal sechs Prozent Reduzierung schaffen.  

Oder anders gesagt: So wird das nichts mit der Bekämpfung des Ozempic-Mangels…  

ABDA rüffelt AOKen 

Überrascht zeigte sich ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening vom Internet-Auftritt einiger Allgemeiner Ortskrankenkassen (AOK). Auf deren Seiten ist derzeit eine Empfehlung an die ihre Versicherten zu lesen, in der es um die Online-Bestellung von Arzneimitteln geht. Auf der Seite, die die rund 20 Millionen AOK-Versicherte über die Arzneimittelversorgung informieren soll, wird empfohlen, dass Verbraucher beim Online-Einkauf von Arzneimitteln möglicherweise Geld einsparen könnten. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening reagiert mit Verwunderung auf die Aussagen:Es überrascht mich, wie deutlich das AOK-System auf seinen Internetseiten die Versicherten an den Versandhandel verweist. Grundsätzlich sollten Krankenkassen ihren Versicherten keine Leistungserbringer empfehlen und sie zu bestimmten Anbietern lotsen. Hinzu kommt, dass gerade die AOKen wissen sollten, wie wichtig die Expertise der Apothekenteams für die Gesundheit der Bevölkerung ist. Schließlich arbeiten wir schon seit Jahren in Sachsen und Thüringen sehr erfolgreich mit der AOK Plus und den Ärzten im Rahmen der Arzneimittel-Initiative Sachsen-Thüringen (ARMIN) zusammen. Dabei konnten wir erst kürzlich zeigen, dass auch durch das Medikationsmanagement der Apotheken die Mortalität der beteiligten Patientinnen und Patienten gesenkt werden konnte. Man kann die kompetente Vor-Ort-Beratung in den Apotheken nicht durch eine anonyme Internet-Bestellung ersetzen. Auch bei nicht-verschreibungspflichtigen gibt es zahlreiche Neben- und Wechselwirkungen, zu denen die Apothekenteams qualitativ hochwertig beraten. Arzneimittel sind ein beratungsbedürftiges Produkt – ihre Verharmlosung durch die Angebote auf Online-Shopping-Kanälen kann die Gesundheit von Menschen gefährden.“ 

… und befragt das Apothekenpersonal 

Jetzt aber schnell: Nur noch zwei Tage, nämlich bis kommenden Montag, den 24. April, ist eine Umfrage der ABDA für Apothekenpersonal online, mittels der erfragt werden soll, wie die politischen Forderungen der ABDA aufgenommen und beurteilt werden. Die Befragung ist anonym und in vier Minuten erledigt, verspricht die Spitzenorganisation. Nach Feststellung der genauen Funktion bzw. Position in der Apotheke wird unter anderem erfragt, was man von den ABDA-Forderungen zu einer höheren Vergütung hält, ob 50-Cent als Ausgleich für die Mehrbelastung durchs Mangelmanagement ausreichend sind, oder ob dafür nicht besser die geforderten 21 Euro gezahlt werden sollten. Über die Ergebnisse werden wir berichten, auch über die Antwort auf die Frage, ob man jungen Menschen unter den jetzigen Umständen empfehlen würde, den Beruf des Apothekers zu ergreifen. Hier geht´s zur Umfrage.

Cannabis-Legalisierung: Regierung plant Präventionskampagne für Jugendliche 

Die Regierung will Besitz und Cannabis unter gewissen Umständen für Erwachsene legalisieren, das berichteten wir im letzten Wochenrückblick. Für die Vorschläge erntete die Regierung heftigen Gegenwind, vor allem Kinder- und Jugendärzte kritisierten, dass durch die Legalisierung auch Jugendliche leichter an die Droge herankämen und die Zahl jugendlicher Konsumenten steigen werde. Nun erklärte Lauterbach in einem Spiegel-Gespräch, wie er dieser Gefahr zu begegnen gedenkt, nämlich mit einer Präventionskampagne: „Wir sind uns als Ampel-Regierung absolut einig, dass eine dramatische Stärkung der Suchtprävention gerade im Bereich Kinder und Jugendliche notwendig ist. Wenn wir das machen, kommen wir ja mit einer riesigen Kampagne. Wir werden zum Beispiel erklären, dass Kinder und Jugendliche, die beginnen zu kiffen (...), eine viel geringere Wahrscheinlichkeit haben, das Abitur noch zu schaffen. Sie werden weniger häufig studieren, sie werden oft mit der Sucht nicht klarkommen. 

Wozu die Kampagne nötig sein soll, erschließt sich AMIRA nicht auf den ersten Blick, denn die Regierung hatte bei der Vorstellung ihres Gesetzentwurfs argumentiert, dass damit der Schwarzmarkt zurückgedrängt und der Kriminalität der Boden entzogen werden solle, was schließlich zu verbessertem Jugendschutz führen würde. Wozu dann eine Präventionskampagne? 

Vielleicht deshalb: Im selben Gespräch merkte der Suchtexperte Rainer Thomasius an, dass in den Bundesstaaten der USA, die Cannabis legalisiert hätten, die Zahl der regelmäßigen Konsumenten zugenommen habe. Er sagte: „Der Gesetzentwurf von Herrn Lauterbach wird auch dazu führen, dass wir in Zukunft in Deutschland mehr Konsumierende haben - auch Jugendliche.