Wochenrückblick: Sinkflug, Absturz, Höhenflug

Die Zahl der Apotheken und ihrer Betriebsergebnisse ist weiterhin im Sinkflug, die Lage auf dem Markt der Antibiotikasäfte gerät unterdessen in Absturznähe. Dafür dürfen sich echte Highflyer unter den Apotheken über den Deutschen Apotheken Award freuen, der ihnen verliehen wurde. Wir informieren euch.

Zahl der Apotheken fällt unter 18.000

Nur noch 17.930 – das ist die Zahl der Apotheken in Deutschland, wie aus dem Apothekenwirtschaftsbericht 2023 hervorgeht, den die ABDA diese Woche im Rahmen des DAV-Wirtschaftsforums veröffentlichte. Angesichts dieses Rückgangs und eines gesunkenen Betriebsergebnisses pro Apotheke fordert der Deutsche Apothekerverband (DAV) die Politik auf, die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch eine angemessene Vergütung der Apotheken in Deutschland auch in Zukunft sicherzustellen. „Denken Sie das Gesundheitssystem immer gesamtgesellschaftlich und sichern Sie den niederschwelligen Zugang zu medizinischen und pharmazeutischen Leistungen für alle Menschen in diesem Land“, appellierte der am Donnerstag zum neuen DAV-Vorsitzenden gewählte Dr. Hans-Peter Hubmann zu Beginn des zweitägigen Forums: „Sorgen Sie für eine Politik, in der nicht die Bürokratie, sondern die Versorgung der Menschen im Mittelpunkt steht!“. Hubmann kritisierte die Corona- und Energiekosten-bedingte Unterstützung von Konzernen und Krankenhäusern in Anbetracht fehlender Hilfe für selbständige und freiberufliche Leistungserbringer. Der Kostendruck wachse seit Jahren. Trotzdem werde der Kassenabschlag erhöht und damit die Apothekenhonorierung gesenkt. Die angespannte wirtschaftliche Situation in den Apotheken lasse nur einen Schluss zu: „Die Apotheken brauchen endlich eine angemessene Vergütung! Daher fordern wir eine Erhöhung des in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegten Honorars von derzeit 8,35 Euro auf 12 Euro.“ Dieses Fixum müsse „nach zehn Jahren Stillstand“ regelhaft und automatisiert an die Kostenentwicklung angepasst werden.

Dem Bericht zufolge machte das Apothekenhonorar mit 5,76 Mrd. Euro genau 2,0 Prozent aller Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus. Insgesamt seien in den Apotheken 1,405 Milliarden rezeptpflichtige und rezeptfreie Arzneimittel abgegeben worden. Der Gesamtumsatz in allen Apotheken habe 64,87 Mrd. Euro (ohne MwSt.) betragen. Eine durchschnittliche Apotheke habe einen Umsatz von 3,225 Mio. Euro erwirtschaftet. Als beachtlich wurde der Rückgang der Pandemie-bedingten Sondereffekte um 76 Prozent eingeordnet. Das Betriebsergebnis vor Steuern für einen Inhaber oder eine Inhaberin sei auch deswegen um 23 Prozent auf 162.890 Euro gesunken. Für das laufende Jahr 2023 prognostiziert der DAV allein aufgrund höherer Tariflöhne eine Mehrbelastung von 10.000 Euro pro durchschnittliche Apotheke. Der erhöhte Apothekenabschlag zugunsten der GKV führe für jede Apotheke im Schnitt zu einer Mehrbelastung von 6.000 Euro pro Jahr.

AMIRA fragt: Wie beurteilt ihr die vorgestellten Zahlen? Schreibt es uns in die Kommentare.

Metamizol: Arzneimittelkommission warnt vor Selbstmedikation

Es kommt regelmäßig vor, dass Patientinnen und Patienten zur Selbstmedikation mit verschreibungspflichtigen Medikamenten greifen und sich damit in Gefahr bringen. Nun hat die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) einen Fall bekannt gemacht, in dem der analgetische, antipyretische und spasmolytische Wirkstoff Metamizol zum wiederholten Male im Fokus steht. In der Folge der eigenständigen Einnahme eines Metamizol-haltigen Arzneimittels ohne ärztliche Verordnung sei es zu einer Agranulozytose gekommen. Die AkdÄ nahm den Fall zum Anlass, abermals auf die Risiken und Vorsichtsmaßnahmen im Umgang mit dem Analgetikum hinzuweisen.

Demnach solle der Arzt oder die Ärztin über Warnsymptome einer Agranulozytose wie Fieber, Halsschmerzen und entzündliche Schleimhautläsionen aufklären. Patient:innen sollten bei verdächtigen Symptomen die Anwendung umgehend unterbrechen und ärztlichen Rat einholen. Mit Blick auf die Offizin betont die Kommission, dass Apotheker:innen darauf hinweisen sollten, dass Metamizol nicht aufgehoben und zu einem späteren Zeitpunkt eigenständig erneut eingenommen werden dürfe. Auch dürften keine Restbestände an Dritte weitergegeben werden.

In dem vorliegenden Fall habe ein 37-jähriger, bisher gesunder Mann aufgrund von Rückenschmerzen eigenständig für einige Tage Metamizol eingenommen. Weder die genaue Dauer noch die Dosierung seien bekannt. Anschließend habe er wegen Halsschmerzen und starken Schluckbeschwerden eine HNO-Klinik aufgesucht. Dort seien eine ausgeprägte Leukopenie (200/µl) und ein Peritonsillarabszess diagnostiziert worden. Im weiteren Verlauf sei es zu verschiedenen Komplikationen gekommen.

Es wird oft kritisch festgestellt, dass die Anwendung von Metamizol außerhalb der zugelassenen Indikation verbreitet zu sein scheint. In einer Analyse von Agranulozytose-Fällen der AkdÄ hätten etwa ein Viertel der Betroffenen Metamizol bei Schmerzen im muskuloskelettalen Bereich, Kopf- oder Zahnschmerzen eingenommen – sprich außerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete. Metamizol steht wegen des potenziell lebensbedrohlichen Risikos der Agranulozytose bei vielen Arzneimittelbehörden im Fokus. Hierzulande ist der Wirkstoff seit 1987 rezeptpflichtig.

Versorgungsmangel bei antibiotikahaltigen Säften für Kinder

Bisher war nur die Rede von einem Lieferengpass, nun spricht das Bundesministerium für Gesundheit auf Anraten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) offiziell von einem Versorgungsmangel. Dabei geht es um antibiotikahaltige Säfte für Kinder. Als Grundlage für diese Feststellung dient §79 Absatz 5 des Arzneimittelgesetzes (AMG). Dadurch erhalten die Länder ab sofort die Möglichkeit, im Einzelfall und für einen befristeten Zeitraum von den Vorgaben des AMG abzuweichen, beispielsweise in Bezug auf den Arzneimittelimport.

AMIRA fragt: Wie sieht die Lage zurzeit in eurer Offizin aus. Tendiert die Lage in Punkto Antibiotikasäften tatsächlich Richtung "Absturz". Wir sind gespannt auf eure Einschätzung. 

Galenik-Änderung bei Ginkgo-Maren Filmtabletten

Bei Ginkgo-Maren 240 mg Filmtabletten der Firma Hermes Arzneimittel gibt es eine wichtige Neuigkeit: Die Galenik hat sich geändert. Das teilte der Hersteller in dieser Woche mit. Ab sofort diene die Bruchkerbe nur zum Teilen der Tablette für ein erleichtertes Schlucken und nicht zum Aufteilen in gleiche Dosen. Zuvor konnte die Tablette in gleiche Dosen geteilt werden.

"Deutscher Apotheken Award 2023" verliehen: Das sind die Gewinner

Freudestrahlen in Nordrhein-Westfalen und in der Hauptstadt: Die Rathaus-Apotheke – Internationale Apotheke in Hagen und die Medios-Apotheke in Berlin wurden am Mittwoch mit dem Deutschen Apotheken-Award (DAA) des Deutschen Apothekerverbands ausgezeichnet. Die Hagener Bewerbung setzte sich in der Kategorie „Apotheke und Patient“ durch, die Berliner in der Kategorie „Moderne Apotheke“. Insgesamt bewarben sich laut DAV 28 Projekte aus ganz Deutschland in den beiden Kategorien, „um damit zu zeigen, mit wieviel Ideenreichtum, Flexibilität und Pragmatismus die Apotheken ihre Verantwortung für die Versorgung der Bevölkerung wahrnehmen und dabei mit modernen Versorgungsmethoden neue Aufgaben übernehmen“. Es war die insgesamt vierte Preisverleihung. Die ebenfalls prämierten zweiten und dritten Preise in jeder Kategorie gingen an Apotheken in Nienburg/Weser, Erzhausen, Holzgerlingen und Köln.

„Der Deutsche Apotheken-Award geht an Apotheken mit innovativen Ansätzen und echtem Patientennutzen – dazu gratuliere ich den ausgezeichneten Apothekenteams ganz herzlich“, sagte DAV-Patientenbeauftragter Berend Groeneveld. „Das Projekt ‚Versorgung durch die Vor-Ort-Apotheke unter besonderen Belastungen wie Pandemie und Lieferengpässen‘ der Rathaus-Apotheke in Hagen hat einen klaren Fokus darauf, den Mehrwert der Apotheke für die Gesundheit der Bevölkerung erlebbar zu machen. Mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie vereint die Medios-Apotheke in Berlin ökologische, ökonomische und soziale Aspekte dieses Konzeptes und nutzt es als Kompass, an dem ihr gesamtes Tun und Handeln ausgerichtet ist.“ Groeneveld zeigte sich zudem erfreut über das „hohe Niveau der Projekte“, die sich für den Award bewarben. Es sei deutlich geworden, dass „die Apotheken gerade unter extremen Belastungen wie Pandemie und Lieferengpässen über sich hinauswachsen und sich besonders engagiert für die Gesundheit ihrer Patientinnen und Patienten einsetzen“.