Immer weniger Apotheken in NRW – Beruf unattraktiv
Die Zahl der Apotheken in Nordrhein-Westfalen nimmt ab, auch, weil es an der Bereitschaft mangelt, sich die Apothekenleitung anzutun. Das kam bei der Vorstellung der Studie „Apotheken und Approbierte in Nordrhein-Westfalen“ heraus, die jetzt vorgestellt wurde.
Jede zehnte Kommune in Nordrhein-Westfalen hatte im letzten Jahr nur noch eine einzige Apotheke. Im Jahr 2012 gab es in NRW 27 Kommunen mit nur einer Apotheke, während es im letzten Jahr 41 waren. Damit ist die Anzahl der Ein-Apotheken-Kommunen innerhalb von zehn Jahren um 52 Prozent gestiegen. Diese alarmierende Entwicklung zeigt jetzt ein Bericht des Kölner Instituts für Handelsforschung (IfH), der für die beiden NRW-Apothekerkammern erstellt und am Mittwoch in Düsseldorf gemeinsam mit Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann vorgestellt wurde.
Kleiner Trost: Noch habe keine Kommune völlig ohne eigene Apotheke auskommen müssen.
Dennoch ist die Entwicklung besorgniserregend. Seit dem Jahr 2000 ist die Anzahl der Apotheken in NRW um rund 1000 oder 21 Prozent zurückgegangen, wobei der Rückgang seit 2012 besonders stark ist. In 52 Prozent der Fälle waren Großstädte betroffen, während es bei Kleinstädten nur in jedem zehnten Fall zu Schließungen kam.
Im ländlichen Raum sind Apothekenschließungen weniger auf den Wettbewerb als vielmehr auf Probleme bei der Nachfolge, mangelnde Kaufkraft oder Nachfrage zurückzuführen. Häufig gebe es den Fall, dass Apothekeninhaber am Ende ihres Berufslebens keine Nachfolger fänden, weil der Beruf in der öffentlichen Apotheke vielen zu unattraktiv erscheine.
Auf die Frage, was sie aktuell davon abhalte, eine Filialleitung zu übernehmen, antworteten die Pharmazeuten wie folgt: Zu hohe Arbeitsbelastung (51%), zu wenig Zeit für anderes, zum Beispiel die Familie (48%), finanziell nicht attraktiv (39%) und zu viel Bürokratie (37%).
Mangelnde Anziehungskraft des Berufs
Die mangelnde Anziehungskraft des Arbeitsplatzes Öffentliche Apotheke gegenüber anderen Berufsfeldern in der Pharmazie verstärke das Fachkräfte-Defizit, so Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein: „Bereits jetzt kommen auf einen stellensuchenden Apotheker bis zu 20 offene Stellen.“ Hoffmann forderte eine stärkere „Förderung der Praxisorientierung im Studium“ sowie „Anreize und stabile Rahmenbedingungen für junge Approbierte, um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Das können auch Standortanreize in den Kommunen sein“, sagte Hoffmann.
Gabriele Regina Overwiening, die Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) stellte fest, dass das Apothekennetz in NRW derzeit noch tragfähig sei. Allerdings gebe es zunehmend Gebiete, insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen, die nicht optimal versorgt seien. Overwiening sagte: „Wir müssen jetzt die Strukturen der öffentlichen Apotheken vor Ort stärken, bevor Regionen unterversorgt sind. Konkret heißt das: Wir müssen die öffentlichen Apotheken stärken.“
Die Studie empfiehlt unter anderem, die Bedeutung der Apotheken als lokale und regionale Grundversorger auch durch das Anbieten neuer Leistungen gezielt zu stärken. Welche das sein könnten, müsse auch vor dem Hintergrund der Vergütung noch geklärt werden. Um den aktuellen Personalmangel zu beheben, schlagen die Forscher vor, das Apothekenhonorar anzuheben, Anreize für Vollzeittätigkeit zu schaffen und die Männerquote zu erhöhen. 74 Prozent der Filialen würden von Frauen geleitet, die gleichzeitig oft das Bedürfnis nach Teilzeittätigkeiten äußerten. Zudem schlugen die Forscher vor, die „stille Reserve“ der momentan nicht im Beruf stehenden Pharmazeuten zu erschließen und diese zu einer Rückkehr zu bewegen.
In die Studie floss die Befragung von insgesamt fast 5.000 Kammerangehörigen, Pharmaziestudierenden und Apothekenkunden ein, hinzu kamen vielfältige Kammerstatistiken, Bevölkerungs- und Geodaten.
AMIRA meint: Wir schließen uns dem Ziel, die öffentliche Apotheke als attraktiven Arbeitsplatz zu stärken, voller Engagement an. Nur wenn dieses Ziel erreicht wird, kann die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln flächendeckend und jederzeit aufrecht erhalten werden. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten!