Wochenrückblick: Lauterbach sorgt wieder für Kopfschütteln

Kinder sollen diesen Winter nicht um ihre Medikamente bangen müssen. Darin sind sich das BMG und die Apothekerschaft einig. Die aktuelle Lage stimmt die Beteiligten zuversichtlich. Probleme gibt es in einem anderen Punkt.

Läuft es diesen Winter besser als letztes Mal? 

Die kalten Monate rücken langsam näher, vielen dürfte die teils katastrophale Versorgungslage mit Kinderarzneimitteln im letzten Winter noch gut in Erinnerung sein. Um eine ähnliche Situation in diesem Jahr zu verhindern, lud Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in dieser Woche gleich zweimal zu einem Spitzentreffen zu möglichen neuen Engpässen bei Kinderarzneimitteln im Herbst und Winter ein. 

Mit dabei war ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Nach dem Treffen sagte sie, dass sie im Bundesgesundheitsministerium die seit Monaten bestehenden Forderungen der ABDA wiederholt habe: „Um flexibel auf Lieferengpässe zu reagieren, brauchen unsere Apothekenteams maximale Entscheidungsfreiräume. Wir als Expertinnen und Experten für das Arzneimittel wollen im Falle eines Engpasses entscheiden, ob wir möglicherweise eine Individual-Rezeptur herstellen oder – wenn verfügbar – doch ein Fertigarzneimittel abgeben.“

Ebenso brauche man die Entscheidungskompetenz bei den Darreichungsformen und es müsse sichergestellt werden, dass die Apotheker*innen diese Freiheiten einsetzen könnten, ohne dass ein Retax-Hinterhalt der Krankenkassen drohe. Overwiening: "Ich freue mich sehr, dass das Ministerium nun endlich erkannt hat, dass man mit der Expertise unserer Teams die Versorgung verbessern kann."

Lauterbach erklärte im Anschluss, dass die Versorgungslage mit Kinderarzneimitteln in diesem Herbst besser sei als vergangenes Jahr. Das sei Konsens bei den Treffen gewesen. Um mögliche Versorgungsengpässe zu vermeiden, legte der Bundesgesundheitsminister einen 5-Punkte-Plan vor.

Kinderarzneimittel und Apothekenhonorar: Vermischen oder nicht? 

Ein Thema bei den Treffen war auch die seit Jahren schwelende Frage nach der Anpassung des Apothekenhonorars. Overwiening machte klar, dass sie das gegenüber Lauterbach angesprochen habe. Sie habe klargestellt, dass aufgrund des wirtschaftlichen Drucks die Situation in den Apotheken extrem angespannt sei. Das sei beim Minister „angekommen“ – ebenso wie die sechs Fragen, die sie ihm persönlich übergeben habe. Lauterbach wird spätestens am „Tag der Antworten“ am 27. September auf dem Deutschen Apothekertag 2023 in Düsseldorf Gelegenheit haben, Stellung dazu zu beziehen.

Hinter das „Wie“ des Ankommens muss allerdings ein Fragezeichen gesetzt werden. Denn der Gesundheitsminister warnte vor dem zweiten Treffen am Donnerstag davor, Honorarkämpfe von Seiten der Apotheker mit der Verbesserung der Versorgung zu vermischen. Im „Morgenmagazin“ erklärte er: „Man darf nicht den Kampf für eine bessere Bezahlung führen, indem man Mütter und Kinder verunsichert.“ Das wiederum regte den Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Dr. Hans-Peter Hubmann, auf. „Mit großer Verwunderung“ weise man die Aussagen des Ministers zum Apothekenhonorar „mit aller Deutlichkeit“ zurück. Jeden Tag kämpften die Apothekenteams für die lückenlose Versorgung ihrer kleinsten Patientinnen und Patienten, so Hubmann, der Lauterbach entschieden widersprach: „Natürlich ist unser Einsatz für eine seit Jahren nötige Anpassung der Vergütung auch mit der Versorgung unserer Patientinnen und Patienten verbunden. Denn: Seit Jahren befindet sich die Apothekenzahl im Sinkflug. Die Bundesregierung ignoriert dies und die wirtschaftliche Schieflage der Apotheken und nimmt so in Kauf, dass die Menschen in diesem Land schlechter versorgt werden, weil ihre wohnortnahe Apotheke möglicherweise wegbricht.“

Hubmann empfahl dem Minister, nicht nur „immer wieder die Symptome eines kaputten Systems“ zu behandeln. Vielmehr erwarte die Gesellschaft von ihm, dass er in eine qualitativ hochwertige und flächendeckende Arzneimittelversorgung investiere und diese stabilisiere. Doch das Gegenteil sei der Fall: Das Apothekenhonorar sei seit knapp elf Jahren nicht angepasst worden, de facto seien die Apotheken „sogar schon seit zwei Jahrzehnten von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung abgekoppelt“, so die klaren Worten des DAV-Vorsitzenden.

Rund 423 Euro für jeden Vollnotdienst

Für einen Nacht- und Notdienst, den sie im 2. Quartal 2023 vollständig erbracht haben, bekommen Apotheker*innen eine Pauschale von 423,32 Euro. Das legte der geschäftsführende Vorstand des Deutschen Apothekerverbands fest, wie der Nacht- und Notdienstfonds in einer Pressemitteilung mitteilte. Im Vergleich zum Vorquartal sank die Notdienstpauschale damit um etwas mehr als 10 Euro, sie betrug damals 433,38 €. Das ist ein Rückgang von 2,32 Prozent. 

Nach vorliegenden Meldungen der Landesapothekerkammern wurden von April bis Juni 2023 insgesamt 94.701 Vollnotdienste von 17.795 Apotheken erbracht. Der Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbandes überweist die entsprechenden Pauschalen nach eigenen Angaben noch in dieser Woche direkt an die Apotheken.

ABDA startet E-Rezept-Newsletter

Die flächendeckende Einführung des E-Rezeptes nimmt Fahrt auf. Die Apotheken sind bereits seit dem Herbst 2022 bereit für das elektronische Rezept, doch bislang kam die Einführung des neuen, digitalen Verordnungssystems eher schleppend voran – wie so vieles in Deutschland, was mit Digitalisierung zu tun hat. Mit der flächendeckenden Umsetzung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) seit Juli 2023 als drittem Einlöseweg neben E-Rezept-App und Token-Ausdruck werden aber nun Monat für Monat immer mehr E-Rezepte ausgestellt, eingelöst und bedient. Und auch die Arztpraxen rüsten sich technisch auf.

Dabei wirft dieses neue "Alltagsgeschäft" auch immer neue Fragen in den Apothekenteams auf, die Schritt für Schritt beantwortet werden müssen. Zeitgleich gibt es auch immer mehr Redaktionen, die sich für das E-Rezept interessieren: Insbesondere bei Journalistinnen und Journalisten besteht mit Blick auf das komplexe System ein erhöhter Aufklärungsbedarf.

Die ABDA hat daher einen neuen Newsletter etabliert, der Entwicklungen und Neuigkeiten rund um das E-Rezept beleuchtet – damit bleiben die Apothekenteams und alle anderen Interessierten auf dem neuesten Stand. Ab sofort ist der neue, kostenfreie, etwa zweimal im Monat erscheinende ABDA-Newsletter "E-Rezept" hier abonnierbar.