Apothekengezwitscher: Warum noch gleich bin ich PTA geworden?

Die neue Kolumne Apothekengezwitscher, frisch aus dem HV! Unsere PTA ist als Apothekenspitzel:in in der Offizin unterwegs und berichtet aus dem Alltag zwischen Rezeptur, Corona-Tests und dem ganz normalen Apothekenwahnsinn.

Die letzten Vorbereitungen sind erledigt, der HV-Tisch ist aufgeräumt und glänzt. Ein Blick auf meine silberne Armbanduhr und die ersten Ungeduldigen vor der Tür verrät mir: Es ist Zeit. Ein neuer Tag in der Apotheke beginnt. Die meisten Kunden und Kundinnen um diese Uhrzeit haben sehr unspektakuläre Anliegen: Eine junge Frau löst ihr Rezept für die Pille ein, ein älteres Ehepaar kommt vom Arztbesuch und erledigt den Arzneieinkauf für den ganzen Monat. „Heinz, sach ma, bekomm‘ ich die blauen oder die gelben? Ich komm hier völlig durcheinander!“ Die Dame schaut sichtlich irritiert zwischen den Medikamentenpackungen, dem Einkaufszettel und ihrem Mann hin und her. Glücklicherweise haben wir alle Medikamente, die die Dame mir nach und nach diktiert, auf Lager und das Paar bedankt sich für die freundliche Bedienung. Ein erstes Highlight an diesem Montagmorgen! Mein Kollege, unser PKA, hat sich am Wochenende eine dicke Grippe eingefangen und musste sich für die gesamte Woche krankmelden – ich bin also vorerst allein hinterm HV-Tisch. Unsere Apothekerin ist dauerhaft damit beschäftigt, die Lagerbestände zu kontrollieren, Rezepte und Rechnungen zu prüfen. Zeit zum Durchatmen? Fehlanzeige!

Nach einem Marathonlauf an Beratungen scheint sich die Schlange an Kunden, die sich in der Apotheke reihen, auszudünnen und ich sehe meine Chance, endlich in Ruhe einen Schluck Wasser zu trinken. Das bleibt natürlich nicht unkommentiert: Eine Mutter, Mitte 40, betritt die Apotheke mit ihrer kleinen Tochter an der Hand und bittet mich spitz, doch bitte wieder meine Arbeit aufzunehmen, es sei schließlich Kundschaft im Raum. Ich atme ein, ich atme aus, zähle langsam im Kopf bis drei und schenke ihr ein strahlendes Lächeln – soweit man es überhaupt sehen kann durch meine schneeweiße FFP2-Maske.

„Ich brauche für meine Tochter einen Hustensaft, und wir haben es eilig.“ Während ich zu einer umfassenden Beratung ansetze, seufzt die Mutter sichtlich genervt vor sich hin. „Verkaufen Sie mir einfach den besten Hustensaft, den sie dahaben.“ Na, wenn das mal so einfach wäre – ich habe das Kind ja noch gar nicht husten hören, wie soll ich da entscheiden, welcher Hustenstiller oder etwa -löser das Mittel der Wahl ist? Wie so oft habe ich das Gefühl, von der Frau als Verkäuferin abgestempelt zu werden. Dabei sind wir PTAs genauso wichtig wie der Kinderarzt oder die Apothekerin – erst letzte Woche hatte ein Kunde verlangt, von unserer Apothekerin bedient zu werden, da er an meinen Kompetenzen zweifelte. Und das nur, weil er mich als PTA nicht ernst nehmen wollte?

Nach einigem Hin und Her beginnt das Mädchen zu husten – trocken und bellend. Und schon habe ich das passende Medikament in der Hand und reiche es über die Kasse hinweg der Mutter. „Danke schön!“ Das Kind strahlt mich an, als sei ich eine Superheldin. Ich denke, ich weiß schon ganz gut, warum ich so gerne in der Apotheke arbeite. Einige Anwendungshinweise kann ich noch runterrattern, bis die beiden sich schließlich winkend aus dem Staub machen. Ob die Mutter mir wohl zugehört hat? Oder wird sie sich eher bei ihrem Kinderarzt informieren, der dann achselzuckend zurück in die Apotheke verweist?

Ich sag es mal so: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker – oder direkt Ihre PTA.