„Mein Tipp ans Apothekenpersonal: Mehr Geduld an den Tag legen“

Apotheker:innen sind Mangelware, PTA stark nachgefragt. Wie wirkt sich das auf den Arbeitsmarkt und insbesondere die Bewerbungsprozesse in der Branche aus? Wir haben mit dem in Duisburg tätigen Apothekeninhaber Mustafa Bagli darüber gesprochen.

Herr Bagli, seit über 20 Jahren sind Sie in der Apotheke tätig, haben als PKA angefangen, wurden dann später Apotheker. Nach einer Stelle als Filialleiter sind Sie nun Inhaber. War es schon immer Ihr Ziel, eines Tages eine Apotheke zu haben?

Das hat sich nach und nach so ergeben. Aber man muss sich schon hohe Ziele setzen, um sie eines Tages auch erreichen zu können. Ich fühle mich in der Apotheke wohl, weshalb ich auch nie ernsthaft darüber nachgedacht habe, in die Industrie zu wechseln.

Nach solch einer langen Zeit dürften Sie jeden Charakter eines Apotheken-Teams kennen …

Ja! (lacht) Tatsächlich ähneln sich die einzelnen Charaktere sehr stark. Das hat sich über die Jahre kaum geändert.

Was sich auch kaum geändert hat, ist die Personalsituation in der Branche. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Es ist nicht einfach, geeignetes Personal zu finden. Manchmal habe ich Bewerbungen, da kann ich einfach nur mit dem Kopf schütteln.

Warum?

Wenn man sich schon die Mühe macht, eine Bewerbungsmappe vorzubereiten, sollte man sie vor der Abgabe auch noch mal lesen oder lesen lassen. Ich habe es schon oft erlebt, dass im ersten Absatz drei Fehler waren. In den seltensten Fällen lese ich dann weiter. Aber das ist nicht mal das größte Problem. Ich sehe ein Qualitätsproblem.

Wo genau?

Die Bewerber:innen sind in meinen Augen unzureichend qualifiziert. Ich spreche natürlich in erster Linie für meine Apotheke, bekomme das aber auch von anderen Kolleg:innen mit. Das kann mehrere Gründe haben, man kann aber auch selbst und proaktiv etwas dagegen unternehmen. Manche vermitteln den Eindruck, dass sie ihre Ausbildung bestanden haben und fertig sind. Aber die Ausbildung hört nicht auf nach der Schule, vor allem wenn die Note nur durchschnittlich ist. Sie muss weitergehen. Mit der Zeit entwickelt man natürlich Fragetechniken für das Kennenlerngespräch, um zu sehen, auf welchem Wissensstand jemand ist. Ich vermisse spätestens dann oftmals die notwendige Aufnahme- und Lernbereitschaft der Bewerber:innen.

Setzen Sie da nicht zu hohe Maßstäbe an?

Möglich. Es muss auch nicht immer an ihnen liegen. Ich denke auch, dass die Ursache in der Ausbildung zu suchen ist. Da brauchen wir höhere Qualitätsstandards. Aber wie schon erwähnt, man kann etwas dagegen tun. Ich bin bereit, junge, neue Kolleg:innen zu fördern und übernehme gerne Kosten für Fort- und Weiterbildungen. Wichtig ist mir, dass signalisiert wird: ‚Ja, ich möchte.‘

Von der Stellenausschreibung bis zur Einstellung: Wie läuft ein Bewerbungsverfahren eigentlich bei Ihnen ab? Welche Kanäle nutzen Sie, um Personal für Ihre Apotheke zu finden?

Das Stellenportal der Apothekerkammer, die sozialen Medien oder das berufliche Netzwerk. Welchen Kanal ich nutze, hängt auch davon ab, aus welchem Grund ich suche. Manchmal suche ich perspektivisch, etwa wenn wir wachsen wollen, manchmal muss es sehr schnell gehen, weil zum Beispiel jemand am Ende des Monats umzieht. Als Inhaber muss ich parallel ständig damit rechnen, einspringen zu müssen, sofern sich die Suche verzögert.

Welcher hat sich über die Jahre am meisten bewährt?

Empfehlungen aus meinem recht großen Netzwerk. Da kennt man sich und weiß, worauf man sich einlässt. Ich hatte aber auch schon mal einen Fall, dass sich jemand auf eine ältere Stellenanzeige auf der Seite der Kammer, die ich eigentlich schon vergessen hatte, gemeldet hat. Nach zwei Gesprächen waren wir uns sicher: das passt! So ist es dann auch gekommen.

Wie häufig sind eigentlich Initiativbewerbungen?

Ich führe natürlich keine Statistik, aber sie werden gefühlt mehr (lacht). Ein Faktor ist denke ich unsere Präsenz in den sozialen Medien.

Worauf legen Sie neben der Qualifikation insgesamt großen Wert bei der Auswahl?

Grundsätzlich darauf, dass das Arbeitsverhältnis Potential hat, von längerer Dauer zu sein. Habe ich oder die andere Seite am Anfang ein mulmiges Gefühl, wird das nichts. Ich lege auch großen Wert darauf, mein eigenes Team in die Personalentscheidungen einzubeziehen. Die Chemie und eine gute Kommunikation sind wichtig, es muss passen. Auch achte ich darauf, dass wir eine gesunde (Alters-)Mischung im Team haben und es keine Probleme untereinander gibt, sich auch mal unterzuordnen, auch wenn der oder die Kolleg*in jünger ist als ich.

Was war das dreisteste, was Sie je bei einer Bewerbung erlebt haben?

Eine PTA hat mal Filialleiter-Gehalt verlangt, ohne entsprechende Berufserfahrung und Qualifikation. Ich habe kein Problem damit, auch mal mehr Gehalt zu zahlen. Aber es muss gerecht gegenüber dem Team und vom Gesamtbild gerechtfertigt sein. Zu oft erlebe ich es, dass höchstens durchschnittliche Bewerber*innen wenig arbeiten, aber viel verdienen und viel Freizeit haben wollen.

Was wünschen Sie sich von Bewerber:innen, was können Sie ihnen raten?

Die Apotheker:innen und PTA wissen sehr gut, dass sie gefragt sind. Leider nutzen und reizen das einige von ihnen zu sehr aus. Ich kann nicht ständig den Arbeitsplatz wechseln, nur weil ich unzufrieden bin. Wenn ich in der Bewerbung sehe, dass jemand in fünf Jahren in zehn Apotheken tätig war, wird es unglaubwürdig, wenn man argumentiert, dass es immer am Arbeitgeber lag. Alle Apotheken ähneln sich mehr oder weniger. Sinnvoller ist es, vor allem als Berufseinsteiger:in, mehr Geduld an den Tag zu legen und sich nicht beim ersten Problem aus dem Staub zu machen. Zu einer guten Kommunikation gehört auch, Dinge rechtzeitig anzusprechen. Auch kommt mir die soziale Kompetenz zu kurz. Daran müssen wir als Branche insgesamt arbeiten.

Tipps für die Bewerbung und das Bewerbungsgespräch

  • sich im Vorfeld über die Apotheke informieren, z.B. über die Öffnungszeiten und angebotenen Serviceleistungen wie Milchpumpen-Verleih
  • möglichst fehlerfreie und vollständige Bewerbungsunterlagen (Lebenslauf, Zeugnisse) einreichen (am besten kurz nachfragen, was gewünscht ist)
  • realistische Gehaltsvorstellung nennen
  • selbstbewusst auftreten, offen mit Stärken und Schwächen umgehen
  • Lernbereitschaft und Interesse an Fort- und Weiterbildungen signalisieren