Das lukrative Geschäft mit Arzneimittelfälschungen – Teil 2
Was? Arzneimittelfälschungen sind lukrativer als der Handel mit Drogen? Doch, das haben unsere Recherchen ergeben. Heue geht´s um Lieferwege, die Lage in Deutschland und was du tun kannst, wenn du einer Fälschung auf die Spur kommst.
Wie ist die Lage in Deutschland?
Der ABDA zufolge gehört die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu den sichersten weltweit. In der Vergangenheit seien in Apotheken nur sehr vereinzelt Arzneimittelfälschungen aufgetaucht. Die Zahl der identifizierten Arzneimittelfälschungen in der so genannten legalen Lieferkette, also z. B. in einer öffentlichen Apotheke, ist zudem laut dem BfArM insgesamt sehr gering. Grundsätzlich sei in diesem Zusammenhang zu unterscheiden, ob gefälschte Arzneimittel über die legale Lieferkette an den Patienten gelangen oder über illegale Quellen bezogen werden, wie z. B. über nicht autorisierte Internethändler.
Apropos Lieferkette: Welche Lieferwege nutzen die Fälscher?
Ein Forschungsprojekt des BKA analysierte 2017 den „Wachstumsmarkt Arzneimittelkriminalität“ und die Herausforderungen, die sich daraus für eine effektive Kriminalitätsbekämpfung ergeben. Unter anderem können anhand der Ergebnisse folgende Aussagen getroffen werden:
- Der Bezug der Arzneimittel erfolgt in der legalen Lieferkette überwiegend über pharmazeutische Großhändler. In der illegalen Lieferkette/Dopingkriminalität erfolgt die Bestellung am häufigsten über das Internet (46 Prozent) und der Bezug über den Postweg, aber auch über Privatpersonen (26 Prozent) oder durch Import aus dem Ausland (elf Prozent).
- Eine vollständige Rekonstruktion des Bezugsweges ist anhand der Unterlagen der Strafverfolgungsbehörden meist nicht möglich, so dass die Rückverfolgung bis zum Hersteller selten gelingt.
- Die betroffenen Produkte stammen zu etwa gleichen Teilen aus dem europäischen (50 Prozent) oder außereuropäischen Ausland (45 Prozent), während Produktionen innerhalb Deutschlands selten der Fall sind (5 Prozent).
- Die in der legalen Lieferkette am häufigsten involvierten Stationen sind Großhändler (34,3 Prozent), Apotheken (17,5 Prozent) und Arztpraxen (12 Prozent).
- Der Großteil (20 Prozent) der illegalen Arzneimittel, die Apotheken und Arztpraxen erreichen, werden an Patienten abgegeben.
- Für die illegale Lieferkette konnten in den meisten Fällen hingegen kaum Angaben zu Lieferwegen, involvierten Akteuren und dem Zeitraum des Bezuges ermittelt werden.
Welche Gefahren gehen von Arzneimittelfälschungen aus?
Minderwertige und gefälschte Arzneimittel sind häufig schwer zu erkennen und können den Patientinnen und Patienten schaden und die Krankheiten, für die sie bestimmt sind, nicht behandeln. Sie können daher schwerwiegende gesundheitliche Folgen verursachen und auch tödlich sein.
Des Weiteren führen sie zu einem Vertrauensverlust in Medikamente, Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker und allgemein ins Gesundheitssystem. Wichtig ist auch zu wissen, dass Arzneimittelfälschungen zu Antibiotikaresistenzen und arzneimittelresistenten Infektionen beitragen.
Hinter der Rezeptpflicht einiger Präparate steckt ein Sinn, auch das Bundeskriminalamt (BKA) greift dieses Thema auf und warnt die Bürgerinnen und Bürger auf der Website mit folgenden Worten:
„Grundsätzlich sollten Sie keine Arzneimittel einnehmen, über deren Herkunft Sie keine verlässlichen Informationen haben. Daher wird dringend empfohlen, Arzneimittel nur in zugelassenen (Online-)Apotheken zu erwerben. Rezeptpflichtige Arzneimittel dürfen auch bei Online-Anbietern nur gegen Rezept legal abgegeben werden. Bei Umgehung der Rezeptpflicht steigt das Risiko, ein gefälschtes Arzneimittel zu erhalten.”
Verdacht auf Fälschung? Melden!
Ist bei Arzneimitteln oder Ausgangsstoffen, die die Apotheke bezogen hat, die Annahme gerechtfertigt, dass vom Hersteller verursachte Qualitätsmängel vorliegen, wird nach § 21 Apothekenbetriebsordnung die zuständige Behörde unverzüglich benachrichtigt. Unabhängig davon sind Apothekerinnen und Apotheker nach Berufsordnung zur unverzüglichen Meldung von Arzneimittelrisiken an die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) verpflichtet. Da sie als Teil der Lieferkette Medikamente der Bevölkerung abgeben, kann ein Inverkehrbringen von gefälschten Arzneimitteln auch für sie Folgen haben. Denn dies stellt ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) dar und wird gemäß § 95 und §96 strafrechtlich mit Freiheits- oder Geldstrafe verfolgt.
Aber auch Verbraucherinnen und Verbraucher können etwas zur Arzneimittelsicherheit beitragen: Bei Verdachtsfällen können sie sich an ihre Apotheke wenden, die sich wiederum bei der AMK und dem Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) meldet. Sie sind die Hauptansprechpartner der Apotheken für den Umgang und die Untersuchung von Verdachtsfällen von Arzneimittelfälschungen.
AMRIA fragt: Ist bei dir in der Apotheke schon einmal ein gefälschtes Medikament aufgetaucht? Und was hältst du von Securpharm?
Du möchtest den ersten Teil auch lesen? Dann direkt hier lang!