Wochenrückblick: Verkaufsstopp für Amfepramon, Bayern gegen Cannabis-Legalisierung, Zink gegen Corona?

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek spricht sich gegen die Legalisierung von Cannabis aus. Das Anorektikum Amfepramon soll aus dem Verkauf genommen werden. Laut aktueller Studie wirkt sich Zink positiv im Kampf gegen Covid19-Infektionen aus.

Amfepramon soll vom Markt verschwinden

Die Europäische Arzneimittelagentur hat den nationalen Behörden empfohlen, Amfepramon-haltige Arzneimittel vom Markt zu nehmen und ihnen die Zulassung zu entziehen. Die Forderung basiert auf einer Analyse der PRAC zu Nutzen und Risiken der Einnahme von Amfepramon. Medikamente mit diesem zentral wirkenden, indirekten alpha-Sympathomimetikum wurden in Deutschland, Dänemark und Rumänien als Anorektikum zur Behandlung von Fettleibigkeit eingesetzt. Da es sich bei diesem Appetitzügler um ein Amphetaminderivat handelt, wurde seit jeher eine Einnahme für vier bis sechs Wochen, längstens drei Monate empfohlen. Daran hielten sich Patientinnen und Patienten in vielen Fällen nicht, wie der Sicherheitsausschuss PARC herausfand – mit teils schwerwiegenden Folgen, denn als Nebenwirkungen sind pulmonale Hypertonie, kardiovaskuläre sowie psychiatrische Störungen und Abhängigkeit bekannt. Insgesamt kam die PARC zu der Erkenntnis, dass die Vorteile einer Behandlung mit Amfepramon die Nachteile nicht überwiegen, daher jetzt die Empfehlung, derartige Präparate mit einem Verkaufsstopp zu belegen.

Bayern ist gegen Legalisierung von Cannabis

Cannabis – da war doch was? Genau: Vor einigen Wochen legte Bundesgesundheitsminister Lauterbach ein aus seinem Ministerium stammendes Eckpunktepapier zur Legalisierung von Cannabis vor. Ziel: Entkriminalisierung, Marktkontrolle, Gesundheitsschutz. Dieser Initiative hat Mitte der Woche Bayerns Gesundheitsminiter Klaus Holetschek (CSU) in einem Austausch mit Monique Pariat, der EU-Generaldirektorin für Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz, entschieden widersprochen: Keines der avisierten Ziele würde erreicht. Holetschek weiter: „Die Legalisierung ist nicht nur gesundheitsgefährdend, sondern verstößt meiner Überzeugung nach auch gegen Europarecht.“ Speziell das Schengener Durchführungsabkommen von 1990 und der EU-Rahmenbeschluss von 2004 würden die Mitgliedstaaten verpflichten, Herstellung, Verkauf und Abgabe von Suchtstoffen unter Strafe zu stellen. „Eine Legalisierung des Handels mit Cannabis zu Genusszwecken im nationalen Alleingang ist somit nicht möglich“, sagte Holetschek weiter und äußerste zuversichtlich, dass die EU-Kommission auf die „hitzige Legalisierungsdebatte in Deutschland einwirken wird.“ Bayern jedenfalls werde auch auf Bundesebene „alle Register ziehen“, um die Legalisierung zu verhindern, sagte Holetschek nach dem Gespräch mit Pariat.

Untergehen in der Werbeflut

Und dann war da noch ein angesehener Apotheker aus dem süddeutschen Raum, Inhaber von vier Standorten und bei Kunden und Kollegen als kluger, strategischer und unternehmerisch denkender Kopf bekannt. Zwei Mal im Jahr, so klagte er AMIRA sein Leid, werde er genötigt, sich einen Anhänger zu leihen, seine vier Offizinen abzufahren und aus ihnen alles abzuholen, was an Stellage, nicht ausgegebenem Werbematerial, Prospekten und papierner Handreichung – kurz: Werbematerial – von der Industrie in die Apotheke hinein-, von den Kunden aber nicht wieder herausgetragen werde. Zur Dokumentation erhielt AMIRA das beigefügte Foto. Es zeigt die Fuhre und einen Mitarbeiter, der sie auf dem örtlichen Wertstoffhof, natürlich gegen Gebühr, entlädt. Damit ist die Arbeit aber noch gar nicht getan, denn nicht alles ist auf Pappe oder Papier, teilweise müssen die Stücke – Ständer oder Rollwagen etwa – in ihre Bestandteile zerlegt und die Materialien getrennt werden. Das koste zusätzlich Zeit. Er, so der Apotheker weiter, habe Vertretern der Hersteller schon des Öfteren bedeutet, dass da des Guten zu viel in die Apotheke gelangt, eine regelrechte Werbeflut nämlich, die allein schon wegen des knappen Raums vor dem HV-Tisch ein Problem sei. Reaktion? „Nimm´s einfach und dann entsorgt ihr das irgendwann…“

AMIRA meint: Das kann doch nicht Sinn der Sache sein, die als „Nachhaltigkeit“ den – wie sagt man so schön? – gesellschaftlichen „Diskurs“ bestimmt. Was meint ihr? Oder konkret gefragt: Ist der vorgestellte Apotheker ein Einzelfall? Wie geht ihr mit dem Werbe- und Informationsmaterial um? Wir sind gespannt auch eure Erfahrungen!

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Lohnt sich die inhabergeführte Apotheke noch?

Die Deutsche Apothekerzeitung schlägt Alarm: Eine Modellrechnung habe ergeben, dass das Betriebsergebnis einer mittelgroßen Apotheke durch die hohe Inflation und die Sparmaßnahmen des GKV-Stabilisierungsgesetzes in 2022 bzw. 2023 drastisch sinken und in die Nähe des Gehalts plus Nebenkosten eines festangestellten Apothekers bzw. einer Apothekerin geraten könne. Folge: Die inhabergeführte mittelgroße Apotheke lohne sich nicht mehr. Das Betriebsergebnis einer solchen Apotheke werde in diesem Jahr um 34.800 Euro und in 2023 um 64.900 Euro gegenüber 2021 geringer ausfallen. Am Ende bleibe ein Betriebsergebnis irgendwo zwischen 83.500 bis 100.800 Euro stehen. Der kleinere Wert entspreche dem Jahresgehalt plus Lohnnebenkosten eines angestellten Apothekers. Die DAZ argumentiert: Wenn das Betriebsergebnis so „mau“ ist wie das Gehalt eines angestellten Apothekers – wieso dann noch eine eigene Apotheke aufmachen und ein unternehmerisches Risiko eingehen, das nicht mehr angemessen entlohnt werde. Als PTA oder PKA mag man geneigt sein, das Gehalt angestellter Apotheker ganz „okay“ zu finden (nicht vergessen: das sind die gesamten Personalkosten für die Stelle, also Gehalt plus Lohnnebenkosten) und die Klage für übertrieben halten. Aus wirtschaftlicher Sicht hat die DAZ aber durchaus Recht. Wenn die „Belohnung“ für das unternehmerische Risiko entfällt und das Betriebsergebnis sinkt, könnten Inhaber sagen: „Wozu der Stress – ich lass´ mich anstellen“. Dann wären Schließungen die Folge und damit Arbeitsplatzverluste. Forderung der DAZ: Gesetzgeber und Kassen sollten eine „inflationsgesicherte Honorierung schaffen“, etwa durch einen inflationsangepassten Festzuschlag.

Wundermittel Zink gegen Covid-19 wirksam?

Gute Nachrichten: In einer in der Fachzeitschrift „Clinical Infectious Diseases“ veröffentlichten Studie aus Tunesien konnte das Forschungsteam einen positiven Einfluss von Zink auf den Verlauf einer Covid-19 Infektion beobachten. Demnach führte die orale Einnahme von 25 mg Zink zweimal täglich über den Zeitraum von 15 Tagen zu einem um 40 Prozent verringerten relativen Risiko für das Kombinationsereignis „Aufnahme auf die Intensivstation und Tod“. Die Studie untersuchte 470 ambulant oder stationär versorgte Covid-19 Patienten mit dem Durchschnittsalter von 54,2 Jahren. Der Interventionsgruppe gehörten 231 Patienten an, die Kontrollgruppe, die ein Placebo erhielt, umfasste 239 Personen. Beide Gruppen wurden begleitend nach den nationalen Richtlinien behandelt. Die Ausgangswerte hinsichtlich Schwere der Erkrankung, Sauerstoff-Therapie und asymptomatischem Verlauf waren in beiden Gruppen beinahe identisch. Innerhalb der Nachbeobachtungszeit von 30 Tagen starben 37 Patienten, die Sterblichkeit innerhalb der Zinkgruppe betrug 6,5 Prozent, in der Kontrollgruppe 9,2 Prozent. Das kombinierte Ereignis Intensivstation und Tod trat in der Zinkgruppe mit 10,4 Prozent seltener auf als in der Placebogruppe, wo der Wert 16,7 Prozent ausmachte. Bei den Zink-versorgten Patienten reduzierte sich das relative Risiko, auf die Intensivstation zu kommen und zu sterben, damit um rund 40 Prozent. Die Studienautoren betonen, dass weitere Forschung nötig sei, vor allem zur Klärung der Frage, welche Zink-Dosis die besten Ergebnisse zeige.

E-Rezept-Nachschlag: „Fahrrad ohne Bremsen“

Mit einem solchen Gefährt verglich der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kleber im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) die jüngst gescheiterte Einführung des E-Rezepts. Im Interview erklärte er: „Es muss sichergestellt sein, dass die Stelle, die ein Rezept anfordert, auch dazu berechtigt ist.“ Das sei nicht der Fall gewesen. Kleber weiter: „Man brauchte nur die Krankenkassennummer von jemandem und kann dann von über 18.000 Stellen (gemeint sind die Apotheken) in Deutschland sehen, welche E-Rezepte diese Person derzeit noch nicht eingelöst hat, und auf die damit zusammenhängenden Krankheiten schließen.“ Das Schließen dieser Sicherheitslücke sei relativ einfach, dabei gehe es noch nicht einmal um erhöhte Sicherheitsanforderungen: „Das ist vergleichbar mit der Forderung, dass ein Fahrrad eine Bremse haben muss, bevor es für den Straßenverkehr zugelassen werden kann“, so Kleber. Und weiter: „Wenn mir die kassenärztlichen Vereinigungen sagen, sie wollten jetzt erst einmal sechs Monate Fahrrad ohne Bremse fahren, rüsten die dann aber nach, sage ich Ihnen: Dann wartet sechs Monate, bis die Bremsen dran sind, und geht so lange zu Fuß zum Bäcker. Dann fahrt ihr auf dem Weg dahin auch niemanden über den Haufen“. Das Problem sieht der Beauftragte im falschen Herangehen an Digitalisierungsprozesse, dieses erfolge zu langsam und oft in der falschen Reihenfolge. Andererseits lasse man sich nicht genügend Zeit für saubere Konzepte und IT-Lösungen, was am großen medialen und politischen Druck liege, sagte Kleber der FAZ.