PTA trifft Hexenschuss – Ein Erfahrungsbericht

Es war einmal eine PTA in einer kleinen Landapotheke im schönen Bayern. Die half über lange, lange Zeit vielen, vielen Menschen erfolgreich beim Kampf gegen Rückenbeschwerden. Und dann traf es sie eines schönen Tages selbst…

Es ist Samstagmorgen, in der Schleuse stehen die drei Kisten der nächtlichen Großhandelslieferung. Unsere PTA bückt sich über die Kisten und will sie mit Schwung hochheben, da spürt sie einen stechenden Schmerz in der Lendenwirbelsäule! Autsch – die Kisten knallen zurück auf den Boden! Was zur Hölle war das? Mühsam wieder aufgerichtet drückt sie die rechte Hand gegen die Stelle des Schmerzes in ihrem Rücken und gibt sich gleich selbst die Antwort: Das ist ein Hexenschuss oder, medizinisch korrekt ausgedrückt, eine Lumbago oder ein Lumbalsyndrom.

Bis zu 85 Prozent der Bevölkerung erwischt die Hexe zumindest einmal im Leben, bevorzugt zwischen 30 und 50 Jahren. Was den Namen angeht, dachten die Menschen einst, der Schmerzeinschuss käme von einem Pfeil, den eine Hexe – damals vielbeschworene Ursache allerlei Übel – abgegeben habe. Die PTA liegt mit ihren 42 Jahren also geradezu mittig in der Zielscheibe. Aber „von wegen“ Hexe – als ebenso moderne wie erfahrene PTA, die häufig zum Thema Rückenschmerzen berät, weiß unsere Lumbago-Geplagte recht genau, woher der Schmerz rührt: Das Lumbalsyndrom wird in der Regel von einer falschen Bewegung ausgelöst, die dazu führt, dass sich plötzlich die strapazierte Muskulatur im Lendenbereich verhärtet.
Nach dem „Schuss“ bedient sie zwar pflichtbewusst ihre Kunden weiter, schleicht aber regelrecht durch die Apotheke.  Noch ist der Schmerz erträglich, aber den Nachhauseweg kann sie kaum bewältigen und muss immer wieder stehen bleiben und sich abstützen.

Daheim angekommen, legt sie sofort einen Wärmeumschlag mit Eisenpulver und Aktivkohle (z. B. Thermacare® von Reckitt Benkiser, Doc®Therma von Hermes, u.a.) an, der mit dem Luftsauerstoff reagiert und eine angenehme Tiefenwärme erzeugt. Eine Ibuprofen-Tablette soll die Schmerzen lindern. Den Rest des Wochenendes verbringt sie mehr oder weniger auf dem Sofa. Denn seltsamerweise ist Bewegung eher kontraproduktiv. 

Ab zum Arzt 

Nachdem sich die Schmerzen trotz Wärme und Schmerztabletten nicht bessern, bleibt unserer gewissenhaften PTA nichts anderes übrig, als sich für Montag krank zu melden und ihre Hausärztin aufzusuchen. Dort wird die Muskulatur im Lendenbereich von der Allgemeinmedizinerin mit dem Wirkstoff Procain gequaddelt. Das Lokalanaesthetikum wird dabei an mehreren Stellen direkt unter die Haut in die Region des verhärteten Muskels gespritzt.

So soll sich das Arzneimittel langsam und gleichmäßig durch die Gewebeschichten oder Nervenstränge zu der schmerzenden Muskelstelle senken und über einen längeren Zeitraum zuverlässig wirken. Der Schmerzreiz wird blockiert und es kommt zu einer Überwärmung, die wiederum zu einer Lockerung der Muskulatur sorgt. 

Des Weiteren verordnet die Ärztin Physiotherapie, zum einen, um die Verhärtung der Muskulatur zu lösen, zum anderen, damit die Patientin Soforthilfe-Maßnahmen erlernt, falls das Ganze nochmal passiert. 
Da es momentan nicht so einfach ist, zeitnah Termine bei einem Physiotherapeuten zu bekommen, gibt die Ärztin ihrer Patientin noch zwei Merkblätter mit Übungen zur Kräftigung der Rückenmuskulatur mit, die wie das tägliche Zähneputzen in den Tagesablauf integriert werden sollen.

In der Hausarztpraxis wird unsere PTA umfassend behandelt, versorgt, aufgeklärt und ermahnt, die Rückenmuskulatur zu kräftigen. Schließlich wird sie für drei Tage krankgeschrieben. Aber damit nicht genug. 

Medikamentöse Therapie

Zum Schluss wird auf der elektronischen Gesundheitskarte noch ein E-Rezept gespeichert.
Die Ärztin verordnet das nichtsteroidale Antirheumatikum Etoricoxib (Arcoxia® von Grünenthal, Etoricoxib® Zentiva, u. a. ) und ein Muskelrelaxans. Etoricoxib gehört zu den COX-2-Hemmern und ist ab einem Alter von 16 Jahren zugelassen. Es trägt dazu bei, Schmerzen oder Entzündungen in Gelenken und Muskeln zu lindern.
Im Gegensatz zu anderen nichtsteroidalen Antirheumatika wird mit einer relativ geringen Dosis therapiert. Die Tagesdosis liegt bei 30–120 mg. Das Präparat flutet sehr schnell an und hat bereits nach einer Stunde den vollen Spiegel, dabei hält die Wirkung sehr lange an, so dass nur eine einmalige Gabe in 24 Stunden erforderlich ist. Bei Hypertonie, Herzinsuffizienz oder KHK ist der Wirkstoff kontraindiziert, genauso wie bei Niereninsuffizienz und Leberfunktionsstörungen.

Zentral wirksame Muskelrelaxantien (lat. Myotonolytika) entfalten ihre Wirkung im ZNS. Sie sorgen für eine generelle Erschlaffung der Muskulatur, ohne dass eine Lähmung ausgelöst wird. Sie werden bei Spasmen und Verspannungen der quergestreiften Skelettmuskulatur eingesetzt. Bei einem Lumbalsyndrom werden hauptsächlich die Wirkstoffe Methocarbamol (z. B. Ortoton® von Recortati, Methocarbamol®750 mg neuraxpharm, u.a.) oder Pridinol (Myditin® von Trommsdorff GmbH & Co. KG) verordnet.

Muskelrelaxantien können akute Rückenschmerzen kurzfristig lindern. Es ist jedoch nicht nachgewiesen, dass sie bei chronischen Kreuzschmerzen helfen. Dafür können sie Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Benommenheit hervorrufen. Dies kann die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen und bei älteren Menschen das Sturzrisiko erhöhen. Auch für Menschen, die mit Maschinen umgehen, kann die Einnahme solcher Medikamente problematisch sein. Muskelrelaxantien aus der Gruppe der Benzodiazepine können zudem abhängig machen. Zum Glück treten solche Begleiterscheinungen bei unserer PTA nicht auf. 

Das Problem an der Wurzel packen

Eine Woche später, nach den ersten Physiotherapiestunden, nach viel Wärme und Medikamenten ist die PTA Gott sei Dank wieder einsatzfähig. Allerdings hat sie sich fest vorgenommen, besser auf ihren Rücken zu achten. Ab sofort will sie immer schön in die Knie gehen, wenn sie schwere Kisten heben muss. Vorerst hält sie sich von den „gefährlichen“ Großhandelskisten lieber noch ein bisschen fern…

Zu Fasching (=Karneval) ziehen die sogenannten „Gmoahexn“ durch den Ort, um am Donnerstag – mancherorts „Weiberfastnacht“ genannt – möglichst viele Krawatten abzuschneiden. Als die Hexengilde auch in der Apotheke auftaucht, stellt die PTA die Gmoahexn gleich zur Rede, welche der Damen denn für ihre Malaise verantwortlich sei. Tatsächlich meldet sich eine der Krawattenjägerinnen und bekennt sich kleinlaut schuldig. Alle zusammen sprechen nun den erlösenden Gegenzauber! Jetzt kann es nur besser werden ;-)

Und wenn sie nicht gestorben ist, dann arbeitet unsere PTA in der kleinen Dorfapotheke noch heute…
 
Habt ihr schon einmal Ähnliches erlebt? Was macht ihr, um Euren Rücken in der Arbeit zu schonen?

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