Langer Arbeitsweg – eine richtige Entscheidung?

Während eine:r zu Fuß in die Apotheke geht, nimmt ein:e andere:r einen langen Arbeitsweg in Kauf. Was motiviert die Menschen in ihrer bisherigen Apotheke zu bleiben? Die Apothekenspitzel:in sucht Antworten.

17.571 Apotheken gibt es aktuell in Deutschland, da ist für jedes pharmazeutische Talent etwas dabei – könnte man meinen. Doch während in Großstädten bzw. in Ballungsgebieten die Apothekendichte relativ hoch und damit die Auswahl an potenziellen Arbeitgebern groß ist, sieht es in ländlicheren Gegenden anders aus. Wenn es dort in einer Apotheke aus irgendeinem Grund nicht funktioniert oder man einen neuen Wirkungskreis sucht, stellen sich schnell weitere Fragen: Was gibt es denn noch in der Umgebung? Bin ich bereit, täglich eine längere Strecke zu fahren? Wie kann ich das tägliche Pendeln mit der Kinderbetreuung vereinbaren? Letzteres ist für Eltern, insbesondere für Mütter, die den Großteil der Care-Arbeit übernehmen, von großer Bedeutung.

Die verschiedenen Faktoren sind nicht zu unterschätzen und angesichts der steigenden Kosten für Benzin und öffentliche Verkehrsmittel dürfte sich das auch finanziell erstmal nicht lohnen. Es sei denn, der Arbeitgeber stellt monatlich einen Tankgutschein zur Verfügung bzw. übernimmt die Fahrtkosten und zahlt ein sehr gutes Gehalt. Dann könnte es eventuell ein Anreiz sein. Aber auch dann muss der potenzielle neue Job erstmal zur Lebenssituation passen. Und will man trotzdem lange fahren? Das ist auch (vergeudete) Lebenszeit.

Jeder hat seine Gründe...

Ich komme diesbezüglich häufig mit anderen Kolleg:innen ins Gespräch, denn nicht selten schauen mich Leute verwundert an, warum ich denn aus der attraktiven Großstadt extra rausfahre um in einer ländlicheren Apotheke zu arbeiten. Es sind 13 km für eine einfache Fahrt. Klar, ich könnte sicherlich in der Großstadt etwas in zwei bis fünf Kilometer Umgebung finden. Es gibt in meinem Umkreis viele Apotheken. Aber erstens fühle ich mich da sehr wohl. Ich habe schon viele Apotheken gesehen, die teilweise sehr chaotisch waren, von Struktur und Ordnung keine Spur. So arbeite ich nicht. Auch das Team ist einfach super. Und ganz ehrlich, ich fahre in 20 Minuten mit dem Auto zur Apotheke. Die Strecke ist sehr entspannt, da der Verkehr antizyklisch ist.

Wenn ich morgens in „meiner“ Stadt arbeiten würde, würde es auch 15 bis 30 Minuten dauern, da es zu viel Verkehr gibt. Auch mit denen Bahnen ist es nicht unbedingt immer schneller. Letztens wollte eine Kundin eine Empfehlung für eine Physiotherapie. Da ich nicht aus der Gegend komme, konnte ich ihr nicht direkt weiterhelfen. „Ich bin nicht von hier, ich komme aus Stadt B“, sagte ich. Sie schaute mich beeindruckt an und entgegnete: „Wow! Dann müssen Sie ihren Job lieben“. (So ist es!😉)

Das ist ja gar nichts im Vergleich zu meiner Kollegin: Sie fährt für eine einfache Strecke 40 km, das sind circa 40 bis 45 Minuten mit dem Auto. Da musste ich auch erstmal verwundert schauen. Sie erzählte mir, dass sie unsere Apotheke einfach mag und klar habe sie sich schonmal umgeschaut und sogar einen Sprung in eine andere Apotheke gewagt. Aber das war dort wohl eine mittelmäßige Katastrophe gewesen, sodass sie wieder schnell zurück in unsere Apotheke gefunden hat.

Manchmal wollen es Apothekenmitarbeiter:innen aber auch vermeiden, die Kundschaft im privaten Alltag nochmal zu begegnen, was ich durchaus berechtigt finde. Daher entscheiden sie sich gegen einen Job in unmittelbarer Wohnortnähe. Eine andere PTA-Freundin hingegen läuft zu ihrer Apotheke, sie braucht nur fünf Minuten und schätzt es sehr, dass sie schnell zu Hause ist und in der Mittagspause kochen und dann gemeinsam mit ihrem kleinen Sonn essen kann.

Fakt ist aber auch: Pendeln ist ungesund

Das Pendeln kann zwar in der Steuererklärung geltend gemacht werden, das ändert aber nichts daran, dass ein langer Arbeitsweg auch Lebenszeit bedeutet. Es kann auch krank machen, denn das ständige Fahren kann auf die Nerven gehen, im wahrsten Sinne des Wortes. Untersuchungen der Techniker Krankenkasse (TK) zeigen, dass es zu psychischem Stress führen und kritisch für die Gesundheit werden kann, wenn der einfache Arbeitsweg mehr als 45 Minuten dauert. Auch der Körper leidet: „Zahlreiche Untersuchungen belegen inzwischen, dass Pendler häufiger unter Rücken- und Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden und anderen funktionellen Beschwerden leiden. Zudem gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Herzinfarkt- und Adipositas-Risiko“, erklären die Gesundheitsexperten der TK.

Wie auch immer – ich denke, dass jede berufliche Situation in die individuelle Lebenssituation passen muss, auch wenn wir es als Außenstehende:r nicht immer nachvollziehen können, ob die Entscheidung „gut“ oder „richtig“ ist. In jedem Fall sollte aber unsere Gesundheit darunter nicht leiden.

Wie lange brauchst du zur Arbeit? Was ist deine persönliche Grenze für den Arbeitsweg? Schreibe deine Meinung in die Kommentare!