Katastrophen und andere Kuriositäten
Die Welt ist voller Wunder, Irrtümer und Kuriositäten – auch wenn es um die Gesundheit geht. AMIRA hat einige Beispiele zusammengetragen, die zeigen, welch seltsame Wendungen das Bemühen um menschliches Wohlergehen nehmen kann…
Weißes Blut, schwarzes Blut?
Da war zum Beispiel Charles Drew, ein amerikanischer Arzt und Transfusionsmediziner. Drew führte die noch heute gebräuchliche Trennung von Blutplasma und Zellkonzentrat ein, leitete im 2. Weltkrieg das Projekt „Blood for Britain“ und stand dem amerikanischen Roten Kreuz vor. Den Posten gab er aus Protest gegen die damals übliche, aber wissenschaftlich absurde Praxis auf, dass verletzte weiße Soldaten nur Blut von Weißen, schwarze Soldaten nur solches von Farbigen erhielten.
„Geisteskrank“? Das sind die anderen…
In den 1950er Jahren behandelte ein Psychiater drei paranoid-schizophrene Patienten, von denen jeder glaubte, er sei Jesus Christus. Um zu sehen, ob sich ihre Überzeugungen ändern würden, wenn sie sich gegenseitig mit ihrem Auserwählten-Status konfrontierten, steckte er sie zusammen in einen Raum. Jeder für sich gelangte zu dem Schluss, dass die beiden anderen Männer geisteskrank waren. 2017 wurde der Stoff mit Richard Gere als Psychiater und Peter Dinklage als Messias auf die Leinwand gebracht.
Große Karriere, dann der Absturz
Im Jahr 1898 brachte Bayer einen echten Gamechanger auf den Markt: Diacetylmorphin, das zuvor von dem Chemiker und Pharmazeuten Felix Hoffmann im Wuppertaler Werk des Unternehmens synthetisiert worden war. Das Mittel wurde in einer internationalen Werbekampagne gegen eine ganze Reihe von Beschwerden angepriesen, darunter Husten, Bluthochdruck, Schmerzen und zur Linderung der Suchtfolgen bei Opium- oder Morphinmissbrauch. Es machte große Karriere, bis Bayer das Medikament 1931 schließlich vom Markt nahm. Sein Handelsname: Heroin.
Brutaler Eingriff
Wesentlich brutaler verlief das, was unter dem Begriff „Lobotomie“ betrieben wurde. Die Lobotomie ist ein neurochirurgischer Eingriff, bei dem die Nervenverbindungen zwischen dem Thalamus und dem Frontallappen sowie Teile der grauen Substanz im Gehirn durchtrennt werden. Das Verfahren galt zeitweise als Königsweg zur Schmerzausschaltung und bei extrem schweren Fällen psychischer Erkrankungen, insbesondere bei Psychosen und Depressionen mit starker Unruhe. Als Folge der Lobotomie tritt eine Persönlichkeitsänderung mit Störungen des Antriebs und der Emotionalität auf. In den 40-50er Jahren war es in England und den USA weit verbreitet, wurde dann aber schrittweise aufgegeben. Heute gilt es als warnendes Beispiel für die Missachtung von Patientenrechten und medizinische Barbarei. Unvorstellbar? Nicht für das Nobelkomitee. Es verlieht dem Begründer der Methode, dem portugiesischen Neurologen António Egas Moniz im Jahr 1949 den Nobelpreis.
Schicksal oder nicht?
Etwa 60 Prozent der Krebserkrankungen, so der heutige Stand der Wissenschaft, entstehen durch nicht veränderbare Risikofaktoren. Mit anderen Worten: Sie sind nicht auf einen bestimmten Lebensstil zurückzuführen und lassen sich nicht verhindern. Auch nicht durch Ernährungsumstellungen und Vitaminzufuhr. Schicksal! Schicksal? Seien wir ehrlich – diese Angabe schwankt über die Jahrzehnte. Und es ist allemal klug, seine Risikofaktoren zu kennen, sie zu kontrollieren und nicht fatalistisch zu ignorieren.
Dicke Luft in London
Die ständig gesenkten Grenzwerte zu Abgasen im Auspuffqualm unserer Autos erinnern uns daran, dass wir alle kurz vor dem Exitus stehen. Das mag man letztlich so sehen oder auch anders. Relativieren lassen sich heutige Ängste um unsere Gesundheit mit einem Blick in die Vergangenheit, etwa ins London des Jahres 1952. Seinerzeit suchte eine fünftägige Smog-Katastrophe die englische Hauptstadt heim. Die Luft war so voller Abgase und Dreck, dass fast 4.000 Menschen starben. Einige von ihnen aber nicht wegen ihrer Atemprobleme, sondern weil sie wegen der schlechten Sicht in die Themse stürzten und ertranken.