Das grüne Kreuz für Apotheken – Zeit für ein bisschen Bling-Bling?
Eine aus dem Urlaub zurückkehrende Kollegin berichtet darüber, was inzwischen so alles auf dem grünen Kreuz passiert, das in vielen anderen Ländern für „Apotheke“ steht. Unsere Spitzelin macht sich Gedanken: Sollte es bei uns auch mehr blinken?
So langsam trudeln bei uns die letzten Sommerurlauber aus dem Apothekenteam wieder ein. Braungebrannt, gut erholt, ausgestattet mit neuen Eindrücken. So wie Kollegin Moni. Die war auf einer berühmten spanischen Ferieninsel und berichtete ausführlich von Strand, Sonne, Spaß im Wasser, super Essen. Und vom grünen Kreuz, das jedem zeigt, dass darunter eine Apotheke ihre Dienste anbietet. „Irre Sache“, meinte die Kollegin und schilderte anschaulich, was auf dem Kreuz so alles abgeht.
„Es wird nämlich inzwischen wie ein Display genutzt“, erzählte sie. „Du glaubst es nicht, da wurde ein regelrechtes Feuerwerk abgebrannt aus Blinken, Blitzen, Ballern, da tanzten Pillen Ballett, echt witzig. Mir persönlich war das ein bisschen zu viel, aber anzuzeigen, wann die eigene Apotheke geöffnet ist, wo die nächste Notdienst-Apotheke Dienst schiebt, ein paar (wenige) OTC-Schnapper oder Infos zum Wetter – das finde ich okay. Das hilft bestimmt, mit der Kundschaft noch besser in Kontakt zu treten, jedenfalls was junge Menschen betrifft, für die kann‘s ja nie bewegt und aufgeregt genug sein“, meinte sie. Und dann: „Tja, bei uns wird das wohl nix, wir haben ja unser rotes A“.
Stimmt, das haben wir. Und was Moni schilderte, habe ich in anderen Ländern auch schon oft gesehen: Grünes Kreuz, Displaytechnik drin, los geht‘s. Da stellt sich in mir die Frage: Unabhängig vom Unterhaltungswert – warum haben wir eigentlich nicht das grüne Kreuz, das international fast überall verwendet wird?
Das grüne Kreuz – Verständlichkeit
Schließlich ist eines der stärksten Argumente für das grüne Kreuz die internationale Verständlichkeit. Das habe ich noch vor kurzem erlebt, als eine Kundin aus Spanien (keine Ahnung, ob die hier Urlaub machen wollte …) vor mir am HV-Tisch stand und etwas gegen ihre Menstruationsbeschwerden kaufen wollte. Das lief auf Englisch ab und es funktionierte. Im Laufe des Gesprächs kam aber auch raus, dass sie etwas Zeit gebraucht hatte, um zu verstehen, dass hierzulande kein grünes Kreuz, sondern ein rotes „A“ für Apotheke steht.
Für uns ist seit Generationen klar, was der rote, gotische Buchstabe signalisiert. Aber was ist mit Menschen, in deren Sprache unsere Apotheke „Farmacia“, „pharmacy“ oder „pharmacie“ heißt und die deshalb mit einem großen, roten A wenig anfangen können? Okay, ich gebe zu: Einmal gelernt, dann weiß man es. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass es für Reisende, Expats oder Menschen, die neu in Deutschland sind – und das sind einige – eine Erleichterung wäre, wenn wir uns diesem internationalen Symbol anschließen würden. Es wäre ein mehr oder weniger „barrierefreies“ Signal, das ohne Worte sagt: „Hier gibt es medizinische Hilfe.“ Das grüne Kreuz steht europaweit für medizinische Versorgung und Sicherheit, überdies ist es schlicht und sieht modern aus. Was wäre im Sinne von Effizienz, Schnelligkeit und Eindeutigkeit also falsch daran, ein möglichst allgemein verständliches und akzeptiertes Zeichen zu verwenden?
Das rote „A“ – Identität
Natürlich hat das rote „A“ für uns Apotheken in Deutschland eine lange Tradition. Der Fernseh-Satiriker und Entertainer Jan Böhmermann meinte im Jahre 2022 gar, eine eher unrühmliche, weil das Zeichen zumindest in Teilen auf die Nazis zurückgehe. Stimmt so halb. Als ich meine Ausbildung gemacht habe, habe ich eher gelernt, dass es für Professionalität, Vertrauen und die jahrhundertelange Geschichte unseres Berufsstands steht. Das rote „A“ ist unverwechselbar. In einer Welt, in der vieles immer gleicher aussieht, sticht es heraus – das ist durchaus positiv. Es steht für Tradition und das persönliche, vertraute Verhältnis zu unseren Kundinnen und Kunden, gerade bei älteren Menschen, die genau das an uns schätzen. Es kann durchaus sein, dass das grüne Kreuz diesen besonderen Charakter verwässern würde. Das „A“ aufzugeben, wäre für manche vielleicht gleichbedeutend mit dem Verlust eines vertrauten Ankerpunkts. Aber irgendwann hätte man sich auch daran gewöhnt.
Zumal ich mich frage: Wer von den Jüngeren kann eigentlich noch was mit den Symbolen Schlange, Äskulapstab und Schale anfangen? Ich könnte jetzt böse werden und über Bildungsversagen lamentieren, etwa, dass es für heutige Generationen besser wäre, wir würden die drei Symbole gegen ein sprühendes Nasenspray ersetzen, das würden sie eher kapieren. Aber lassen wir das.
Ein Wechsel würde teuer
Selbstredend ist mir klar, dass jede Veränderung mit Aufwand verbunden ist. Ein Wechsel zum grünen Kreuz würde bedeuten, dass wir nicht nur unser Außenschild, sondern auch Werbematerialien, Packungen und zig andere Dinge anpassen müssten – teuer, teuer.
Außerdem ist fraglich, ob der Deutsche Apothekerverband, bei dem die Rechte für das Logo liegen und der über dessen korrekte Verwendung penibel wacht, ein Interesse hätte, es aufzugeben bzw. zu ändern. Damit verbunden wären ein völlig anderer Auftritt und eine Abkehr von der bisherigen Identität. Ich glaube nicht, dass der Verband Lust auf sowas hat. Allerdings könnte sich ein Logo-Wechsel auch als Vorteil erweisen, denn ein neues Symbol würde Modernität ausstrahlen und die Bereitschaft signalisieren, sich von Althergebrachtem zu lösen, Reformfähigkeit zu beweisen und Neues anzustreben. Vielleicht keine schlechten Voraussetzungen, um von Politik und Bevölkerung als zukunftsfähig wahrgenommen zu werden. Und sündteure Entwürfe von Markendesignern könnte man sich auch sparen, denn ein solches Logo gibt´s ja bereits: grün ist es und es hat die Form eines Kreuzes.
Nice to have
Mein Apotheken-Alltag bewegt sich zwischen Tradition und Modernisierung, manchmal schubweise. Und ganz bestimmt ist die Logo-Frage keine vordringliche in diesem Alltag. Ein grünes Kreuz an der Wand würde nämlich weder die Personalnot, den Medikamentenmangel noch die Einnahmedefizite beheben. Gleichzeitig habe ich Respekt vor der langen Geschichte des roten „A“, das für viele Menschen ein Symbol von Kompetenz und Verlässlichkeit ist. Ums kurz zu machen: Ich bin unentschieden in dieser Sache, gegen ein bisschen Geblinke und etwas mehr Leben an unserer Fassade hätte ich aber nichts einzuwenden. So wie Kollegin Moni auch. Muss ja nicht gleich wie im Zirkus sein. Aber „nice to have“ wär‘s schon, und im nächsten Urlaub werde ich mal verstärkt darauf achten, was sich auf den grünen Kreuzen so alles abspielt.
Vielleicht leben wir auch in Sachen „A“ vs. „grünes Kreuz“ in einer Übergangsphase. In mancher großen deutschen Stadt sieht man vermehrt beide Symbole zusammen an der Fassade. Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich die Sache weiterentwickelt.
Und du? Wie siehst du die Sache? Grünes Kreuz – ja oder nein?