Wochenrückblick: Kontroverse um Lieferengpässe, neues NEM, gefährliche Facebook-Gruppe

Letzten Herbst gab es ein großes Thema – fehlende Fiebersäfte. Droht für dieses Jahr ein ähnliches Szenario? Die Prognosen dazu gehen auseinander. Eindeutig ist die Meinung zu einer Facebook-Gruppe, die sogar das BfArM auf den Plan gerufen hat.

Kinder-Antibiotika und Fiebersäfte: BfArM gibt Entwarnung

Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, warnte in der vergangenen Samstagsausgabe der „Rheinischen Post“ angesichts der heraufziehenden Erkältungssaison vor drohenden Engpässen bei bestimmten Medikamenten. „Ein Ende der Lieferprobleme ist nicht absehbar“, erklärte Preis. Besonders besorgniserregend sei die derzeitige Knappheit an Antibiotika, obwohl die kalte Jahreszeit mit vermehrten Atemwegsinfektionen noch gar nicht begonnen habe. Auch Antibiotika-Säfte seien betroffen. Insgesamt seien rund 500 Medikamente aktuell nicht lieferbar, so Preis. Das seit 2023 geltende Lieferengpassbekämpfungsgesetz habe bisher kaum Wirkung gezeigt, bemängelte Preis. „Politik und pharmazeutische Hersteller müssen endlich für stabile Lieferketten sorgen“, forderte er.  
 
Anders als noch vor einem Jahr sieht das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Versorgung mit Kinder-Antibiotika und Fiebersäften in diesem Herbst allerdings entspannter. Die Versorgung mit Antibiotika sei weitgehend stabil, Engpässe bei Penicillin V würden bis Ende Oktober 2024 behoben. Zudem seien Alternativen wie Amoxicillin verfügbar. Auch für Fiebersäfte wie Paracetamol und Ibuprofen meldet das BfArM keine Engpässe.  
 
AMIRA fragt: Wie ist die Situation in euren Apotheken?  

Entdeckung neuer Blutgruppe könnte Leben retten

Forschende des NHS Blood and Transplant Labors in Großbritannien haben nach über 50 Jahren eine neue Blutgruppe namens MAL entdeckt, indem sie das Antigen AnWj entschlüsselt haben. Während 99,9 % der Menschen AnWj-positiv sind, kann eine falsche Bluttransfusion bei AnWj-negativen Personen schwere Reaktionen auslösen. Die Entdeckung ermöglicht es nun, Menschen mit dieser seltenen Blutgruppe zu identifizieren und passende Spender zu finden. Genotypisierungstests sollen die Behandlung von Patient:innen mit dieser Blutgruppe verbessern, was zukünftig viele Leben retten könnte.

Neues Nahrungsergänzungsmittel unterstützt Erhöhung des Eisenspiegels 

SiderAL®, ein neues orales Eisenpräparat von Fresenius Kabi, bietet laut Hersteller dank einer innovativen sucrosomalen Formulierung eine hohe Bioverfügbarkeit. Es reduziere zudem gastrointestinale Irritationen wie Magenbeschwerden oder Verstopfungen. Das klinisch getestete Präparat ist in zwei Stärken (14 mg, 30 mg) erhältlich, enthält dreiwertiges Eisen und wird durch die Schutzhülle erst im Darm absorbiert, was die Verträglichkeit verbessern soll. Die Sachets sind für verschiedene Gruppen, darunter Schwangere und Sportler:innen, geeignet und können ohne Wasser und unabhängig von Mahlzeiten eingenommen werden. SiderAL® ist vegan, gluten- und laktosefrei.

(Foto: Fresenius Kabi)

Freie Apothekerschaft meldet Medikamentenflohmarkt auf Facebook 

Die Freie Apothekerschaft hat nach eigenen Angaben entdeckt, dass in einer Facebook-Gruppe apotheken- und verschreibungspflichtige Medikamente illegal zwischen privaten Nutzer:innen verkauft werden. Dies sei nicht nur gefährlich, sondern auch strafbar, wie Rechtsanwälte bestätigten. Der Verein habe Facebook, die Bundesnetzagentur und andere Behörden über den Verstoß gegen das Arzneimittelrecht informiert. Während das BfArM den Verstoß bestätigte, haben die Bundesnetzagentur und die Bezirksregierung Detmold bisher keine Maßnahmen ergriffen. Die Apothekerschaft fordert nun das Eingreifen weiterer Behörden.

Gefahr von Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen nimmt zu

Eine umfassende, in der Fachzeitschrift Lancet veröffentlichte Studie prognostiziert, dass bis 2050 weltweit mehr als 39 Millionen Menschen an Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen sterben könnten. Zudem könnten bei weiteren 169 Millionen Todesfällen resistente Erreger eine Rolle spielen. Als Hauptursache für diese Zunahme gilt der übermäßige und unsachgemäße Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin. Das Forschungsteam der University of Washington analysierte demnach 520 Millionen Datensätze von 1990 bis 2021, um die künftige Entwicklung der Resistenzen zu modellieren. Das Ergebnis zeigt, dass jährlich mehr als eine Million Mensch en an resistenten Keimen sterben.  

Während die Sterblichkeit bei Kindern unter fünf Jahren durch Impfkampagnen und bessere Hygiene um 50 % sank, stieg sie bei Menschen über 70 Jahren um 80 %. Bis 2050 könnte die Zahl der jährlichen resistenzbedingten Todesfälle auf 1,91 Millionen steigen, und Fälle, in denen multiresistente Keime eine Rolle spielen, könnten sich auf 8,22 Millionen erhöhen. Die Forschenden betonen die Notwendigkeit neuer Strategien, wie Impfstoffe, neue Medikamente und eine verbesserte Anwendung von Antibiotika, um die Krise zu bewältigen. Sie betreffe nicht nur ärmere Länder, sondern auch Industrienationen wie die USA und Kanada. Besonders starke Zunahmen der Todesfälle würden bis 2050 in Südasien, Lateinamerika und der Karibik erwartet.

„Wie eine Alarmanlage, die das Immunsystem aktiviert“: Drei Forscher für Entdeckung ausgezeichnet

Drei Forscher, Andrea Ablasser, Glen Barber und Zhijian James Chen, erhalten den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis 2025 für ihre Entdeckung des cGAS-STING-Signalwegs, einem zentralen Mechanismus des angeborenen Immunsystems. Das teilte der Stiftungsrat in dieser Woche mit. Der entdeckte Signalweg wirke wie eine Alarmanlage, die das Immunsystem aktiviere, wenn DNA durch Infektionen, Krebs oder zellulären Stress ins Zellplasma eindringe. Die Forschungsergebnisse der Preisträger, die zwischen 2008 und 2013 veröffentlicht wurden, eröffnen neue Ansätze zur Behandlung von Infektionen, Krebs und entzündlichen Erkrankungen. Der Preis zählt zu den renommiertesten Medizinpreisen in Deutschland. Viele Gewinner des seit 1952 verliehenen Preises erhielten später auch den Nobelpreis.

Gute Neuigkeiten für Säuglinge mit RSV

Nachdem sich Krankenkassen und Ärztevertretungen auf Kostenübernahme geeinigt haben, können Säuglinge nun kostenfrei über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) mit dem Antikörper-Wirkstoff Nirsevimab immunisiert werden. Dies folgt einer Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums und einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). RSV ist eine häufige Ursache für Atemwegserkrankungen bei Säuglingen, die jährlich etwa 25.000 Krankenhausaufenthalte verursachen. Die Impfung soll schwere Verläufe, Krankenhausaufenthalte und Todesfälle verhindern sowie Überlastungen in Arztpraxen und Kliniken vermeiden. Säuglinge sollten je nach Geburtszeitraum möglichst vor ihrer ersten RSV-Saison immunisiert werden. 
 
AMIRA rät: Wenn ihr junge Mütter unter euren Kunden habt, ratet ihnen doch einfach, beim Kinderarzt nach der Impfung zu fragen.