Cannabis und Fahrtüchtigkeit: Neuer Grenzwert

Der Konsum von Cannabis im Straßenverkehr birgt Risiken. Besonders wichtig: der oft unterschätzte Mischkonsum mit Medikamenten, der zu gefährlichen Wechselwirkungen führen kann. Hier kommen Tipps für die Beratung.

Seit dem 22. August 2024 gelten neue Grenzwerte für den Konsum von Cannabis im Straßenverkehr. Der THC-Grenzwert im Blut wurde auf 3,5 ng/ml angehoben – eine Anpassung, die an mehr als einer Stelle zu Diskussionen führte. Doch was bedeutet das konkret für den Apothekenalltag, wenn Patientinnen und Patienten offene Fragen zur Fahrtauglichkeit nach Cannabiskonsum haben?

Cannabis und Verkehr: Ein gefährlicher Mix

Zunächst einmal: Cannabis am Steuer ist immer ein Risiko. Schon eine geringe Menge Tetrahydrocannabinol (THC) beeinträchtigt die Fahrtüchtigkeit erheblich. Die Konzentration lässt nach, die Reaktionszeit verlängert sich und die Bewegungskoordination wird gestört. Besonders heikel wird es, wenn das Sehvermögen beeinträchtigt ist – wie etwa durch eine schlechtere Tiefenwahrnehmung. Gerade im Straßenverkehr kann das fatale Folgen haben, da Abstände und Geschwindigkeiten falsch eingeschätzt werden.

Der neue Grenzwert liegt bei 3,5 ng/ml – trotzdem ist es wichtig, die Patientinnen und Patienten darauf hinzuweisen, dass die Fahrtüchtigkeit selbst unterhalb dieses Wertes bereits eingeschränkt sein kann, ähnlich wie bei der 0,5-Promille-Grenze bei Alkohol. Lasse daher nicht unerwähnt, dass nach Cannabiskonsum mindestens 24 Stunden vergehen sollten, bevor man sich wieder hinters Steuer setzt – das gilt selbstverständlich auch für medizinisches Cannabis.

Vorsicht beim Mischkonsum: Wechselwirkungen mit Medikamenten

Ein Thema, das ihr unbedingt ansprechen solltet, ist der Mischkonsum von Cannabis mit Medikamenten. Viele Kunden unterschätzen, wie stark diese Kombination ihre Fahrtüchtigkeit gefährden kann. Der Grund: Cannabis beeinflusst die Wirkung zahlreicher Arzneimittel. Cannabinoide wie THC und Cannabidiol (CBD) interagieren mit wichtigen Enzymen in der Leber, die für den Abbau von Medikamenten zuständig sind, wie den Cytochrom-P450-Enzymen. Dadurch kann der Abbauprozess vieler Medikamente entweder beschleunigt oder verlangsamt werden. In der Folge können Nebenwirkungen verstärkt oder abgeschwächt auftreten – was im Straßenverkehr zu gefährlichen Situationen führen kann.


Eine gleichzeitige Einnahme von (medizinischem) Cannabis mit bestimmten Arzneimitteln kann zu Wechselwirkungen führen.

Ein Beispiel: Schmerzmittel oder Antidepressiva, die oft über das Enzym CYP3A4 verstoffwechselt werden, können in Kombination mit Cannabis eine stark veränderte Wirkung zeigen. Auch Antipsychotika oder Blutdrucksenker sind betroffen. Der Konsum von THC kann hier zu unvorhersehbaren Reaktionen führen, wie verminderter Konzentration oder verlängerten Reaktionszeiten.

Wie kann man das Thema in der Apotheke am besten ansprechen?

Ein offenes Gespräch ist hier der Schlüssel. Frage aktiv nach, ob regelmäßig Cannabis konsumiert wird – egal ob medizinisch oder freizeitmäßig – und besprecht mögliche Wechselwirkungen. Informiere dich darüber, dass THC und seine Abbauprodukte lange im Körper nachweisbar sind, oft mehrere Wochen nach dem letzten Konsum. Das bedeutet, dass selbst nach einmaligem Konsum noch Restmengen im Blut vorhanden sein können, die bei Verkehrskontrollen zu Problemen führen. Besonders gefährlich wird es, wenn Alkohol im Spiel ist. Der Mischkonsum von THC und Alkohol erhöht die Unfallgefahr dramatisch. Hier drohen auch härtere Strafen: 1000 Euro Bußgeld, ein Monat Fahrverbot und zwei Punkte im Verkehrszentralregister. Wird lediglich ein erhöhter THC- Wert über 3,5 Nanogramm festgestellt, wird das mit 500 Euro, einem Monat Fahrverbot und zwei Punkten geahndet.

Fazit: Keine halben Sachen – vollständige Aufklärung ist wichtig

Cannabis und Verkehr – das bleibt eine riskante Kombination, selbst mit den angepassten Grenzwerten. Du als Apothekenpersonal spielst eine wichtige Rolle in der Aufklärung und Beratung der Kundschaft. Nimm dir die Zeit, um über die Risiken aufzuklären, insbesondere beim Mischkonsum mit Medikamenten. Denn wer Cannabis konsumiert und Medikamente einnimmt, muss sich der möglichen Wechselwirkungen bewusst sein, um sich und andere nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Apothekenteams können hier einen wertvollen Beitrag leisten, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Missverständnisse zu vermeiden.