Geht das schneller? Mein Bus kommt!

Geduld ist für viele ein Fremdwort geworden, findet die Apothekenspitzel:in. Es gibt vielerorts lange Wartezeiten, gleichzeitig soll aber alles auch schnell gehen. Quo vadis Gesellschaft?

Können wir es bitte wieder normalisieren, dass gute Arbeit Zeit braucht? Im hektischen Apothekenalltag kommen regelmäßig Kundinnen und Kunden rein, die anscheinend unter chronischem Zeitmangel leiden. Schon legen Sie ihre Gesundheitskarte oder ein Papierrezept vor, kommt nach zwei Sekunden die Frage: „Haben Sie es da?“ Äh, entschuldigen Sie bitte, ich muss das erstmal eingeben und überprüfen. Das geht nicht in zwei Sekunden. Wenn die Apotheke voll steht und noch Personalmangel herrscht (vor allem bei Krankheitswellen und Urlaubsphase), kann es spaßig werden. Wir kennen alle den Druck in diesen Situationen und geben trotzdem immer unser Bestes – und nein, wir trödeln nicht!

Kommentare wie „Geht das schneller? Mein Bus kommt“ können uns wirklich erspart bleiben. Meistens kommt der Bus doch im 5- oder 10-Minuten-Trakt (wenn man nicht gerade auf dem Land lebt…), kann man da nicht einfach den nächsten Bus nehmen? Die Leute schauen sich stundenlang sinnfreie Social-Media-Videos an, aber fünf Minuten Zeit für eine angemessene Gesundheitsberatung haben sie nicht. 

Rezepturen dauern Vielen auch zu lange

Als Berufsanfängerin habe ich das naiv mitgemacht (Stichwort Kunde ist König), aber NEIN – ich lasse mich nicht mehr von Kundinnen und Kunden unter Druck setzen. Schnelligkeit und auch Hastigkeit können Fehler begünstigen. Vor allem in unserem Bereich kann das gesundschädliche Konsequenzen haben. Ich möchte nicht für Fehler verantwortlich sein, nur weil jemand seinen Bus kriegen möchte. Hallo, geht es noch?!

Bei den Rezepturen beobachte ich noch ein anderes Phänomen. Als ich noch neu im Job war, haben wir viele Rezepturen manchmal sogar noch am gleichen Tag, meistens aber zum nächsten Werktag fertiggestellt. Durch die ganzen Lieferengpässe und auch den Personalmangel dauert die Herstellung heute teilweise drei und mehr Werktage. Viele Leute schreckt das ab „So lange dauert das?“, manche sind aber auch froh, dass wir das Medikament überhaupt herstellen (können). Nicht selten erzählen Kundinnen und Kunden von anderen Apotheken, die sie aus diversen Gründen abgewiesen haben. 

Dann gibt es aber noch solche Leute, die mit uns eine schnelle Herstellung der Rezeptur vereinbaren, da dringend benötigt. Wir versuchen dann auf Biegen und Brechen das zu ermöglichen. Zwei Tage danach liegt sie immer noch im Abholregal und wartet mitgenommen zu werden. Hauptsache erstmal alle stressen – und dann nicht abholen. Ich lieb’s!

Warum die Menschen keine Geduld mehr haben

In der heutigen schnelllebigen Welt scheint es mir, als ob die Menschen immer weniger Geduld haben. Ein wesentlicher Grund dafür sehe ich in der allgegenwärtigen Technologie, die uns an sofortige Befriedigung gewöhnt hat. Mit nur einem Klick können wir Informationen abrufen, Einkäufe tätigen oder mit Freunden kommunizieren. Diese ständige Verfügbarkeit und der schnelle Zugang zu allem, was wir brauchen, haben unsere Erwartungen verändert. Wir sind es gewohnt, sofortige Ergebnisse zu sehen, und wenn etwas länger dauert, als wir es gewohnt sind, fühlen wir uns schnell frustriert.

Ein weiterer Faktor ist das hohe Tempo unseres Lebensstils. Viele Menschen jonglieren mit beruflichen Verpflichtungen, familiären Aufgaben und sozialen Aktivitäten, was zu einem ständigen Gefühl der Eile führt. In einer solchen Umgebung ist es schwierig, geduldig zu bleiben, wenn etwas nicht nach Plan verläuft oder Verzögerungen auftreten.

Ich denke, Stress und Überlastung spielen ebenfalls eine große Rolle. Wenn wir gestresst sind, neigen wir dazu, weniger tolerant gegenüber Unannehmlichkeiten und Verzögerungen zu sein. Unser Gehirn ist darauf programmiert, in stressigen Situationen schnell zu reagieren, was oft zu Ungeduld führt. Auch die sozialen Medien tragen zu diesem Phänomen bei. Plattformen wie Facebook, Instagram und TikTok fördern kurze, schnelle Inhalte, die unsere Aufmerksamkeitsspanne verkürzen. Wir sind es gewohnt, in wenigen Sekunden durch eine Vielzahl von Informationen zu scrollen, was unsere Fähigkeit, geduldig auf längere Prozesse zu warten, beeinträchtigt.

Mein persönliches Fazit: Wir sollten geduldiger mit uns und den Mitmenschen sein und uns auch mal selbst hinterfragen. Das Leben ist zu kurz um sich von anderen stressen und unter Druck setzen zu lassen. Es gilt hier die goldene Mitte zu finden, um auch weiterhin gute Arbeit (nicht nur in der Apotheke) zu leisten.

 

AMIRA fragt: Wie ist es in eurer Apotheke? Wie gehst du mit hetzenden Kundinnen und Kunden um? Schreibe deine Erfahrungen zum Thema Wartezeiten in die Kommentare!