Die Sache mit der Wertschätzung

Neben dem Gehalt spielt auch die erfahrene Wertschätzung im Job eine große Rolle, produktiv und motiviert zu sein, findet die Apothekenspitzel:in. Manche Chefs sehen das anscheinend anders.

Wir sind die ersten Ansprechpartner für Patient:innen, die Beratung und Unterstützung bei der Medikamenteneinnahme benötigen, manchmal Seelsorger:in, der Draht zur Arztpraxis – kurz: schnelle Problemlöser! Trotz unserer wichtigen und anspruchsvollen Tätigkeiten höre ich immer wieder von nicht wenigen Kolleginnen, dass sie sich nicht ausreichend wertgeschätzt fühlen. Dies zeigt auch eine Umfrage der Apothekengewerkschaft Adexa. Demnach haben neun von zehn pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) das Gefühl, dass ihre Arbeit nicht ausreichend gewürdigt wird. Dies kann frustrieren und demotivieren, was sich letztlich auch auf die Qualität der Patientenversorgung auswirken kann.

Woran liegt das?

Es gibt mehrere Gründe, warum wir Apothekenangestellte oft nicht die Anerkennung erhalten, die wir verdienen. Einer der Hauptgründe ist die hohe Arbeitsbelastung und der damit verbundene Stress. In vielen Apotheken herrscht Personalmangel, was bedeutet, dass die vorhandenen Mitarbeiter oft mehr Aufgaben übernehmen müssen, als sie bewältigen können. Vor allem dann wünscht man sich eine wertschätzende Arbeitskultur, denn die macht es einfacher, mit diesem Stress umzugehen.

Zudem wird die Arbeit in der Apotheke von der Öffentlichkeit häufig unterschätzt. Viele Menschen sehen nur die Medikamentenausgabe und uns als „Schubladenzieher“ (ich mag diesen Begriff überhaupt nicht …) und sind sich nicht bewusst, wie viel Arbeit und Fachwissen hinter den Kulissen erforderlich ist. Auch haben wir leider keine starke Lobby, die sich für unsere Interessen einsetzt – da draußen kennt man uns einfach zu wenig!

Aber auch intern zeigen sich Stolpersteine im Umgang mit Apothekenpersonal. Natürlich ist das nicht überall so! Ich möchte aber jetzt auch nicht alles beschönigen, sondern nur ein realistisches Abbild vermitteln … zum Beispiel von Chefs, die meinen „mit 10-Prozent-über-Tarif speise ich die Mitarbeiterin ab und sie wischt dann noch den Staub auf den Regalen weg“ (sinngemäßer Wortlaut eines Apothekeninhabers!) oder „Retaxationen werden vom Gehalt abgezogen“ (Zitat eines ehemaligen Chefs von mir!). Habe ich alles schon erlebt und gehört. Für manche Inhaber ist soziale Intelligenz eben ein Fremdwort. Letzteres ist übrigens auch gar nicht rechtens.

Dabei kann z. B. ein nettes Fragen nach der Befindlichkeit, der kranken Mutter oder dem kaputten Auto kleine Wunder bewirken. Natürlich arbeiten wir alle, um Geld zu verdienen und unsere Rechnung zu bezahlen, aber wenn das Zwischenmenschliche nicht passt, dann hat man auch keinen Spaß auf der Arbeit. Und ich finde, wenn wir schon so viel Zeit auf der Arbeit verbringen, möchte ich auch mit einem guten Gefühl dahingehen. 

Wann wir uns wertgeschätzt fühlen

Menschen fühlen sich wertgeschätzt, wenn sie Anerkennung und Respekt erfahren. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen, etwa durch ehrliche Anerkennung ihrer Leistungen und Bemühungen, aufmerksames Zuhören und ernstnehmen ihrer Meinungen, sowie durch das Zeigen von Empathie und Mitgefühl. Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken, sowie Unterstützung anzubieten, wenn sie gebraucht wird, sind ebenfalls wichtige Faktoren. All diese Elemente tragen dazu bei, dass sich Menschen gesehen, gehört und geschätzt fühlen. Wie kann das im Apothekenalltag gelingen? 

Wege zu mehr Wertschätzung

Man staunt, wie wenig Inhaberinnen und Inhaber das Potential kleiner Geschenke erkennen. Hin und wieder kleine Aufmerksamkeiten zu erhalten, finde ich nicht schlecht. Es muss ja nicht immer etwas Großes sein! Schon Kleinigkeiten können für mehr Zufriedenheit sorgen. Vergangenes Jahr gab es beispielsweise kein Weihnachtsgeschenk bei uns. Meine Kollegin sagte mir, dass sie jetzt enttäuscht wäre.

Mal ein Kuchen, ein offenes Ohr, ehrliche Anerkennung für gute Leistung, Teamevents, Smalltalk, Snacks – das sind doch nette Möglichkeiten, das Team bei Laune zu halten. Boni, Gutscheine und eine proaktive Kommunikation der Gehaltserhöhung (beispielsweise, wenn die Tarifverhandlungen abgeschlossen wurden) sind weitere Möglichkeiten. In manchen Apotheken gibt es zum Geburtstag einen freien Tag, und wenn er auf den Sonntag fällt, dann hat man den Montag frei. Tolle Sache!

Was ich zum Beispiel auch gut finde, ist so frei wie möglich zu arbeiten. Nicht alles sollte bis ins kleinste Detail per Anweisung vorgegeben werden, denn eigenverantwortliches Arbeiten erhöht meine Zufriedenheit. Ich bin aber immer wieder erstaunt, wie wenig sich manche Chefs und Chefinnen für ihre Mitarbeitenden interessieren und welcher Ton herrscht.

Ein Dankeschön kostet nichts

Ich verstehe schon, dass der finanzielle Druck bei den Apothekenleitungen eine gewisse „Taubheit“ erzeugt, aber ich denke es ist dann erst recht wichtig, die Teammitglieder wertzuschätzen. Mitarbeitende, die für den Betrieb „brennen“, sind seltener krank, leisten mehr und sind viel einsatzbereiter. Letztlich bringt das viel, viel mehr als es kostet. Noch günstiger ist Lob und mal ein „Dankeschön“ – das wird noch seltener gespendet. 

Damit wir auch außerhalb unserer „Bubble“ wertgeschätzt werden , müssen schleunigst die Apothekenhonorare an die inflationäre Lage angepasst werden. 5 bis 6 Euro für den Notdienst wäre akzeptabel, 2,50 Euro sind nicht mehr tragbar für die Apotheken (obwohl sogar bei dem Betrag noch viele Kundinnen und Kunden meckern …). Denn es geht schließlich auch um die allgemeine Wertschätzung unserer Arbeit!

 

 

AMIRA fragt: Welche Maßnahmen sind deiner Meinung nach sinnvoll, um die Wertschätzung zu erhöhen? Schreibe deine Erfahrungen in die Kommentare!