Sie sind die erste Apotheke …
Bekanntlich ist die Zusammenarbeit mit Arztpraxen nicht immer einfach. Dann gibt es noch Ärzte, die nichts von Wechsel- und Nebenwirkungen wissen wollen, berichtet die Apothekenspitzel:in in ihrer dieswöchigen Kolumne.
Wenn es um das Wohl der Patient:innen geht, kooperieren Arztpraxis und Apotheke idealerweise miteinander. Doch wir wissen alle, dass das in der Realität nicht so aussieht. Teilweise können wir unseren Job nicht machen, nur weil ein Arzt meint, er hätte mehr Ahnung von Arzneimitteln als die Apothekerin. An manchen Tagen kann man nur mit dem Kopf schütteln und sogar das ist untertrieben.
Klare Ansage vom Arzt
Plausibilität bei der Rezeptur? Ah, überbewertet. Kippen wir doch einfach alles rein! Das Rührgerät wird das schon gut vermischen. Ich behaupte mal, dass fast jeder in der Apotheke solche Ärzte kennt oder zumindest mal von ihnen gehört hat. Bei einer pharmazeutischen Anfrage wird blockiert und sie wird oftmals missverstanden. Nein, wir möchten nicht Ihre ärztliche Therapiehoheit infrage stellen, aber so klappt die Herstellung ihrer verordneten Creme nun mal nicht.
„Stören Sie bitte meine Mitarbeiterinnen nicht mit solchen Anrufen und Anfragen, wir haben auch ohne sie genug zu tun“, hatte mal ein Mediziner gesagt. Wann sehen solche Ärzte ein, dass es uns um die Sache und insbesondere um das Patientenwohl geht? Zu meinen Lieblingssätzen gehört auch:
„Ich mach‘ das schon seit 30 Jahren so“
(also seit 30 Jahren dann falsch…😂).
Und oftmals sind wir dann noch „die erste Apotheke, die das beanstandet“ – was ich mir nicht erklären kann. Das ist eher auch nur so daher gesagt, denke ich. Denn bei manchen Unklarheiten bzw. Ungereimtheiten sind wir doch verpflichtet Rücksprache zu halten. Wie soll man denn sonst mit gutem Gewissen das Arzneimittel abgeben? Nein, unsere Beratung ist nicht unnötig! Erfahrungsgemäß sind es vor allem die älteren Ärzte mit dieser Einstellung. Jüngere Ärzte habe ich fast immer als kooperativer wahrgenommen.
Drehen wir den Spieß mal um …
Wenn ich manchmal so sehe und höre, was Ärztinnen und Ärzte empfehlen, kann ich auch nur erstaunt sein über die fehlenden Basics aus Schule und Studium. Bestes Beispiel ist die (unmögliche) Inhalation von Kochsalzlösung mit Hilfe eines Kochtopfes. Das wurde schon vor mehr als zehn Jahren empfohlen, heute ist es immer noch aktuell. Wenn man aber etwas in Chemie und Physik aufgepasst hätte, würde man schnell merken, dass das nicht geht. Wenn das Salz nicht dort ankommt, wo man es gerne hätte, würde man dann einfach nur reinen Wasserdampf inhalieren – ob das sinnvoll und wirksam ist? Da spielen bestimmt Placebo- und Nocebo-Effekte eine Rolle.
In der Erkältungszeit kommt diese Empfehlung nicht selten vor. Wir in der Apotheke rufen ja auch nicht in der Arztpraxis an und meckern, warum der Arzt dem Patienten empfiehlt eine selbstgemachte Kochsalzlösung zu inhalieren (das wird dann auch noch als günstiges und wirksames Hausmittel angepriesen😄). Im Medizinstudium sind die Fächer Chemie und Physik übrigens nur kleine Scheine. Ja, sie sind zwingend, aber im Großen und Ganzen werden ihnen in der Praxis keine große Bedeutung zugeschrieben.
Gut für alle: Interprofessionelle Zusammenarbeit stärken
Ärzt:innen/MFAs und Apotheker:innen/PTAs haben unterschiedliche Schwerpunkte in ihrer Ausbildung. Unterschiede in der Bewertung und Kompetenz können zu Missverständnissen führen. Beispielsweise haben wird in der Apotheke eben detaillierte Kenntnisse über Arzneimittelinteraktionen, die Ärzt:innen möglicherweise nicht in gleichem Maße berücksichtigen. Zum Wohl des Patienten sollte das gegenseitige Verständnis gestärkt werden, beispielsweise können gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen helfen. Durch eine engere Zusammenarbeit und bessere Kommunikation zwischen den Berufsgruppen könnten Reibungen definitiv reduziert werden. Letztendlich kommt es auch den Patienten zugute.
AMIRA fragt: Wie kooperativ sind die Ärzt:innen im Umkreis eurer Apotheke? Kennst du solche Fälle aus deinem Apothekenalltag? Schreibe deine Erfahrungen in die Kommentare!