Probiotika für den Intimbereich

Vaginale Probiotika können helfen, das Gleichgewicht der Scheidenflora wiederherzustellen und Infektionen vorzubeugen. Erfahre hier, wie diese nützlichen Mikroorganismen die Gesundheit deiner Patientinnen unterstützen können.

Unser Körper ist mit Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Pilzen besiedelt, ohne dass wir krank sind. Die Haut, der Darm, die Lunge und der Mund besitzen ein sogenanntes Mikrobiom, in dem die Mikroorganismen in einer Eubiose, d. h. In einem völligen Gleichgewicht leben.

Frau hat noch mehr

Die physiologische Vaginalflora einer gesunden Frau vor der Menopause beheimatet mehr als 500 verschiedene Bakterienarten, wobei Vertreter der Stämme Bacillota (früher Firmicutes), Proteobacteria, Actinobacteria und Bacteroidetes in großer Zahl vorhanden sind. Eine besondere Rolle spielen die zu den Bacillota gehörenden und in Milliarden vorhandenen Laktobazillen (vor allem die Stämme L. crispatus, L. gasseri, L. jensenii, L. insers und L. rhamnosus), die Kohlenhydrate wie Glykogen zu Milchsäure verstoffwechseln können.

Besondere Schutzfunktion der Bacillota

Durch die kontinuierliche Produktion der Milchsäure wird ein physiologisch saurer pH-Wert zwischen 3,5 und 4,5 geschaffen, der bewirkt, dass sich unerwünschte Bakterien oder Pilze, die in geringer Zahl im vaginalen Mikrobiom vorkommen, nicht vermehren können. Aber nicht nur die Senkung des pH-Wertes ist entscheidend, sondern auch die Art der Säure. Während pathogene Keime sich in Anwesenheit von Ascorbin- oder Essigsäure ungehindert vermehren könnten, haben die Milchsäure produzierenden Laktobazillen auch noch die Fähigkeit antimikrobielle Substanzen wie Wasserstoffperoxid und Bakteriozine sowie Biotenside und Biofilme zu bilden. Nur so können Krankheitserreger wirksam in Schach gehalten werden.

Vorsicht bei Ungleichgewicht

Durch Einflüsse wie Stress, hormonelle Veränderungen (Menstruation, Schwangerschaft, Klimakterium), häufiger Geschlechtsverkehr, übertriebene Intimhygiene, ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus oder die Einnahme bestimmter Medikamente wie Antibiotika, orale Kontrazeptiva, Immunsuppressiva oder Glucocorticoide kann das empfindliche vaginale Mikrobiom schnell aus dem Gleichgewicht geraten. Die Folge ist eine sogenannte Dysbiose, bei der die wichtigen Laktobazillen reduziert werden und pathogene Keime wie Escherichia coli, Gardnerella vaginalis oder Candida albicans überwuchern. Erkrankungen wie eine bakterielle Vaginose oder Pilzinfektionen können entstehen. Weiterhin können Symptome wie vermehrter Ausfluss, Brennen, Juckreiz, Rötungen, Irritationen, veränderter Intimgeruch oder Missempfindungen/Schmerzen beim Geschlechtsverkehr auftreten.

Zurück zum Gleichgewicht

Bei ausgeprägter Symptomatik sollte die Infektion gezielt ärztlich behandelt werden. Dazu werden lokal anzuwendende Antiseptika (Dequaliniumchlorid oder Octenidin), lokal oder oral anzuwendende Antibiotika (meist Clindamycin oder Metronidazol) oder Antimykotika (meist Clotrimazol oder auch Fluconazol oral) angewendet. Im Anschluss einer solchen Behandlung oder auch bei schwächeren Symptomen können sogenannte vaginale Probiotika, die verschiedene Lactobacillus-Stämme in hoher Zahl enthalten, angewendet werden, um wieder eine vaginale Eubiose herzustellen und das vaginale Mikrobiom gesund zu erhalten.

Diese können lokal in Form von Vaginalkapseln oder -zäpfchen oder auch oral angewendet werden. Beides funktioniert gleich gut. Forschende haben herausgefunden, dass die rektalen und vaginalen Laktobazillenfloren zu überwiegenden Teilen identisch sind. Es wird vermutet, dass der Enddarm ein Reservoir für Laktobazillen ist, die über die „Schleimhautstraße“ vom Enddarm in die Vagina übergehen. Oral eingenommene Laktobazillen konnten nach kurzer Zeit in der Vagina nachgewiesen werden. Durch die wirksame Wiederansiedlung der Laktobazillen führt wiederum zur vermehrten Produktion von Milchsäure, wodurch die pathogenen Keime aus der Vaginalflora verdrängt werden konnten.

Was gibt es in der Apotheke?

Ab Ende Mai 2024 sind laut der EU-Verordnung für Medizinprodukte sind Medizinprodukte „lebensfähigen biologischen Substanzen oder lebensfähigen Organismen, einschließlich lebender Mikroorganismen, Bakterien, Pilzen oder Viren“ nicht mehr verkehrsfähig. Diese müssen nun eine Zulassung als Arzneimittel benötigen, um weiterhin verkehrsfähig zu sein. Darunter sind auch viele, bekannte und wirksame vaginale Probiotika gefallen. Das Präparat Vagisan® ProbioFlora Vaginalkapseln von der Firma Dr. August Wolff hat bereits seit dem Jahr 2022 eine Zulassung als Arzneimittel. Es enthält die zwei Lactobacillusstämme L. gasseri und L. rhamnosus und wird einmal täglich über einen Zeitraum von mehreren Tagen angewendet.

Die Firma Sanavita konnte für ihr Produkt Vagiflor® Vaginalzäpfchen bis Ende 2028 eine Übergangsfrist erreichen. So lange darf das kühlpflichtige Produkt, das den Stamm L. acidophilus enthält, noch als Medizinprodukt vertrieben werden. Das Medizinprodukt Döderlein Vaginalkapseln® von der Firma Heilpflanzenwohl enthält die Stämme L. casei und L. thermophilus und darf nur noch bis zum Ende der jeweiligen Haltbarkeit abverkauft werden. Ob eine Arzneimittelzulassung beantragt ist, ist noch nicht bekannt. Gleiches gilt für die Gynophilus® Classic Scheidenkapseln von der Germania pharmazeutica, die den Lactobacillusstamm L. casei v. rhamnosus Döderlein (LCR35®) enthalten. Die Vaginalia werden üblicherweise einmal täglich angewendet. Dabei sollte eine Kapsel oder ein Zäpfchen bevorzugt abends im Liegen möglichst tief in die Scheide eingeführt werden. 

Nicht betroffen von dieser Änderung sind Vaginalia die nur Milchsäure oder Lactat enthalten, wie Vagisan® Milchsäure Vaginalzäpfchen von Dr. Wolff, KadeFlora® Milchsäurekur von Dr. Kade, Gynofit® Milchsäure-Gel von Tentan, da diese keine lebenden Bakterien enthalten. Sie dienen zur Ansäuerung des Vaginalmilieus, wenn noch genügend Laktobazillen vorhanden sind. Probiotika, die oral eingenommen werden und auf das vaginale Mikrobiom wirken, fallen ebenfalls nicht darunter. Bei diesen handelt es sich meist um Nahrungsergänzungsmittel.

Das Produkt OmniBiotic Woman® von der Firma Institut Allergosan ergänzt laut Hersteller die Vaginalflora mit vier natürlich im menschlichen Körper vorkommenden vermehrungsfähigen Bakterienkulturen (L. crispatus, L. rhamnosus, L. gasseri, L. jensenii). Das Granulat wird ein- bis zweimal täglich in ein Glas Leitungswasser eingerührt und auf leeren Magen getrunken.

Die Kijimea® Floracare Kapseln von der Firma Synformulas enthalten 33 Stämme der in der natürlichen Vaginalflora vorkommenen Laktobazillen L. crispatus, gasseri, plantarum und delbrueckii. Eine Kapsel sollte täglich über einen Zeitraum von vier Wochen mit ausreichend Flüssigkeit zu einer Mahlzeit eingenommen werden.

Die KadeFlora® Milchsäurebakterien mit Biotin (Dr. Kade) werden zur täglichen Unterstützung der Vaginalschleimhaut eingesetzt. In den ersten sieben Tagen soll zweimal täglich eine Kapsel bevorzugt nach den Mahlzeiten genommen werden, danach einmal täglich eine Kapsel. Das Produkt enthält drei verschiedene Laktobazillenstämme sowie Biotin.

Das Produkt Döderlein Female Biotic (Heilpflanzenwohl) enthält acht ausgewählte Milchsäurebakterienstämme, die natürlicherweise im menschlichen Körper vorkommen. Eine Kapsel täglich sollte mit einem Glas Wasser eingenommen werden.

Mehr zur Rolle des Mikrobioms im Intimbereich und zur kompetenten Beratung in der Apotheke erfährst du im AMIRA-Campus-Kurs „Das Gleichgewicht der Vaginalflora“ – jetzt reinschauen und Wissen vertiefen!