Expopharm-Update: Neues zu Cannabis-Darreichungsformen

Medizinalcannabis steht vor einem Wandel: Neue Darreichungsformen, bessere Standardisierung und mehr Sicherheit für Apotheken und Patient:innen – darüber berichtet unsere Autorin Eva Bahn von der Expopharm in Düsseldorf.

Wir waren für euch bei einem der spannendsten Vorträgen der Expopharm: In der pharma-world sprach Alexander Daske, Apotheker aus Mannheim und gefragter Cannabis-Experte, über die verschiedenen Darreichungsformen von Medizinalcannabis. Er beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit dem Thema Cannabis – von der Qualität der Blüten über die Analysenzertifikate bis hin zu innovativen Therapieformen. Sein Ziel: Cannabis in der Therapie verlässlicher, standardisierter und damit für Ärztinnen, Ärzte und Patient:innen besser handhabbar zu machen.

Cannabis-Status quo: Wo stehen wir seit 2017?

Wenn wie den Cannabismarkt seit 2017 betrachten, können wir sagen: Im Vergleich zu anderen Indikationen und Arzneimitteln gibt es im Bereich des Medizinalcannabis keine neuen zugelassenen Medikamente. Noch immer dominieren Blüten, Rezepturarzneimittel wie Extrakte und Isolate sowie wenige Fertigarzneimittel wie Sativex. Doch genau hier sieht Daske ein Problem: Die Qualität schwankt, Cannabinoidwerte stimmen oft nicht und es gibt zunehmend Hinweise auf Verunreinigungen. Kein Wunder, dass nur etwa fünf Prozent der niedergelassenen Ärzt:innen Cannabis verordnen – und Krankenkassen die Kostenübernahme immer häufiger ablehnen. Daske betont: Ohne Standardisierung und neue Darreichungsformen droht das Vertrauen in die Therapie verloren zu gehen.

Orale Innovationen: Granulat als Hoffnungsträger

Besonders spannend waren seine Einblicke in die oralen Innovationen. Ursprünglich arbeitete er mit Dronabinol-Öl in Hartkapseln, wechselte dann aber zu Vollspektrumextrakten mit Softisan, die verträglicher waren. Am vielversprechendsten erscheinen ihm jedoch Kapseln mit Granulat. Laut dem Apotheker lassen sie sich leichter herstellen, zeigen weniger Schwankungen bei Temperatur und Dosierung und sind für die Patient:innen einfacher anzuwenden. Cannabinoide sind sehr lipophil, daher sei die bessere Wasserlöslichkeit ein zentrales galenisches Ziel. Noch gelinge das nur über die Dispergierung in Hilfsstoffen – nicht perfekt, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Praktisch: Das Granulat kann auch in Speisen eingerührt werden (mit Ausnahme von Grapefruitsaft) oder über Silikonsonden gegeben werden, was es besonders in der Palliativmedizin wertvoll machen könnte.

Foto: Eva Bahn

Inhalative Alternativen: Mehr Sicherheit durch Extrakte

Auch im Bereich Inhalation sieht der Experte große Chancen. Blüten sind nach wie vor verbreitet, aber schwer zu standardisieren. Inhalative Extrakte könnten hier eine sicherere Alternative bieten: Sie sind reproduzierbarer, individuell verdünnbar und verursachen weniger allergische Reaktionen durch Begleitstoffe. Neue Extraktionsverfahren, wie die Arbeit mit Tetrafluorethan, ermöglichen zudem flexiblere Terpenprofile – ein wichtiger Schritt in Richtung personalisierter Cannabinoid-Therapie.
Ein Blick in die Zukunft zeigt, wohin die Reise geht: lipidbasierte Nanopartikel-Systeme könnten bald als Mundspray zur Verfügung stehen. Damit ließe sich die Bioverfügbarkeit deutlich verbessern und die Therapie noch genauer steuern.

Initiative für Qualität: Neue Standards für Apotheken

Am Ende seines Vortrags stellte Daske sein Herzensprojekt vor: die „Qualitätsinitiative Medizinalcannabis“, die er offiziell zur Expopharm ankündigte. Ziel sei es, Herstellern und Apotheken mehr Sicherheit zu geben, indem verbindliche Standards und transparente Lieferketten etabliert werden. Für Apothekenteams bedeutet das, dass sie in Zukunft wahrscheinlich immer häufiger mit neuen festen Darreichungsformen, inhalativen Extrakten oder sogar innovativen Sprays konfrontiert  werden. Somit könnte den Patient:innen eine verlässlichere, besser steuerbare Cannabistherapie angeboten werden.