AMD - Drei Buchstaben mit Sprengkraft fürs Sehen

Dass alte Menschen schlechter sehen, kann viele Ursachen haben. Eine der problematischeren ist die altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD genannt. Was dahinter steckt, erfährst du im Rahmen unserer kleinen Reihe zur Augenheilkunde in diesem Beitrag.

Viele ältere Menschen machen die Erfahrung, dass die Sehkraft nachlässt. Manchmal sind dafür nicht Altersweitsichtigkeit oder ein Katarakt („grauer Star“) verantwortlich, sondern die sogenannte altersbedingte Makuladegeneration (AMD). Dabei handelt es sich um eine Erkrankung der Netzhaut, die zu einer fortschreitenden Verschlechterung der Sehfähigkeit führen kann. Sie ist in Europa die häufigste Ursache starker Sehbehinderung.

Betroffene bemerken oft einen Verlust der zentralen Sehkraft. Richten sie das Auge direkt auf ein Beobachtungsobjekt, einen Text oder ein Bild, erscheint die Sicht unklar, häufig verzerrt und mitunter farblos. Sie haben Schwierigkeiten, Gesichter, Texte oder kleine Gegenstände in der Mitte des Gesichtsfeldes klar zu erkennen. Verzerrtes Sehen von Gitterlinien und Rastern deutet dabei stark auf die weiter unten erklärte feuchte Form der AMD hin, die anderen Symptome können auch bei der trockenen Variante vorliegen. Wenn Kundinnen und Kunden am HV-Tisch von den hier geschilderten Anzeichen berichten, solltest du ihnen den raschen Gang zum Augenarzt nahelegen.

 

Nachts sind alle Katzen grau? Die Zapfen sind Schuld!

Sehen wir uns die Makula und ihre Funktion genauer an, um zu verstehen, was bei der AMD vor sich geht. Machen wir also einen Ausflug ins Reich der Stäbchen und Zapfen.

Die Makula ist eine drei bis fünf Millimeter große Region auf der Netzhaut, die sich direkt in der Sichtachse befindet. In diesem, auch „gelber Fleck“ genannten Areal ist ein spezieller Typ von Photorezeptoren konzentriert, die sogenannten „Zapfen“. Sie sind für das Sehen bei hellen Lichtverhältnissen, vor allem aber für das Erkennen von Details und für die Farbwahrnehmung verantwortlich. Das menschliche Auge verfügt, wie bei allen Primaten, über drei Zapfentypen, die auf unterschiedliche Wellenbereiche des einfallenden Lichts reagieren. Ihre Absorptionsmaxima haben diese Zellen bei 420 nm, 535 nm und 563 nm, was den Farben blauviolett, smaragdgrün und gelbgrün entspricht. Damit ist der Mensch in der Lage, rund zwei Millionen Farbtöne zu unterscheiden. Die Zapfen werden nur bei guten Lichtverhältnissen aktiv, sobald das Licht schwächer wird, etwa während der abendlichen Dämmerung, verschwindet die Wahrnehmung von Farben – alles wird grau. Auf diesen Effekt spielt das alte Sprichwort: „Nachts sind alle Katzen grau“ an. Schlechte Lichtverhältnisse sind die Stärke des zweiten Photorezeptor-Typs, der sogenannten „Stäbchen“. Sie kommen, allerdings in geringerer Zahl als die Zapfen, ebenfalls in der Makula vor, liegen aber im Wesentlichen um die Makula herum auf der übrigen Netzhaut verteilt. In ihnen laufen die biochemischen Reaktionen bei deutlich geringerer Beleuchtungsstärke ab: Sie sind deshalb viel empfindlicher und helfen uns, in der Dämmerung zu sehen, zum Beispiel über die Wahrnehmung von Kontrasten und Bewegungen. Da es allerdings nur einen Typ von ihnen gibt und nicht deren drei, wie bei den Zapfen, sind Stäbchen gleichsam „farbenblind“.

(Tipp: Wenn du in der Dämmerung lichtschwache Objekte sehen willst, zum Beispiel einen schwachen Stern oder die Silhouette eines Vogels, den Blick nicht direkt auf das Ziel richten, sondern leicht daneben schauen. Kannst du dir erklären, warum das hilft?)

Neben den Rezeptoren gibt es in der Makula spezialisierte Zellen, die als RPE (Retinales Pigment Epithel) bezeichnet werden. Sie unterstützen und schützen die Sinneszellen, indem sie Pigmente produzieren, mit denen die Rezeptoren absorbierte Lichtenergie in elektrische Signale umwandeln. Die Erregung durch Lichtimpulse bringt es mit sich, dass das Sehpigment Rhodopsin verbraucht wird und neu gebildet werden muss, die Rezeptoren müssen gleichsam ständig mit diesem Stoff „nachgeladen“ werden. Zugleich stoßen die Stäbchen kontinuierlich bestimmte Teile ihrer Struktur ab, nämlich kleinste Membranscheibchen. Die RPEs sind dafür verantwortlich, diese „Abfallstoffe“ zu entsorgen. Diese Entsorgung kann gestört sein und ist – wie du weiter unten erfahren wirst – eine der Ursachen der trockenen AMD.

Somit ist klar: Die Makula ist eine ganz entscheidende Region, wenn es ums Sehen geht. Umso fataler, wenn es zur Makuladegeneration kommt, dann verschlechtert sich die Sehkraft kontinuierlich. Zu einer vollständigen Erblindung kommt es zum Glück fast nie, denn auch wenn das zentrale Sehen gestört oder unmöglich ist, kann man über das sogenannte periphere Sehen mit den umliegenden Stäbchen weiterhin Licht wahrnehmen. Am häufigsten tritt die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) bei Menschen über 60 Jahren auf. Als Risikofaktoren gelten Rauchen, hoher Blutdruck und – wie beinahe bei jeder Erkrankung – eine ungesunde Ernährung.

 

Trocken und feucht - zwei Formen der AMD

Du weißt inzwischen, dass es zwei Formen der AMD gibt: die trockene und die feuchte Form. 

Die trockene Form der AMD ist die häufigste (80 Prozent Anteil), sie entsteht durch den Abbau von Teilen der Photorezeptoren (siehe oben) und des Pigmentepithels in der Makula. Größere Ansammlungen von Abbauprodukten werden als „Drusen“ bezeichnet. Sie stören die Blutversorgung der Zapfen-Rezeptoren, die in der Folge absterben, wodurch es zu einer Verschlechterung des zentralen Sehens kommt. Eine echte Therapie für diese Form der Makuladegeneration steht nicht zur Verfügung. Empfohlen wird, die Risikofaktoren zu minimieren, also das Rauchen oder den hohen Blutdruck in den Griff zu bekommen. Auch kann eine ausgewogene Ernährung, die reich an Antioxidantien und Omega-3-Fettsäuren ist, dazu beitragen, die Netzhaut zu schützen. Neuere Studien verweisen darauf, dass die Gabe von Vitamin B6, B12 und Folsäure einen positiven Effekt auf den Verlauf der Makuladegeneration hat. Betroffene können außerdem spezielle Brillengläser nutzen, die das Licht so umleiten, dass es auf einen gesunden, statt auf einen beschädigten Bereich der Netzhaut fällt.

Die feuchte Form der AMD ist seltener (20 Prozent), aber aggressiver. Sie geht fast immer aus der trockenen Form hervor. Die abgestorbenen Rezeptoren der trockenen Variante hinterlassen kleine Lücken in der Makula, dadurch werden auch Blutgefäße zerstört, was zu einer Sauerstoff-Minderversorgung der Netzhaut führt. Der Körper reagiert darauf mit der Produktion von Wachstumsfaktoren (VEGF-A, Vascular endotheliel growth factor A), die die Bildung neuer Blutgefäße anregen. Die Gefäße wachsen teilweise unter der Netzhaut und heben sie an bzw. lösen sie ab. Daher rührt das weiter oben erwähnte verzerrte Sehen von Linien und Rastern. Die neugebildeten Blutgefäße sind außerdem weniger dicht und verlieren Blut. Das führt zu Flüssigkeitsansammlungen, die wiederum zur Verschlechterung des Sehens führen. Fatal ist, dass die feuchte AMD wesentlich schneller verläuft als die trockene Form.

 

Behandlungsmöglichkeiten – neue Medikamente helfen

Es gibt jedoch Behandlungsmöglichkeiten, die die Progression der feuchten AMD verlangsamen und die Sehkraft – zumindest teilweise – zu erhalten helfen. Die Behandlung kann dabei medikamentös oder chirurgisch erfolgen. Bei ersterer werden Medikamente wie das Anti-VEGF-Mittel Ranibizumab (Lucentis von Novartis, Ranivisio von ratiopharm und weitere Generika) und das C3-Inhibitor-Medikament Brolucizumab (Beovu von Novartis) eingesetzt. Beide Wirkstoffe sind Wachstums-Inhibitoren, werden per intravitrealer Injektion (IVOM) direkt in die Augen gespritzt und blockieren die Ausbildung neuer Blutgefäße. Dadurch lässt sich das Fortschreiten der AMD verlangsamen und in einigen Fällen sogar die Sehkraft verbessern. Den bereits entstandenen Schaden rückgängig zu machen, gelingt damit jedoch nicht.

In fortgeschrittenen Fällen der feuchten AMD kann eine Photodynamische Therapie (PDT) angezeigt sein. Dabei wird ein lichtempfindliches Medikament in den Körper injiziert, gefolgt von der Bestrahlung des Auges mit speziellem Licht. Das Medikament wird von den neu gebildeten Blutgefäßen in der Makula aufgenommen und durch das Licht aktiviert. Dies führt zur Zerstörung der Blutgefäße. Als chirurgisches Verfahren wird häufig die sogenannte „Makula-Laserchirurgie“ eingesetzt. Hier kauterisiert ein Laser die betroffenen Bereiche der Makula, womit das Wachstum von neuen Blutgefäßen verhindert werden soll. Im Rahmen der klassischen Augenchirurgie können Koagulationen in der Makula auch per Spezialpinzette manuell entfernt werden.

Und was kannst du tun? Hellhörig bleiben! Wenn Kundinnen und Kunden von den beschriebenen Symptomen berichten und du weißt, dass sie die erwähnten Risikofaktoren aufweisen, solltest du ihnen auf jeden Fall den Gang in die Augenarztpraxis empfehlen. Und: Kundschaft mit starken Sehbehinderungen braucht eine noch intensivere Beratung, denn das Lesen von Beipackzetteln oder Packungsbeschriftungen ist vielen Menschen mit AMD nur schwer möglich. 

 

Extrahiert:

  • Die AMD tritt in zwei Formen auf, der „trockenen“ und der „feuchten“ Variante.
  • Symptome sind nachlassende Sehkraft im Zentralbereich des Blickfelds und Veränderungen bei der Farbwahrnehmung. Verzerrtes Sehen deutet stark in Richtung einer „feuchten“ AMD.
  • Gegen die trockene Variante wird empfohlen, die Risikofaktoren zu minimieren, die feuchte Form lässt sich mit Medikamenten oder chirurgisch behandeln.
  • Beide Erscheinungsformen beeinträchtigen die Sehkraft mitunter stark, vollständige Erblindungen kommen in der Regel jedoch nicht vor.
  • Berichten deine Kundinnen oder Kunden von einem Nachlassen ihrer zentralen Sehkraft, schick sie sofort in die Augenarztpraxis!

 

AMIRA fragt: Gibt es in eurem Kundenstamm Menschen mit AMD? Wie beratet ihr sie? Berichten Sie von Schwierigkeiten bei der Einnahme ihrer Medikamente? Schreibt es in die Kommentare. Schon jetzt ein herzliches Dankeschön für eure Beiträge!