Wiedereinstieg nach Elternzeit: „Apotheke ist wie Fahrrad fahren“

In unserer neuen Kolumne berichtet AMIRA aus ihrem Apothekenalltag – emotional, authentisch, unverblümt. Folge 1: Ihre Kollegin ist zurück aus der Elternzeit und der erste Arbeitstag ist alles andere als langweilig.

1,5 Jahre war meine Kollegin Mara nicht in der Apotheke, nun ist sie mit vollem Elan zurück. Man könnte meinen, in diesem Zeitraum hat sich viel verändert. „Ich hab‘ viel verpasst und vergessen“, sagt sie selbstkritisch. Doch hat sie das wirklich? Die Lieferengpässe sind noch da, sie sind sogar schlimmer geworden. Die Medikamentenknappheit macht uns tagtäglich zu schaffen. Das war auch das Erste, was ich ihr gesagt habe, als wir gemeinsam am HV-Tisch standen. „Es fehlen unter anderem Antibiotika und Fiebersäfte, die Kundschaft reagiert nicht immer verständnisvoll. Der Umgang mit ihr ist schwieriger geworden, stell´ dich schonmal darauf ein.“ Und über das Vergessen solle sie sich auch keine Sorgen machen, das sei wie Fahrrad fahren, tröstete unser Chef. „Das kommt alles wieder.“

Apropos „alles kommt wieder“. Das trifft auf Medikamente leider nicht zu. In Winter und Frühling gab es in der Sichtwahl nur eine überschaubare Auswahl an Mitteln zur Behandlung von grippalen Infekten. „Fiebersäfte, Halsschmerztabletten und Hustenmittel waren nicht oder nur schwer zu kriegen“, klärt der Chef Mara auf. Sie nickt. Nach dieser kurzen Unterweisung geht es weiter mit den Routinen des Arbeitsalltages.

„Haben Sie die Umschau?“

Ok, also nach dieser Frage ist Mara nun endgültig im Apothekenalltag angekommen. Die Frage einer Kundin durfte natürlich nicht unbeantwortet bleiben: „Ja, bitte sehr!“, antwortet Mara. Wir wollen ja keinem die Butter vom Brot nehmen … Fragt sich nur wie lange, bei der angespannten wirtschaftlichen Situation vieler Apotheken. Wir tun immer so, als wäre es selbstverständlich, dass wir Apotheken kostenlose Zeitschriften anbieten MÜSSEN. Aber warum? Wenn ich beim Supermarkt für 200,00 Euro einkaufe, schenkt mir auch keiner etwas. Die Einkaufstüte für 20 Cent kommt trotzdem obendrauf! Naja, darüber könnte ich seitenlang schreiben.

Was tatsächlich überraschend für Mara war, ist das neue Design der Apotheken Umschau. „Oh, ich wusste gar nicht, dass sie ein neues Format hat! Sie passt jetzt besser in unsere Papiertüte rein“, sagt sie. Falls ihr die Zeitschrift noch anbietet, wirst du es wissen:  Sie ist tatsächlich handlicher geworden (finde ich gut!) und ist nun etwas größer als das AMIRA-Pocket-Magazin. „Noch“ schreibe ich, weil nicht wenige Apotheken aufgrund von Sparmaßnahmen Mitgabe-Artikel wie Zeitschriften, Kalender und sonstige Zugaben drastisch reduziert oder ganz abgeschafft haben. Auch wir in der Apotheke sparen an diesen Stellen. Unsere Kundschaft hat unser Vorgehen gut angenommen, finde ich. Es ist auch immer eine Frage der Kommunikation: Wenn wir dem Kunden vernünftig die Hintergründe erklären (Honorarkürzungen, Inflation, etc.) stoßen wir eigentlich fast immer auf Verständnis. Klar sind einzelne Kundinnen wenig erfreut darüber, vor allem wenn der Kalender so gut in die Küche gepasst hat und jetzt auf einmal die dafür vorgesehene Fläche leer bleibt. Was für ein Pech auch …

Huch – wo ist denn nun das E-Rezept geblieben?

In der Zwischenzeit fragt sich Mara, was den eigentlich mit dem E-Rezept passiert ist und wie viele elektronische Verordnungen wir bisher erhalten haben. Es gab doch dauernd so viele Medienberichte und Newsletter, die in ihr E-Mail-Postfach eintrudelten. Ihren Heilberufsausweis habe sie als Apothekerin noch nicht beantragt, sie wirkte gestresst, weil sie während der Elternzeit nicht dazu kam und dachte, sie brauchte ihn dringend heute am ersten Arbeitstag. „Ach, machen Sie sich da gar keinen Stress, vielleicht werden Sie ihren Heilberufsausweis nie brauchen“, sagte unser Chef ganz entspannt. Wir hatten bisher nur ein E-Rezept, als Team haben wir bei diesem Thema mehr Fragezeichen als Antworten.

Vielleicht ändert sich das ja irgendwann, wenn unsere Arbeit in der Apotheke mehr digital als analog geprägt ist. Ich mache mir dazu tatsächlich viele Gedanken ... Wie sieht unsere berufliche Zukunft aus? Stellt dann die Künstliche Intelligenz (KI) die ganzen Rezepturen her? Gibt es uns dann noch? Lasst uns doch mal darüber diskutieren.