Wochenrückblick: Problematische Politik, ausgezeichnete Kampagne und Qualm im Auto

Das Auto qualmt weiter und so langsam auch die Politik unseres Gesundheitsministers. Die ABDA bringt ihre Bedenken zum Ausdruck und bekommt eine Auszeichnung für ihre Kampagne „E-Rezept? Apotheke!“. Dazu Forderung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte bei Ozempic-Abgabe und aktuelle Umfrage der EU-Kommission zu weltweiten Geschehnissen.

Lauterbachs Politik macht „große Probleme“: „Nicht nur populistisch, sondern ein Affront“ 

Das negative Echo auf die Apothekenpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hält an. Der Leiter Kommunikation der ABDA, Benjamin Rohrer, hat in einem Interview mit „rbb|24“ seine Bedenken bezüglich der Pläne zum Ausdruck gebracht. 

Rohrer betonte, dass die Apothekerinnen und Apotheker derzeit „große Probleme mit Herrn Lauterbachs Politik“ hätten. Das geht sogar so weit, dass eine Apotheke ihren eigenen Kassenbon-Ausdruck dafür nutzt, um gegen den Minister zu protestieren. Trotzdem habe man als ABDA bisher nicht den Rücktritt des Ministers gefordert. 

„Herr Lauterbach will es Filialapotheken freistellen, ob diese noch Nachtdienste machen und selbst Arzneimittel herstellen. Auch Apotheken ganz ohne Apothekerinnen und Apotheker soll es geben. Insbesondere für Menschen, die in der Nähe solcher, verstümmelter Apotheken wohnen, würde sich die Versorgung erheblich verschlechtern“, unterstrich Rohrer. 

Besonders verärgert hatte Lauterbach mit seiner Aussage, dass Apotheken Panikmache betrieben, um mehr Honorare durchsetzen zu können. Darauf antwortete Rohrer: „Das ist nicht nur populistisch, das ist anmaßend und ein Affront. Die Apotheken sorgen jeden Tag – im Auftrag des Ministers – dafür, dass Kinder überhaupt noch mit Fiebersaft versorgt werden können.“ Dabei wies er auch darauf hin, dass die Apotheken ihre Kosten so nicht mehr selbst stemmen können. 

Auszeichnung für ABDA-Kampagne 

Die Kampagne „E-Rezept? Apotheke!“ der ABDA ist mit dem renommierten „Cannes Corporate Media & TV Awards 2023“ ausgezeichnet worden. Für die Spot-Trilogie rund um „Inge“, die die Münsteraner Kommunikationsagentur Cyrano gemeinsam mit der Mynd GmbH und Anqer GmbH für die ABDA konzipierte, wurde kürzlich ein goldener Delfin überreicht. 

Die drei Spots von „E-Rezept? Apotheke!“ setzten sich in der Kategorie „Corporate Movies - Integrated Communication“ gegen vier weitere Finalisten durch. 900 Einreichungen aus 45 Ländern hatte die 70-köpfige Jury vorab gesichtet und 200 Finalisten ausgewählt. 

Der Leiter der ABDA-Kommunikation Benjamin Rohrer kommentierte: „Der Preis ist auch eine Auszeichnung für die Kampagnenarbeit, die das ABDA-Team zusammen mit Cyrano in den vergangenen Jahren geleistet hat. Mit der E-Rezept-Kampagne zeigen wir, dass sich die Apotheken vor Ort fit für die digitale Zukunft gemacht haben. Egal, ob per Ausdruck, Token oder elektronischer Gesundheitskarte – die Apotheken sind bereit für das E-Rezept.“ 

Cyrano-Projektleiterin Yvonne Heupel und Creative Director Gerrit Lemkau nahmen die goldene Trophäe in Cannes entgegen. Heupel dankte der ABDA für den Auftrag und dem Produktions-Team von mynd. Die „vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit in diesem Trio“ hätten sich sowohl in den Filmen als auch in der Awards-Auszeichnung widergespiegelt. 

Rauchverbot im Auto kommt nicht 

Die Ampelkoalition hat sich gegen die ursprünglichen Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entschieden und wird kein Rauchverbot in Autos einführen, wenn Kinder oder Schwangere anwesend sind. 

Im Juli hieß es noch, dass Lauterbach die Einführung eines Rauchverbots in Autos plant, wenn Minderjährige oder Schwangere mit an Bord sind. Begründet wurde das Vorhaben damit, dass aufgrund des kleinen Innenraums die Belastung durch Rauch extrem hoch ist. Lauterbach fügte diese Regelung in den Referentenentwurf zur Cannabis-Legalisierung ein, um eine angemessene Abschirmung von Passivrauchen für diese besonders schutzbedürftigen Personengruppen sicherzustellen. Die FDP stellte sich gegen das Rauchverbot im Auto.  

Am vergangenen Sonntag bedauerte der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), dass das Auto-Rauch-Verbot nur für kurze Zeit im Referentenentwurf zum Gesetz zur Cannabis-Legalisierung existierte und schon Mitte August wieder gestrichen wurde. Die Bedenken der FDP, eine solche Maßnahme würde die individuellen Freiheitsrechte zu stark einschränken, hält Blienert für nicht nachvollziehbar. Es gehe um den Schutz der Rechte von Kindern, da die Konzentration von Schadstoffen beim Rauchen in Autos genauso hoch ist wie in einer verrauchten Kneipe, sagte der Drogenbeauftragte. 

AMRIA fragt: Was haltet ihr von der Entscheidung, das Rauchverbot im Auto nicht einzuführen? Kann man davon ausgehen, dass verantwortungsvolle Eltern aufs Rauchen verzichten, wenn Kinder an Bord sind? Oder braucht es eine staatliche Regelung? 

EU-Bürger durch Krisen und Konflikte psychisch belastet 

Einer aktuellen Umfrage der EU-Kommission zufolge fühlen sich fast zwei Drittel der Bevölkerung in der EU psychisch belastet, beeinflusst durch weltweite Geschehnisse. Die bereits instabile psychische Gesundheit in Europa werde durch Ereignisse wie die Corona-Pandemie, den Konflikt in der Ukraine und die Klimakrise weiter erschüttert. In der Umfrage gaben 62 Prozent der Befragten an, dass diese Ereignisse ihre psychische Gesundheit von etwas bis sehr beeinflussten. 

Im Verlauf eines Jahres hatten fast die Hälfte der Teilnehmer mit emotionalen und psychosozialen Problemen zu kämpfen. Jedoch erhielt mehr als die Hälfte dieser Betroffenen keine professionelle Hilfe. Darüber hinaus glaubt nur etwa ein Drittel der vom Institut Ipsos Befragten, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen genauso viel Unterstützung erhalten wie diejenigen mit physischen Beschwerden. Trotzdem sind neun von zehn Antwortgebern der Meinung, dass psychische und physische Gesundheit gleichwertig sind und gleichermaßen gefördert werden sollten. Die Umfrage wurde im Juni 2023 unter rund 26.500 Menschen ab 15 Jahren aus 27 EU-Mitgliedstaaten durchgeführt. Damit konnte der Terroranschlag auf Israel und seine möglichen Folgen noch nicht erfasst werden. Dass dieser Konflikt weitere Ängste in der europäischen Bevölkerung hervorrufen wird, ist aber anzunehmen. 

AMIRA fragt: Wie geht es euch persönlich angesichts der vielen Krisen. Fühlt ihr euch belastet und macht euch Sorgen? 

BfArM: Vor Ozempic-Abgabe Umverpackung der Pens öffnen

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) fordert derzeit alle Apotheker*innen auf, vor der Abgabe von Ozempic® (Semaglutid) die Umverpackung der Pens zu öffnen. Denn obwohl, wie im letzten Wochenrückblick berichtet, gefälschte Pens leicht zu erkennen sind, gestaltet sich die Unterscheidung von der Originalsekundärverpackung als schwierig bis unmöglich.
 
Im Zusammenhang mit gefälschtem Ozempic koordiniert das BfArM die Maßnahmen, da mehrere Bundesländer in den Fall involviert sind. Es bestehe die Möglichkeit, dass weitere Packungen mit unterschiedlicher Chargenbezeichnung, Seriennummer oder Wirkstärke betroffen sind. Der Fokus liegt derzeit auf den Chargen MP5E511, Verfalldatum: 07/2025, Seriennummer: 1946483405690 und NP5G866, Verfalldatum: 12/2025, Seriennummer: 1031002838555. Diese Chargen beziehen sich auf Packungen der Stärke 1 mg (Produktcode: 04150153985573) in der Größe von 3 Stück. Es wird darauf hingewiesen, dass nicht alle Packungen dieser Chargen betroffen sind, da es sich um Originalchargen handelt.
 
Die Staatsanwaltschaft Freiburg gab bekannt, dass es bei den bislang entdeckten Fälschungen um 199 Packungen geht, die ursprünglich von einem österreichischen Großhändler stammen und im September 2023 an einen Pharmahändler in Großbritannien geliefert wurden. Dort seien die gefälschten Arzneimittel identifiziert worden.
 
Berichte über betroffene Patient*innen sind bisher bekannt. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass gefälschte Arzneimittel in der deutschen Vertriebskette vorhanden sind. Apotheker*innen werden deswegen aufgefordert, vor der Abgabe die Echtheit der Primärverpackung zu überprüfen, indem sie die Sekundärverpackung öffnen. Das BfArM betont, dass auffällige Packungen aufgrund möglicher Gesundheitsrisiken nicht abgegeben werden dürfen. Die Polizeibehörden seien informiert, die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Das Institut stehe im engen Kontakt mit Landesbehörden, ausländischen Behörden und der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und werde die Angelegenheit weiter im Auge behalten.

AMIRA fragt: Wie groß ist das Ozempic-Thema bei euch im Team? Berichtet darüber in den Kommentaren. Wir sind gespannt! 

 

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