Gesunde Ernährung, gesunder Körper: Ökotrophologin im Interview

Du bist, was du isst. Wie gesunde Ernährung und körperliche Gesundheit zusammenspielen und welche heilenden Kräfte die richtige Ernährung haben kann? Ökotrophologin Tanja Pötschke erklärt ihre Arbeit im Interview.

Tanja Pötschke ist Ökotrophologin in der Klinik Blankenstein/ Spezialklinik für chronische Erkrankungen und Naturheilkunde in Hattingen. Im Interview mit Autorin Nina Bürger beantwortet sie Fragen rund um die Themen Ernährung und körperliche Gesundheit sowie das Zusammenspiel beider Faktoren.

Inwiefern beeinflussen sich die Ernährung und körperliche Gesundheit?

Weit gefasst könnte man sagen: Ohne Ernährung kein Leben. Zum einen braucht man Energielieferanten wie Kohlenhydrate oder Eiweiße für den Muskelaufbau. Fettsäuren benötigt man für die Zellen und natürlich wichtige Vitamine und Mineralstoffe. Dazu zählt zum Beispiel Eisen als Bestandteil des Hämoglobins, das für den Sauerstofftransport gebraucht wird. Ohne die richtige Ernährung können unsere Körperfunktionen nicht optimal funktionieren. Für die Gesundheit unseres Körpers ist es deshalb wichtig, mit allen lebensnotwendigen Bausteinen versorgt zu werden.

Deshalb spielt die Ernährung auch bei Ihnen in der Klinik eine wichtige Rolle?

Genau. Wir arbeiten viel mit chronisch kranken Patienten und Patientinnen, bei denen vorrangig Entzündungsgeschehnisse eine wesentliche Rolle spielen. Wir versuchen, durch die Nahrungskarenz im Heilfasten Überschüsse durch eine Fehlernährung abzubauen und das Immunsystem wieder aufzubauen. Langfristig sollen die Patient:innen lernen, über eine gute, ausgewogene, gesunde Ernährung dem Körper das zu liefern, was er braucht, um besser mit seiner Erkrankung zurecht zu kommen.

Ist es nachweislich so, dass Patienten sich nach dem Fasten besser fühlen und Entzündungen dadurch gelindert werden?

Mit dem Fasten haben wir sehr gute Beobachtungen vor allem bei Rheumatikern machen können, so dass die Gelenksteifigkeit abnimmt. Wir machen auch Laborkontrollen, in denen wir dann sehen können, dass die Entzündungsmarker sinken. Viele Patient:innen berichten auch noch nach dem Klinikaufenthalt, dass ihre Beschwerden nach der Umstellung auf vegetarische Ernährung weniger wurden. Zum Fasten und der Umstellung auf vegetarische oder vegane Ernährung gibt es Studien, die diesen Zusammenhang belegen.

Welche Krankheitsbilder lassen sich durch eine gesunde Ernährung positiv beeinflussen? Wie und warum?

Hauptsächlich sind das Zivilisationskrankheiten, die durch eine Fehl- oder Überernährung zustande kommen: Übergewicht, Diabetes oder Gicht und auch entzündliche Erkrankungen wie Rheuma. In Kombination mit Bewegungstherapie und Lebensstiländerung kann dann weiteren Folgeerkrankungen wie zum Beispiel Fettstoffwechselstörungen und Arteriosklerose vorgebeugt werden.

Wie sieht eine gesunde Ernährung aus?

Ausgewogen und abwechslungsreich. Dabei stehen vorrangig die pflanzlichen Lebensmittel im Vordergrund wie Gemüse, Obst und Vollkornprodukte. Milchprodukte kommen nur in kleineren Mengen vor. Zudem empfehlen wir zwei kleinere Fischmahlzeiten pro Woche. Dann gerne mit fetthaltigeren Fischsorten wie Lachs wegen den hochwertigen Omega-3-Fettsäuren. Sie sind gut für das Herz-Kreislauf-System und können entzündungshemmende Effekte haben.

Welches Obst und Gemüse sind besonders vorteilhaft?

Im Grunde genommen darf alles an Obst und Gemüse gegessen werden, was vertragen wird. Je bunter desto besser, dann nimmt man automatisch auch ausreichend sekundäre Pflanzenstoffe auf. Grundsätzlich sollte saisonal und regional gegessen werden. Gerade das Mischen und Abwechseln ist wichtig, da sich viele Inhaltsstoffe gegenseitig positiv beeinflussen. Man sollte den Schwerpunkt deshalb nicht auf einzelne Lebensmittel legen, sondern sie ergänzen sich gegenseitig.

Welche Rolle spielen Gewürze und Kräuter?

Sie erweitern unseren Speiseplan und sparen Salz. Das ist wichtig, weil wir unseren Speiseplan oftmals zu salzreich gestalten. Kräuter liefern in Kombination mit Obst und Gemüse zudem sekundäre Pflanzenstoffe und können so das antioxidative Potenzial ausnutzen, also den Schutz gegen freie Radikale verbessern. Sie können zum Beispiel auch auf die Nierentätigkeit anregend wirken. Man kann also schon aus Gewürzen und Kräutern einen immunstärkenden Effekt ziehen.

Worauf sollte man bei der Zubereitung von Obst und Gemüse besonders achten?

Die Zubereitung sollte möglichst kurz vor dem Verzehr stattfinden. Durch den Zerkleinerungsprozess beim Schneiden vergrößert sich die Oberfläche zum Beispiel der Paprika und die Zellen werden angeschnitten. Dadurch kann zum Beispiel Vitamin C austreten. Das ist dann dem Sauerstoff ausgesetzt und wird abgebaut. Gründliches Putzen ist ebenfalls wichtig. Dann unter fließendem und nicht in stehendem Wasser reinigen, damit keine Auslaugung erfolgt. Am besten verzehrt man Bioware und diese ungeschält, da unter der Schale die wichtigen Vitamine sitzen.

Braucht man Nahrungsergänzungsmittel?

Wie der Name schon sagt, ist es eine Ergänzung zur Ernährung. Nahrungsergänzungsmittel unterliegen nicht dem Arzneimittelgesetz, das heißt, es wird keine bestimmte Dosierung festgelegt. Häufig sind sie zudem überdosiert, wodurch sie gar nicht optimal ausgenutzt werden. Das kann zum Beispiel im Falle von Vitamin A auch zu Leberschäden führen und sollte daher immer mit einem Arzt abgesprochen werden. Auch auf mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten sollte dann geachtet werden. Es gibt Risikogruppen wie Schwangere, Senioren oder Veganer:innen. Dann sollte allerdings auch erst anhand von einem Blutbild geschaut werden, wie der Bedarf der Patient:innen individuell aussieht.

Welche Getränke empfehlen Sie?

Bei uns in der Klinik gibt es vorrangig Mineralwasser und Kräutertee. Kaffee in Maßen, maximal drei Tässchen am Tag.

Und was ist mit Saftschorlen?

Um mal einen anderen Geschmack zu haben, sind Schorlen mit einem Drittel Saft in Ordnung. Generell sollte man das Obst aber lieber als Ganzes verzehren, wenn man die positiven Nährstoffe der Früchte aufnehmen möchte. Hinzu kommt, dass Säfte aus dem Supermarkt häufig stark gezuckert sind. Beim Einkaufen kann man darauf achten, Direktsaft ohne Zuckerzusatz zu kaufen (Inhaltsstoffe beachten statt der Nährstofftabelle) und Nektar zu vermeiden, da dieser besonders viel zugesetzten Zucker enthält.

Wie ernähren Sie persönlich sich in Ihrer Freizeit?

Ich versuche, mich unter der Woche sehr gesund und vorrangig vegetarisch zu ernähren. Wenn ich aber am Wochenende auf einer Grillparty bin, darf es auch mal das Grillwürstchen sein. Es geht immer darum, das gesunde Maß zu finden. Wenn es mal etwas heftiger geworden ist, mache ich einen Entlastungstag, an dem ich zum Beispiel nur Obst esse.

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Ökotrophologin Tanja Pötschke