Wochenrückblick: Honorarfrage bei Grippeschutzimpfungen und Melatonin beim Discounter

Die Honorarfrage bei Grippeschutzimpfungen durch Apotheken bleibt weiterhin offen, erneute Kritik am geplanten Spargesetz durch Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening und kreativen Kampagnen sowie seit dieser Woche Melatonin beim Discounter.

DAV lässt Ad-Bikes fahren um vor Kürzungen zu warnen

Putzig sahen sie aus, das schon: Die Ad-Bikes, die vom 19. bis zum 22. September im Auftrag des Deutschen Apothekerverbandes bzw. der ABDA im Berliner Regierungsviertel unterwegs waren. Ad-Bikes ziehen einen Anhänger hinter sich her, der ein in einem Rahmen aufgespanntes, großformatiges Plakat zeigt. Die Botschaft auf dem Plakat lautete „Am falschen Ende gespart.“ Illustriert wurde die Mahnung mit dem Bild eines Drahtesels, der vorn statt eines normal großen nur ein kleines Rollerrad aufweist. Fahren – so legte es das Plakat nahe – schwer bis unmöglich. Übertragen auf die Lage der Apotheken sollte die Aussage wohl sein: Sparen beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit der Apotheken. Kürzungen drohen den Apotheken mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das in dieser Woche seine erste Lesung erlebte. Die Räder mit dem plakativen Motiv im Schlepptau kurvten zwischen Bundeskanzleramt, Reichstag und Abgeordnetenbüros hin und her – ob die Absicht, auf drohende Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen, bei den Abgeordneten ankam, wird sich zeigen müssen.

Erneute Kritik am geplanten Spargesetz

Auch Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening hat ihre Kritik am geplanten Spargesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erneuert. „Mit den 120 Millionen Euro, auf die die Apotheken im Jahr verzichten sollen, könnten die Gehälter für 2000 junge Apothekerinnen und Apotheker bezahlt werden, die dringend für die Versorgung einer immer älter werdenden Gesellschaft gebraucht werden.“ Diese Erhöhung des Abschlags mache die ohnehin angespannte Personalsituation in den Apotheken noch schwieriger, so die Abda-Präsidentin weiter. Die Apotheken hätten derzeit ohnehin schon enorme zusätzliche Kosten zu bewältigen. „Allein der diesjährige Tarifabschluss, der für die Angestellten dringend benötigte Gehaltsaufbesserungen bringt, bedeutet für den Inhaber oder die Inhaberin einer Apotheke vor Ort im nächsten Jahr Mehrkosten von rund 33.000 Euro. Die enorm gestiegenen Energiekosten und die allgemeine Inflation kommen dazu“, so Overwiening. Die Abda fordert deshalb vielmehr eine Entlastung der Apotheken: „Es ist richtig und wichtig, wenn die Gesundheitspolitik erwägt, Gesundheitseinrichtungen von den extrem gestiegenen Energiekosten entlasten zu wollen. Auch die Apotheken müssen dazu gerechnet werden. Die Arzneimittelversorgung über die Apotheken ist stark abhängig von der Energieversorgung“.

Honorarfrage bei Grippeschutzimpfungen durch Apotheken weiterhin offen

Noch immer gibt es keine verbindliche Einigung zu den Honoraren für Apotheken, die – wie vom im Juni beschlossenen Pflegebonus-Gesetz vorgesehen – in diesem Herbst Grippeschutzimpfungen anbieten möchten. Eigentlich hätten sich der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen und der DAV auf Seiten der Apotheker spätestens zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Honorare einigen müssen. Dies ist offensichtlich noch nicht geschehen, im Gegenteil: Der Stand der Verhandlungen wird von den beteiligten Verbänden höchst unterschiedlich dargestellt. Während der DAV die Verhandlungen Ende August als gescheitert bezeichnete, widersprach der GKV-Spitzenverband: es werde weiter verhandelt. Apotheken, die sich auf die Impfung – unter anderem durch aufwändige Schulungen durch ärztliches Personal – vorbereitet hatten, können diese zum Beginn der Grippesaison nicht anbieten. Mit einem Ergebnis der offensichtlich laufenden Nachverhandlungen wird nicht vor Mitte Oktober gerechnet. Bei einem Scheitern könnte ein Schiedsverfahren eingeleitet werden, das binnen eines Monats eine bindende Entscheidung treffen könnte. Dass die Taktiererei angesichts der erwarteten, schweren Grippewelle (siehe AMIRA-Wochenrückblick) der Gesundheit der Bevölkerung dient, darf jedenfalls bezweifelt werden.

Melatonin beim Discounter

Zwischen den verschiedenen Angeboten findet man diese Woche Melatonin-Kapseln und -Sticks im Prospekt von Aldi Süd. 40 Kapseln oder 22 Sticks des Nahrungsergänzungsmittels kann man für 3,49 Euro kaufen – in welchen Dosierungen diese genau einzunehmen sind, ist aus der Werbung allerdings nicht ersichtlich. Damit gelangt der viel diskutierte Wirkstoff nach Apotheke, Drogerie und Internet nun auch in die Regale der Discounter. Auf eine Beratung wird die Kundschaft wohl weitgehend verzichten müssen, die gerade für dieses Nahrungsergänzungsmittel und seine Indikation wichtig wäre. In den Apotheken vor Ort kann eine kompetente Beratung erfolgen und unter Umständen auch an eine Ärztin oder einen Arzt verwiesen werden. Bei Aldi Süd handelt es sich zwar noch um ein Aktionsangebot, doch nach einem erfolgreichen Test könnte die Aufnahme ins reguläre Sortiment folgen. Auch beim Preis könnte es sich aktuell noch um den Beginn einer Abwärtsspirale handeln. Sollten weitere Discounter nachziehen, wird wahrscheinlich ein Preiswettbewerb entstehen. Das alles wird negative Auswirkungen auf die Nachfrage entsprechender Präparate in den Apotheken haben und den Umgang der Bevölkerung mit Melatonin im Speziellen sowie mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln im Allgemeinen weiter trivialisieren. Was hältst du von dieser Entwicklung? Verrate es uns in den Kommentaren!