Verhütungspanne: So kann die Pille danach helfen

Pille zu spät genommen? Kondom gerissen? Verhütung vergessen? Wir in der Apotheke haben schon viele Gründe für Verhütungspannen gehört. Folgende Dinge zur Notfallkontrazeption solltest du wissen.

Regelmäßig kommen (meist) Frauen zu uns und bitten um die sogenannte „Pille danach“ zur Verhinderung einer ungewollten Schwangerschaft. Seit März 2015 darf diese rezeptfrei nach einer umfassenden Beratung direkt an unsere Kundinnen oder auch einen Boten ausgehändigt werden. Welche Präparate gibt es und wie unterscheiden sie sich? Worauf muss man achten? Was muss ich der Kundin unbedingt mit auf den Weg geben? Hier eine kleine Zusammenfassung.

Welche Möglichkeiten der Notfallverhütung gibt es?

In Deutschland stehen zwei verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung, die zur Notfallverhütung zugelassen sind und rezeptfrei abgegeben werden dürfen. Es gibt Ulipristalacetat (EllaOne® von HRA Pharma und Generika) sowie Levonorgestrel (PiDaNa® von HR -Pharma und Generika). Beide Präparate in Tablettenform können, sofern sie rechtzeitig eingenommen werden, den Eisprung nach hinten verschieben, da sie die Eireifung hemmen. Hat dieser bereits stattgefunden, sind beide Substanzen unwirksam.

Das synthetische Gestagen Levonorgestrel kann bis zu 72 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr bzw. der Verhütungspanne eingenommen werden, der Progesteron-Rezeptor-Modulator Ulipristalacetat hingegen bis zu 120 Stunden. Letzteres wirkt im Gegensatz zu Levonorgestrel auch noch bis kurz vor dem Eisprung, noch während des LH-Anstiegs (= luteinisierendes Hormon). Sind mehr als 120 Stunden vergangen, muss die Kundin an einen Gynäkologen bzw. an eine Gynäkologin verwiesen werden. Diese/r hat die Möglichkeit, eine „Spirale danach“ in den Uterus einzusetzen. Auch bei Verdacht auf eine bestehende Schwangerschaft sollte sich die Kundin in ärztliche Hände begeben.

100-prozentiger Schutz? Den gibt es nicht!

Es ist im Alltag unmöglich, den genauen Zeitpunkt des Eisprungs vorherzusagen, vor allem unterscheidet sich dieser von Frau zu Frau. Daher ist die Einnahme, egal welchen Wirkstoffes, zu jedem Zeitpunkt im Zyklus empfohlen – und zwar so schnell wie möglich. Einen hundertprozentigen Schutz vor Schwangerschaft bieten aber beide Präparate nicht. Je früher die Einnahme, desto besser die Wirksamkeit. Die Kundin sollte darauf hingewiesen werden, einen Schwangerschaftstest durchzuführen und einen Frauenarzt aufzusuchen, falls die Regelblutung ausbleibt oder sie Schwangerschaftsanzeichen wahrnimmt (Brustspannen, Übelkeit, Bauchschmerzen, etc.). 

Gibt es Kontraindikationen oder Interaktionen?

Eine „Pille danach“ darf nicht eingenommen werden bei Allergien gegen die Wirkstoffe sowie bei schweren Leber- und Nierenerkrankungen. Asthmapatientinnen, die orale Glucocorticoide einnehmen, dürfen Ulipristalacetat nicht verwenden und sollten daher ein levonorgestrelhaltiges Präparat bekommen. In der Stillzeit sollte ebenfalls Levonorgestrel bevorzugt werden, da hier nur eine relativ kurze Stillpause (acht Stunden) einzuhalten ist. Ulipristalacetat kann zwar auch eingenommen werden, allerdings muss die Muttermilch hier für sieben Tage verworfen werden.

Hat die Kundin in den letzten vier Wochen CYP-3A4-Inhibitoren (z.B. Johanniskraut, Phenobarbital, bestimmte Antiepileptika, bestimmte HIV-Medikamente) eingenommen, darf die Pille danach (vor allem Ulipristalacetat) aufgrund von Interaktionen nicht abgegeben werden. Stattdessen sollte die Kundin eine gynäkologische Praxis aufsuchen. 

Was sollte bei der Einnahme beachtet werden?

Wie schon erwähnt, sollte die Pille danach möglichst rasch nach der Verhütungspanne eingenommen werden, am besten mit einem großen Glas Wasser und nach einer Mahlzeit. Kommt es innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme zum Erbrechen, muss eine weitere Tablette eingenommen werden. Das Medikament greift in den Hormonhaushalt ein und es können Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Brechreiz sowie leichte Bauchschmerzen, Menstruationsunregelmäßigkeiten (Stärke, Beginn, etc.) sowie Brustspannen auftreten. 

Wird die Pille danach aufgrund eines Einnahmefehlers bei der Anti-Baby-Pille benötigt, sollte letztere ganz normal zum gewohnten Zeitpunkt weiter genommen werden, auch wenn dann quasi zwei Pillen zugeführt werden. Allerdings sollte die Verhütung über mindestens 14 Tage zusätzlich mit einem Kondom erfolgen, bis die Sicherheit der Pille wieder gewährleistet ist.

Die Pille danach bietet keinen Verhütungsschutz. Kommt es im gleichen Zyklus zu einer erneuten Verhütungspanne (Abstand > 24 Stunden), so muss erneut eine „Pille danach“ (unbedingt gleicher Wirkstoff) eingenommen werden. Aufgrund von nachlassender Wirksamkeit, ist das Risiko einer Schwangerschaft viermal so hoch.

Noch nicht ganz eindeutig ist die Datenlage über die nachlassende Wirksamkeit bei adipösen Frauen. Es gibt Hinweise darauf für beide Wirkstoffe, allerdings konnten keine eindeutigen Gewichtsgrenzen, bei denen es zu einer Abnahme der Wirkung kommt, festgelegt werden. Daher besteht keine Anwendungseinschränkung. Betroffene Frauen können auch zum Frauenarzt geschickt werden, um eine „Spirale danach“ setzen zu lassen.

Weitere Beratungstipps

Kundinnen sollten darauf hingewiesen werden, dass die „Pille danach“ keinesfalls Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten bietet. Daher sollte bei Auftreten von Beschwerden oder nach einer gewissen Zeit ärztlicher Rat eingeholt werden. Wird uns im Beratungsgespräch mitgeteilt, dass die Kundin Opfer einer sexuellen Gewalttat geworden ist, sollte die „Pille danach“, sofern keine Kontraindikationen bestehen, abgegeben werden. Es ist wichtig, der Frau empathisch zu begegnen und alle Möglichkeiten aufzuzeigen. Die Tat sollte natürlich bei der Polizei angezeigt werden. Falls das nicht erwünscht ist, besteht die Möglichkeit in einer Klinik, bei Gynäkologen oder in einem rechtsmedizinischen Institut anonym Spuren sichern zu lassen, die dann für mehrere Jahre verwahrt werden.