Leben mit HIV-Infektion: Der Welt-Aids-Tag

Der Welt-Aids-Tag wurde am 1. Dezember 1988 zum ersten Mal ausgetragen und steht seitdem dafür, mehr Aufmerksamkeit auf HIV und Aids zu lenken.

Weltweit gibt es über 38 Millionen Menschen, die mit dem HI-Virus infiziert sind – kurz: HIV. Noch immer haben bei weitem nicht alle Betroffenen Zugang zu Medikamenten und ärztlicher Behandlung. Hinzu kommt, dass sie stigmatisiert und diskriminiert werden. Die HIV-Epidemie wird nach wie vor von sozialen Ungleichheiten angefeuert: Besonders in Südafrika sind junge Frauen überdurchschnittlich häufig betroffen, gleiches gilt für in vielen Ländern benachteiligte Personengruppen wie homosexuelle Männer. Aber auch Personen, die aufgrund von Sucht intravenös Drogen konsumieren oder Sexarbeiter*innen infizieren sich besonders häufig mit dem gefährlichen Virus. Der Welt-Aids-Tag steht in diesem Jahr unter dem Motto „Equalize“ – also: Ungleichheiten beenden. Es ist wichtig, sich über die Krankheit zu informieren und Personen nicht aufgrund der Erkrankung zu verurteilen.

Diskriminierungserfahrungen

Genau das aber passiert auch in Deutschland immer wieder, immer noch. Obwohl Aids- und HIV-Patienten in unserem Land eine wirksame Medikation erhalten, die ein fast normales (unten mehr) Leben ermöglicht, begegnen sie immer wieder Vorurteilen und Angst, werden diskriminiert. Die Deutsche Aidshilfe hat Erlebnisse von Betroffenen zusammengetragen, die zeigen, wie sehr sie unter Vorbehalten zu leiden haben. Oder eben darunter, sich bloß nichts anmerken und niemanden wissen zu lassen, dass sie positiv sind. Darüber, so der 25-jährige Oliver, sei er krank geworden, psychisch krank: „Ich habe lange verheimlicht, dass ich positiv bin. Aus Angst vor Zurückweisung habe ich mich selbst komplett zurückgezogen. Doch damit wurde ich nicht fertig und habe eine starke Depression entwickelt.“ Erst als er sich offenbarte, merkte er, dass viele Leute an seiner Lage ehrlich interessiert waren: „Das war ein Befreiungsschlag für mich“, sagt Oliver. Erstaunlich viele beklagen, dass ihnen gerade aus dem medizinischen Bereich Diskriminierung entgegenschlägt. Da ist die Orthopädin, die sich bei einer Untersuchung der Handgelenke von David, 42 Jahre alt und positiv, erst einmal die Gummihandschuhe überzieht. „Nur weil sie mich anfassen musste. Das war wirklich krass“, sagt David. Oder die Reha-Klinik, die der inzwischen 63-jährigen Anika, geboren als Mann, ein Schild mit der Aufschrift HIV auf ihren Platz in der Kantine stellt. Die 75 Jahre alte Hildegard schildert auf der Seite, wie sie vor einigen Jahren sogar vor einer gynäkologischen OP nach Hause geschickt wurde, als das Krankenhaus erfuhr, dass sie positiv ist. „Das war wirklich schrecklich, ich war total niedergeschmettert und bin wie ein geprügelter Hund nach Hause gegangen.“ Heute könne sie von vielen mit brennendem Interesse gestellte Frage, wo und wie sie sich denn angesteckt habe, viel besser umgehen: „Da sage ich mittlerweile trocken: Schon mal davon gehört, dass Leute Sex haben?“ Nicht alle Betroffenen wollen mit der Frage nach dem Wie und Wo der Ansteckung so abgeklärt umgehen. Lillian etwa, die aus Uganda flüchtete und 52 Jahre alt ist, findet die Neugier nicht in Ordnung: „Es käme doch auch niemand auf Idee, einen Diabetiker zu fragen, wie ungesund er sich ernährt hat, oder einen Krebskranken, wie viel er geraucht hat oder ob seine Familie wohl vorbelastet sei. Nur um sich dann zu denken: „Selbst schuld.“ Das ist nicht okay“, findet sie.

Viele dieser Erfahrungen beruhen auf Unwissenheit der nichtbetroffenen Mitmenschen, die wiederum zu moralischer Verurteilung führt. Dabei geben die Fakten jeden Anlass, HIV-infizierten und Aids-Kranken heute vorurteilsfrei gegenüber zu treten.

Die Fakten: Von HIV zu Aids

Die HIV-Infektion verläuft in mehreren Phasen und wird erst ohne Behandlung in einem späteren Stadium zu Aids. Man unterscheidet in:

Phase 1: Akute HIV-Infektion

Kurz nach der Infektion mit dem HI-Virus steigt die Virenlast im Körper stark an und das Ansteckungsrisiko für Geschlechtspartner:innen der betroffenen Person ist stark erhöht. Etwa zwei bis vier Wochen nach der Infektion kommt es meistens zu grippeartigen Symptomen wie Fieber, Durchfall, Abgeschlagenheit und Müdigkeit sowie geschwollenen Lymphknoten.

Phase 2: HIV-Infektion ohne Symptome

Auf die akute Infektionsphase folgt eine meist jahrelange, symptomfreie Zeit, in der sich das Virus nicht bemerkbar macht, aber dennoch bleibende Schäden an Organen und Immunsystem verursacht.

Phase 3: HIV-Infektion mit Symptomen

Ohne die richtige Behandlung kommt es irgendwann zu schwerwiegenden Symptomen, wie Nachtschweiß, langanhaltenden Lymphknotenschwellungen, Gürtelrose (Herpes Zoster), anhaltendem Fieber ohne erkennbare Ursache, dauerndem Durchfall, Pilzbefall von Mund, Rachen, Vagina (länger als einen Monat) und sogar Nervenschädigungen an Armen und Beinen mit Schmerzen, Kribbeln oder Taubheitsgefühl.

Phase 4: Aids

Bei rechtzeitiger Behandlung von HIV kann Aids vermieden werden. Wenn die versäumt wird, äußert sich das Endstadium der Infektion durch eine bestimmte Form der Lungenentzündung (Pneumocystis-Pneumonie), Pilzbefall der Speise- und Luftröhre oder auch bestimmte Krebsarten (zum Beispiel das Kaposi-Sarkom).

HIV-Test: Wann, wo und für wen?

Das gewissenhafte Testen auf HIV schützt vor Aids. Sinnvoll ist ein Test nach HIV-Risikosituationen, beispielsweise nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr, oder bei Symptomen, die auf eine Infektion hindeuten. Schwangere werden in jedem Falle getestet, um die Weitergabe des Virus an das Kind zu verhindern. Wer Drogen intravenös konsumiert, sollte neben HIV-Tests auch Hepatitis testen lassen. Personen mit regelmäßig wechselnden Geschlechtspartnern wird die regelmäßige HIV-Testung empfohlen. Es gibt verschiedene HIV-Tests, beispielsweise HIV-Schnelltests, HIV-Selbsttests, HIV-Einsendetests – diese weisen alle nicht direkt das Virus nach, sondern suchen nach Antikörpern im Blut, die sich bereits sechs bis zwölf Wochen nach Infektion nachweisen lassen. Wenn ein Test anschlägt, muss das Ergebnis durch einen zweiten Test gesichert werden.

Ein HIV-Test kann von verschiedenen Ärzten und Institutionen durchgeführt werden, beispielsweise vom Gesundheitsamt oder der Aidshilfe. Ein Test kann hier zwischen 10 und 26 Euro kosten. Ein Selbsttest für daheim kostet etwa 20 Euro.

Therapie und Aussicht auf Heilung

Wird HIV rechtzeitig behandelt, kann die Erkrankung an Aids verhindert werden. Auch bereits vorhandene Aids-Symptome lassen sich bessern. Ganz wichtig ist: Durch die Therapie wird das Ansteckungsrisiko eliminiert – es besteht also kein Grund zur Sorge, sich durch Sexualkontakt mit einer betroffenen Person zu infizieren. Die HIV-Medikamente unterdrücken die Viruslast im Blut. Liegt diese für mindestens ein halbes Jahr unter der Nachweisgrenze, so befinden sich auch in Sperma und anderen Körperflüssigkeiten keine Viren mehr, die beim Geschlechtsverkehr eine Übertragung der Krankheit möglich machen. Wer auf „Nummer sicher“ gehen will, schützt sich beim Verkehr – vor allem bei neuen Kontakten – durch Kondome. Nicht möglich ist es übrigens, sich durch das Trinken aus einem gemeinsamen Glas, das Benutzen desselben Tellers oder derselben Gabel anzustecken. Das war es noch nie, nicht einmal in der von einer hysterischen Berichterstattung begleiteten Anfangszeit der Erkrankung zu Beginn der 80er Jahre.

Diskriminierung beenden – so helfen wir allgemein und ganz persönlich

Du bist in einem Heilberuf tätig und gehst professionell und vorurteilsfrei an die Dinge heran, das ist uns klar. Trotzdem haben wir hier noch ein paar Merksätze aufgeschrieben, die den Umgang von HIV-Infizierten und Nicht-Betroffenen entkrampfen können:

- Informiere dich über die Krankheit und begegne Betroffenen mit Respekt .

- Mache dich gegen Diskriminierung stark. Teile deinen Mitmenschen unsere Merksätze mit.

- Engagiere dich ehrenamtlich oder spende, um Organisationen zu unterstützen – beispielsweise hier

- Beteilige dich am Welt-Aids-Tag online und offline.

- Zeige Solidarität mit der charakteristischen roten Schleife.

- Sorge für deine eigene Gesundheit und teste dich, falls du potenzielle Ansteckungssituationen durchlebt hast – so schützt du dich und andere.

Das kannst du in der Apotheke tun

Dass Personen, die bei sich eine HIV-Infektion vermuten, zuerst in der Apotheke um Rat fragen, ist nicht ausgeschlossen, dürfte aber selten sein. Falls dies vorkommt und die oben vorgestellten, oft unklaren Symptome geschildert werden, ist es natürlich geboten, einen Test zu empfehlen. Das ist aber gar nicht so leicht: Wer will schon hören, und das auch noch in der öffentlichen Apotheke, dass er Aids oder HIV haben könnte. Hier ist also Sensibilität gefragt.

Empathie bei gleichzeitiger Zurückhaltung sind auch gefordert, wenn Betroffene sich ihre Medikamente in eurer Offizin abholen. Natürlich sind auch Therapien bei HIV und Aids nicht völlig nebenwirkungsfrei, bei Betroffenen kommt es zum Beispiel häufiger zu Magen-Darm-Beschwerden. Hier kannst du aufgrund deines Wissens sicher bestens beraten. Mach das vorurteilsfrei und nüchtern, dabei immer freundlich. Eben so, wie du bist!