Wochenrückblick: Cannabis, Ozempic, Winterwärme und Arzneimittelversorgung

Entwarnung bei Ozempic-Fälschungen, Ärger mit der warmen Witterung für Allergiker, der Gesundheitsausschuss des Bundestages beschäftigt sich mit der Arzneimittelversorgung in Deutschland. Ach ja, und dann wurde auch das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung verabschiedet.

Cannabis-Legalisierung im Bundestag beschlossen

Am gestrigen Freitag beschloss der Bundestag die teilweise Legalisierung von Cannabis. AMIRA hatte über das Gesetzesvorhaben bereits des Öfteren berichtet. An dieser Stelle nur soviel: Unsere Apothekenspitzelin wird sich des Themas in ihrer Kolumne am morgigen Sonntag nochmals annehmen. 

Entwarnung wegen Ozempic

Der Fall hatte große Wellen geschlagen: Im Oktober 2023 hatte das Regierungspräsidium Freiburg vor gefälschten Ozempic-Pens von Novo Nordisk gewarnt. Untersuchungen hatten ergeben, dass eine Charge Insulin glargin statt Semaglutid enthielt, was schwerwiegende Komplikationen verursachen kann. Apotheken wurden seitdem aufgefordert, die Echtheit jeder Ozempic-Primärverpackung zu überprüfen, da Fälschungen auf Sekundärverpackungsebene schwer zu erkennen waren.

Das Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilte nun mit, dass in den letzten Monaten keine weiteren gefälschten Arzneimittel in Deutschland entdeckt worden seien, daher sei eine genaue Prüfung vor der Abgabe nicht mehr erforderlich. Die Ermittlungen dauerten allerdings an, das BfArM steht eigenen Angaben zufolge in Kontakt mit nationalen und internationalen Behörden, um Gesundheitsfachkräfte über die weiteren Entwicklungen zu informieren.

AMIRA fragt: Habt ihr eigentlich je einen der gefälschten Sticks gesehen oder ist das Ganze an euch vorbei gegangen?

Covid-19-Leitlinie aktualisiert: Nur noch Hochrisiko-Patienten erhalten antivirale Frühtherapie

Laut der aktualisierten S3-Leitlinie zur Behandlung von Covid-19 ist eine antivirale Frühtherapie künftig nur noch für Hochrisiko-Patienten vorgesehen, wie Organtransplantationspatienten oder Menschen unter starker Immunsuppression. Die Entscheidung zur antiviralen Behandlung soll individuell basierend auf Risikofaktoren, Immunisierungsstatus und Komorbiditäten getroffen werden. Die Aktualisierung spiegelt die jüngsten Entwicklungen der WHO-Leitlinie zur Behandlung von Covid-19 wider. Paxlovid wird demnach nur noch bei hohem Hospitalisierungsrisiko empfohlen. In schweren Fällen von Covid-19 ist eine immunmodulatorische Therapie vorgesehen, einschließlich Dexamethason und möglicherweise Remdesivir oder Tocilizumab.

In der Leitlinie wird außerdem die Bedeutung der Antikoagulationstherapie betont, abhängig vom Krankheitsstadium und individuellen Risiken. Ambulante Patienten ohne schweren Verlauf benötigen normalerweise keine Antikoagulation. Hospitalisierte Patienten erhalten üblicherweise niedermolekulares Heparin oder Fondaparinux. Bei moderater Krankheitsaktivität und erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf wird eine intensivierte Antikoagulation erwogen. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wird bei Patienten mit hohem Thromboembolie-Risiko die Fortsetzung der Antikoagulation mit einem direkten oralen Antikoagulans für vier bis fünf Wochen empfohlen.

Bundesverband der Pharmaziestudierenden unterstützt Union-Antrag zum Pharmaziestudium

Der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) hat Stellung zu einem Antrag der CDU/CSU bezüglich der Arzneimittelversorgung genommen. Der BPhD unterstützt demnach Bestrebungen zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit durch Anpassungen im Pharmaziestudium. Der Verband erachte eine Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker*innen (AAppO) als essenziell, um auf die Veränderungen im Berufsfeld angemessen zu reagieren. Dies beinhalte eine Stärkung der interprofessionellen Lehre, eine Ausweitung der Klinischen Pharmazie und Pharmakologie sowie die Einführung wissenschaftlicher Arbeiten im Studium.

Der Vorschlag des Runden Tisches der Bundesapothekerkammer sah zuletzt eine Verlängerung des Studiums um zwei Semester vor, was jedoch zu einer erheblichen Stundenintensität führen würde. Der BPhD befürworte zwar die Verlängerung, warne jedoch vor einem potenziellen Attraktivitätsverlust des Studiums. Angesichts des Fachkräfte- und Nachwuchsmangels hob der Verband eine Erhöhung der Studienplätze und die Schaffung neuer Studienstandorte, insbesondere in Brandenburg, als notwendig hervor. Eine Novellierung der AAppO könnte demnach die Attraktivität des Studiums steigern und den Fachkräftemangel bekämpfen. Die Studierbarkeit des Studiengangs dürfe jedoch nicht vernachlässigt werden.

Wenig Infektionsgefahr im ÖPNV

Das Infektionsrisiko im öffentlichen Nahverkehr bei eingeschalteter Lüftung ist erheblich geringer als in einem geschlossenen Raum. Das geht aus einer Untersuchung der Universität Kassel hervor, über die die Niedersächsische/Hessische Allgemeine berichtete. Im Nachgang zur Corona-Epidemie analysierten die Verkehrsforscher die Ausbreitung von Aerosolen, also den Übertragungsweg von Viren, in einem virtuellen Bus mithilfe von Computersimulationen. Dabei stellte sich heraus, dass die Lüftung der entscheidende Faktor ist. Selbst unter sehr ungünstigen Bedingungen, wie einer hohen Infektionsrate (Inzidenz 1000), einem vollen Bus, schlechter Belüftung, fehlenden Maskenträgern und einer 20-minütigen Fahrzeit, betrug die rechnerische Infektionswahrscheinlichkeit nur 3,2 Prozent. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes erwies sich als besonders hilfreich und reduzierte die Infektionswahrscheinlichkeit um das 20-fache. Weitere Ergebnisse dieser mit rund 1,3 Millionen Euro vom Bund geförderten Forschungsarbeit werden Ende März veröffentlicht.

Warme Witterung I: Zecken schon früh aktiv

Der milde Winter hat Zecken begünstigt, die nun früh im Jahr aktiv sind. Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim in Stuttgart, betonte anlässlich des 7. Süddeutschen Zeckenkongressa (26.-28.2 in Stuttgart), dass dies zu einer deutlich früheren und erhöhten Infektionsgefahr führt. In Bayern wurden bereits fünf Fälle von Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) gemeldet, in Baden-Württemberg ein Fall. Experten gehen davon aus, dass das Übertragungsrisiko durch Zecken auch in den nördlichen Bundesländern deutlich steigt. Trotz rückläufiger Infektionszahlen (627 Infektionen im Jahr 2022 im Vergleich zu 527 Infektionen im Jahr 2023) könnte dieses Jahr ein starkes Zecken-Jahr werden, so Mackenstedt. Die Forschung identifiziert zunehmend sogenannte Naturherde, also räumlich begrenzte Gebiete mit Zecken, die den FSME-Erreger tragen. Deutschland insgesamt gilt als Endemie-Gebiet für FSME, unabhängig von regionalen Unterschieden. Mackenstedt warnt: „Wir können uns nirgendwo mehr richtig sicher sein.”

Um sich zu schützen, empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) eine FSME-Impfung für Menschen in Risikogebieten. Diese sollte bei Menschen bis 60 Jahren alle fünf Jahre und bei älteren Menschen alle drei Jahre aufgefrischt werden. Zudem ist angemessene Kleidung ein guter Schutz: Langärmelige Hemden, lange Hosen und feste Schuhe halten Zecken fern. Chemische Abwehrmittel, ähnlich wie gegen Mücken, können ebenfalls zeitlich begrenzt wirken.

Warme Witterung II: Pollenflug hat begonnen

Vielleicht begann auch bei euch schon im Januar die Nase zu jucken? Und das nicht wegen eines Infekts, sondern wegen eurer Allergie? Dann seid ihr nicht allein – so geht's inzwischen vielen Menschen, denn mittlerweile ist die Pollensaison in vollem Gange. Der Grund auch hier: der milde Winter. Experten der Europäischen Allergiestiftung Ecarf und des Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) berichteten Mitte dieser Woche bei einer Pressekonferenz in Berlin über diese Situation.

Matthias Werchan von der PID erklärte: „Die Erle hat schon sehr früh Anfang Februar mit starken Belastungen begonnen.” Auch Pappel, Eibe, Ulme und Zypressengewächse blühen bereits und können Beschwerden verursachen. Der Februar ist wärmer als ein durchschnittlicher März bisher, und die Natur reagiert darauf entsprechend.

Der Pollenflug der Hasel begann bereits zum Jahreswechsel, und seit einigen Wochen stäubt die Pflanze mit hoher Intensität. Obwohl die Experten dieses Jahr nicht von einem Frühstart der Saison sprechen wollen, ist es fast die Regel, dass zur Weihnachtszeit die Hasel blüht. Früher galten die Wintermonate als Verschnaufpause für Allergiker. Mittlerweile beobachten Fachleute, dass sich wegen des Klimawandels beinahe die Zeiten überschneiden, in denen die letzten Pollen der Vorsaison verschwinden und die ersten der neuen Saison auftauchen. Als einzige Verschnaufpause bleibe Allergikern nach Angaben des PID-Experten fast nur noch der November. Diese Entwicklung sei vor allem für schwere Asthmatiker und ältere Menschen ein Problem, aber auch Kinder litten stark. Wer ständig niesen muss oder sich erschöpft fühlt, könne sich auch in der Schule schlechter konzentrieren, so der PID-Experte.

AMIRA fragt: WIe ist eure eigene Beobachtung? Habt ihr schon jetzt Menschen mit Allergiesymptomen am HV-Tisch stehen? Seid ihr vielleicht sogar selbst betroffen?

Overwiening im Gesundheitsausschuss

Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat sich am Mittwoch mit der aktuellen Situation der Arzneimittelversorgung in Deutschland beschäftigt. Das Gremium tagte auf Grundlage eines entsprechenden Antrags der Unionsfraktion. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hat als Vertreterin der Apothekerschaft an der Sitzung teilgenommen. Sie monierte, dass die Apotheken auch weiterhin sowohl im verschreibungspflichtigen Bereich wie auch im OTC-Markt Tag für Tag alternative Präparate finden müssten, damit die Patientinnen und Patienten überhaupt noch versorgt werden. Deutschland sei beim Managen von Arzneimittelknappheiten noch längst nicht über den Berg. Weiter sagte sie: „Unsere Apotheken vor Ort realisieren die wohnortnahe Arzneimittelversorgung der Bevölkerung hocheffizient. … . Das alles stemmen wir trotz chronischer Unterfinanzierung, fehlender Anpassung des Apothekenhonorars, Nachwuchsmangels und Beschneidung von Handlungsfreiheiten. Um dabei noch unsere ureigenste Aufgabe zu erfüllen – nämlich die verlässliche Arzneimittelversorgung – brauchen wir sofortige politische Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entlastung. 11 Prozent aller Apotheken schreiben inzwischen negative Betriebsergebnisse, weitere 15 Prozent haben Ergebnisse bis 50.000 Euro. Daraus resultiert, dass die Apothekenzahl so schnell sinkt wie noch nie zuvor. Neben einer schnellen und verlässlichen Dynamisierung des Apothekenhonorars bedarf es einer sofortigen Erhöhung der Apothekenvergütung, um den Negativ-Trend der Apothekenschließungen zu stoppen."

Overwiening warf den Kassenplänen zur Apothekenhonorar das Fehlen „jeder Sachlogik“ vor und kritisierte zum wiederholten Male die Pläne, „Apotheken light“ zuzulassen. Die werde die Versorgung der Bevölkerung weiter ausdünnen.

AMIRA meint: Cannabis-Anbauclubs gedeihen lassen und zusehen, wie die Apotheken verwelken - Danke, liebe Ampel!