Immer diese kaputten Blutdruckmessgeräte

In regelmäßigen Abständen kommen Kunden in die Apotheke, die über vermeintliche Mängel des erworbenen Blutdruckmessgeräts klagen. Manchmal kommen wir uns wie im Elektro-Fachgeschäft vor, kommentiert die Apothekenspitzel:in.

Wer kennt sie nicht, die Blutdruckmessgeräte, die in der Apotheke gekauft wurden und dann plötzlich kaputt sind. Meist haben die Kundinnen und Kunden auch keine Selbstzweifel, dass sie es vielleicht falsch bedienen oder beispielsweise die Batterien fast leer sind. Nein, prinzipiell ist immer das Blutdruckmessgerät kaputt – Punkt! Der nächste Gedanke ist meist: die Apotheke muss mir das Produkt ersetzen. Wir kommen uns manchmal vor wie im Elektro-Fachgeschäft.

Dabei lässt sich nicht immer ganz nachvollziehen, woher das Gerät bezogen wurde. An das Aufheben des Kassenbons denkt kaum jemand, schließlich „kennt man mich in der Apotheke“. Bei Kundinnen und Kunden mit Kundenkarte sollte normalerweise das Blutdruckmessgerät in der Verkaufshistorie zu finden sein. Im aktuellen Fall ist es nicht in der Liste aufgetaucht, obwohl wir den Suchzeitraum auf ca. 1,5 Jahren ausgedehnt hatten. Na gut, kann auch mal passieren. „Das Gerät habe ich vor circa sechs Monaten gekauft, höchstens ist es ein Jahr her“, versicherte mir aber die ältere Dame. Sie habe es vom Arzt verordnet bekommen. Da sie aber als Kundin bekannt war, haben wir ihrer Aussage Vertrauen geschenkt. Doch nachfragen müssen wir trotzdem.

„Glauben Sie mir etwa nicht?!“

Als sie das Blutdruckmessgerät auf den HV-Tisch legte, schaute sie mich an und sagte in einem sehr bestimmten Ton: „Das Blutdruckmessgerät ist kaputt!“. Ich ging dann in Gedanken einen Schritt zurück und fragte sie, wann und ob sie das Gerät bei uns gekauft hat (da mir die Kundin persönlich nicht bekannt war). „Glauben Sie mir etwa nicht?!“, entgegnete sie. Ich versuchte ihr dann klarzumachen, dass es durchaus Personen gibt, die es woanders kaufen und dann trotzdem zu uns bringen. Die Info brauchte ich, erklärte ich ihr, um die Lage sachlich einzuschätzen. Sie solle es auch nicht persönlich nehmen. „Ich bin nicht so eine!“, sagte sie. Einen Kassenbon hatte sie auch nicht dabei.

Meine Kollegin schaute mich schon grinsend an, als sie vom Fall erfuhr. „Immer diese kaputten Blutdruckgeräte“, sagten wir und machten uns darüber lustig – nach dem Motto: Da muss ich jetzt durch, es gibt kein Entkommen. Mit der Kundin habe ich vereinbart, dass wir ihren Blutdruck mit ihrem Gerät messen. „Es kann doch nicht sein, dass ich einen Blutdruck von über 200 habe, das Gerät ist kaputt!“ – bei meiner ersten Messung kam ein Wert von 191 für den oberen Wert heraus. Der untere Wert war im hochnormalen Bereich. Im Anschluss plante ich dann als Kontrolle das Gerät zu nutzen, mit dem wir die pharmazeutische Dienstleistung „Blutdruckmessen“ anbieten. Es stand die Frage im Raum: Vielleicht war der Blutdruck einfach WIRKLICH hoch???

Fehlersuche nicht erfolgreich

Meine Fehlersuche bzw. Ursachenforschung unterstützte die Kundin eher widerwillig. Ihre Tabletten würde sie regelmäßig einnehmen, aber generell sei doch eh das Gerät kaputt. Was ich mir eigentlich erlaube, Fragen zur Therapie zu stellen …? Danach habe ich zudem bemerkt, dass die Batterie schwach ist. Sie hatte (zufällig?) eine neue Packung AA-Batterien dabei und bat mich, diese auszutauschen. Ich ging nach hinten und öffnete die Batterieabdeckung. Und was sehe ich? Es kommen AAA-Batterien rein; die sind schmaler als die AA-Batterien.

Sie hat von sich aus angeboten, schnell in den Supermarkt nebenan zu gehen und neue Batterien zu besorgen. Auf einmal war sie auch schon weg. Nach etwa fünf Minuten kam sie rein und entschuldigte sich bei mir. „Das ist mir jetzt peinlich, aber ich habe gar kein Portemonnaie dabei. Ich komme morgen früh wieder“, sagte sie und packte ihre Sachen zusammen. Für weitere Angebote meinerseits war weder Zeit noch Raum, plötzlich verließ sie die Apotheke. Anscheinend war ihr die Geldsache sehr unangenehm.

Das Ende vom Lied

Da ich am nächsten Tag frei hatte, habe ich meinen Kolleginnen einen Kommunikationszettel hinterlassen und die Situation geschildert, damit sie nicht unwissend vor der Kundin stehen. Als ich im Team nachhakte, schrieb mir eine Kollegin „Hab Batterien getauscht, neu gemessen. Mit unserem Gerät Vergleich gemessen. Beide Werte waren über 200 zu über 100… Das Gerät war also ok. Wir haben sie mit dringendem Rat zum Arzt geschickt bzw. sie soll ihren Sohn anrufen, der ist ja auch Arzt. Und sie hat ein Nitrospray zu Hause, welches sie anwenden soll“.

Hoher Blutdruck ist – wie wir alle wissen – grundsätzlich schlecht für den Körper und außerdem ein Risikofaktor für einen Herzinfarkt. Daher sollten wir in der Apotheke immer unsere Fühler ausgestreckt haben und genau hinhören. Nach jahrelanger Erfahrung in der öffentlichen Apotheke habe ich nur in den wenigen Fällen erlebt, dass das Gerät kaputt ist. Meistens stecken Medikations- oder Bedienungsfehler dahinter, oder der Blutdruck ist wirklich so hoch. Das Tückische an Letzterem ist, dass sich Menschen mit Hypertonie gar nicht so schlecht fühlen, die hohen Werte machen sich anfangs nicht direkt bemerkbar. Sie wollen lediglich tagtäglich die guten Werte auf dem Gerät ablesen, so meine Erfahrung. Und wenn das dann einmal nicht so ist, wie in diesem Fall, heißt es dann häufig: „Das Blutdruckmessgerät ist kaputt!“.

Wie sieht es mit den verkauften Blutdruckgeräten in eurer Apotheke aus? Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht? Schreibe deine Meinung in die Kommentare!