Nö, ich will in den Urlaub. Trotz allem.

Unser Apothekenspitzeln denkt heute mal ausnahmsweise nur an sich, denn es geht um ihren Urlaub. Den lässt sie sich nicht miesmachen!

Meine Güte, wie ich mich freue: Jetzt fängt die warme Jahreszeit so wirklich an (hoffe ich jedenfalls) und außerdem habe ich Urlaub. In kaum drei Wochen ist es auch für mich so weit, dann kann ich endlich losdüsen. Ich weiß aber noch nicht wohin. Denn um ehrlich zu sein: Ich warte ab bis zum letzten Drücker und entscheide dann, manchmal sogar mit einem Last Minute-Angebot, wohin die Reise gehen soll. Ich habe auch schon mal echte Schnapper erwischt, Mallorca für 799 Euro, zwei Wochen lang. Na gut, war nicht der Hit, was das Hotel anging. Aber: Wärme, Wasser, Wonne – die waren da. Vielleicht nicht von Anfang an, aber sie stellten sich ein, vor allem letzteres. Denn auch für mich ist der Sommer die verheißungsvolle Jahreszeit, in der ich mich an unbeschwerten Urlaubstagen erfreue, ganz arglos, ganz unschuldig.

In den letzten Monaten jedoch habe ich immer häufiger das Gefühl, dass ich mit diesem Bedürfnis irgendwie falsch liege. Darf man, darf ich, wirklich noch sorglos verreisen?

Böser „Overtourism“

Die Urlaubskritiker und Umweltschützer sind sich einig: Reisen ist von Übel. Sie warnen vor dem Klimawandel, dem Flugverkehr und dem Overtourism – jenem Phänomen, bei dem Besuchermassen einen Ort fluten und seine Bewohner nerven. Sich unanständig benehmen, Dinge tun, die man einfach nicht macht. Oder, weil es zu voll wird oder Wohnungen per air´b´nb statt an Einheimische dauervermietet zu werden, für Touris bereitstehen. Ein gutes Geschäft für die Vermieter, die verdienen mächtig. Mies für die Einheimischen, die finden nämlich keinen Wohnraum mehr, jedenfalls keinen bezahlbaren. Daraus haben verschiedene Urlaubsziele – bzw. deren Regionalregierungen – unterschiedliche Schlüsse gezogen. Malle etwa – die wollen den Tourismus jetzt ganz hochwertig und teuer. Keine Billig-Bettenburgen mehr, nur noch erste Sahne – die ich mir leider nicht leisten kann. Die Bevölkerung ist auf der Straße, sogar an den Stränden, und macht mächtig Druck. Oder Venedig, die verlangen jetzt Eintritt für Tagestouristen. Von mir aus, ist sowieso ein Museum, wenn auch ein besonders schönes, wie ich gehört habe…

Ich kann vieles von dem verstehen. Auch wenn für meine Begriffe etwas zu schwarzgemalt wird. Ich habe nachgedacht und hier mal ein paar Argumente zugunsten der Touristen zusammengetragen. Bin ja selber einer, bzw. eine Touristin. Also, das hier ist mir eingefallen:

Die Freiheit, einfach mal die Akkus aufzuladen

Die Sehnsucht nach Freiheit: Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich sehne mich nicht nur nach ein bisschen Frieden, sondern auch nach etwas Freiheit, nach dem Gefühl, die Welt zu erkunden zu dürfen. Weit komme ich mit meinen finanziellen Möglichkeiten ohnehin nicht, aber warum soll ich mir die Freiheit nehmen lassen, wenigstens etwas von Europa kennen zu lernen? Reiselust ist ein menschliches Grundbedürfnis, möchte ich behaupten, das sollten wir nicht einfach ignorieren. Findet ihr das egoistisch?

Ich nicht. Denn eine Reise nach meinem Geschmack verschafft mir auch Erholung, Lust und Freude – sie lädt meine Akkus auf. So soll´s ja auch sein. Und das bedeutet: Ein schöner Urlaub macht mich wieder fit für den Alltag, was gut ist für meine Kunden.

Dann ist da noch der Wirtschaftsfaktor „Tourismus“. Er schafft Arbeitsplätze, belebt die lokale Wirtschaft und trägt zur Infrastruktur bei. Ohne Touristen würden viele Orte veröden, die lokale Wirtschaft eines garantiert nicht tun: nämlich florieren. Ich kann es auch anders formulieren: Tourismus ist in manchen Landstrichen der einzige potente Wirtschaftszweig, hat Gegenden wohlhabend gemacht, die noch vor wenigen Jahrzehnten zu den Armenhäusern Europas zählten. Frage an die Einheimischen: Leute, wollt ihr den Ast, auf dem ihr da sitzt, wirklich absägen?

Außerdem: Reisen erweitert unseren Horizont. Wir lernen andere Kulturen kennen, tauchen in fremde Welten ein und bereichern unser Leben. Das ist Bildung, die man nicht aus Büchern bekommt. Und die doch gerade heute besonders wichtig, denn wie ich den Medien entnehme, geht es mit der Bildung in Deutschland immer weiter bergab. Wenn ich mich also selbst um Bildung kümmere, meine Güte, was ist dagegen denn zu sagen…?

Dann ist da noch die Schelte von Greta, Luisa und Co.: Fliegen, Manno, dass ist ganz, ganz schlecht fürs Klima. Im Grunde auch Autofahren, etwas weniger schlimm ist die Reise mit der Bahn. Aber die kostet schon mal einen ganzen Urlaubstag hin und einen ganzen Urlaubstag zurück, und nach Mallorca komme ich damit schon mal gar nicht. Also doch der Jet, der Böse. Vielleicht lasse ich mich dazu hinreißen, meine Flugkilometer zu kompensieren. Gut für die Wälder der Welt. Bin ich gern dabei, vorausgesetzt, es übersteigt nicht mein Budget.

Alles eine Geldfrage

Und damit bin ich eigentlich beim Punkt. Mir fehlt schlicht und einfach das Geld, um alle Anforderungen ans Reisen, so wie es ich unsere aufgeklärte Klimawarner- und Tourismusverbesserer-Elite wünscht, bezahlen zu können. Was soll ich also tun demnächst? Auf den Zeltplatz in der Pfalz (hier bitte alternativ eine der vielen endlos schönen Gegenden, mit denen unser Land gesegnet ist, eintragen) ausweichen? Mit dem Fahrrad hinfahren? Nachhaltig sein bis zur Selbstaufgabe?

Nö. Das will ich nicht. Ich will zwei Wochen im Jahr dies: Sonne, Wärme, einen Hauch von Komfort, hier und da einen Lillet on the rocks, mich einfach gut fühlen. Und das auch bezahlen können.

Zumal ich einen Verdacht habe: So schlimm kann es gar nicht sein, wenn ich südwärts in den Urlaub fahre. Die Zeitungen sind zwar voll mit Berichten über die CO-2 Belastung durchs Fliegen, über Overtourism, über Klimawandel und die Katastrophen, die er anrichtet. Wenn ich aber ein paar Seiten weiter blättere, stoße ich auf üppige Reisebeilagen und seitenweise Urlaubstipps. So lange die nicht verschwinden aus den Gazetten, glaube ich von den Gefahren, die meine Reise verursacht, knapp die Hälfte. Vielleicht ein Viertel. Eher weniger.

Wie gesagt: Ich freue mich auf meinen Urlaub! Und jetzt schaue ich mal, wo ich Malle für unter tausend Euro abschieße…

Wie ist es mit euch? Wohin treibt es euch, allein, mit Familie, mit Freunden? Wie urlaubt ihr? Verspürt ihr Flugscham, schlechtes Gewissen? Oder denkt ihr: „Meine Güte, das sind meine zwei Wochen, ganz allein meine, und die möchte ich genießen“? Schreibt es in die Kommentare!