Die Königin der Wüste im HV

Aloe vera kann sowohl äußerlich als auch innerlich angewendet werden. Sind die vielen zugeschriebenen Eigenschaften wissenschaftlich belegt? Gibt es Bedenken? AMIRA hat für dich mal auf den Busch, ähm auf die Sukkulente, geklopft.

Schon sehr lange Zeit wird die Pflanze Aloe vera als wahres Wundermittel der Natur im Bereich der Kosmetik und der Medizin angepriesen. Die ersten Aufzeichnungen wurden vor ca. 6.000 Jahren im alten Ägypten gemacht. Bei einer breiten Vielfalt an Beschwerdebildern soll sie Linderung verschaffen. Doch was steckt dahinter?

Aloe vera – Herkunft und Aussehen

Ursprünglich kommt die Aloe aus den Tropen und Subtropen. Sie gehört zu den Grasbaumgewächsen und bildet keinen Stamm oder Blattstängel, sondern Blattrosetten aus dickfleischigen grünen bis rötlichen Blättern, die am Rand markante Dornen haben. Die Pflanze kann 30 bis 40 cm hohe Blütenstängel mit roten, gelben oder orangen Röhrenblüten bilden. Mit der richtigen Pflege kann die Pflanze bis zu 100 Jahre alt werden und einen Durchmesser von bis zu 50 cm erreichen. 

Von den 300 verschiedenen Aloe-Arten werden vor allem der Aloe vera barbadensis miller besondere Wirkungen nachgesagt, sodass sich diese Art durchgesetzt hat und oft auch schon in gut sortierten Supermärkten als Zimmerpflanze angeboten wird. Die Pflanze ist sehr widerstandsfähig und hat in der Regel keine Probleme mit Schädlingen oder Krankheiten.

Pharmazeutisch kommen Aloe barbadensis und Aloe capensis zum Einsatz.

Aloe vera – Inhaltsstoffe und deren Gewinnung

Aus den Blättern der Aloe vera werden grundsätzlich zwei verschiedene Produkte gewonnen. Zum einen das Aloe-Gel, zum anderen Aloe-Latex, das umgangssprachlich auch als Saft bezeichnet wird. Um das Gel zu gewinnen, werden die Blätter geschält und der im Blattinneren befindliche Kern mit Wasser herausgelöst. Diese durchsichtige, fast farblose, viskose Masse enthält mehr als 90 Prozent Wasser, aber auch Heteropolysaccharide und Monosaccharide, die vor allem aus D-Glucose und D-Mannose bestehen. 

Aber auch Galactose oder Xylose sowie Vitamine, Enzyme (Amylase, Lipase, alkalische Phosphatase), Aminosäuren oder Salicylsäure können enthalten sein. Besonders bedeutend für die Wirkung des Gels soll das Acemannan (auch als Aloverose bezeichnet) sein. Das ist ein Mucopolysaccharid, dessen Gehalt bei vielen Vermarktern als Qualitätsmerkmal gilt. Die Anthrachinone Aloin und Aloe-Emodin sind im Gel fast nicht vorhanden.

Aus den äußeren Blatt-Teilen direkt unter der Blattoberfläche wird der bitter schmeckende gelbe Saft (Aloe-Latex) gewonnen. Dazu werden entweder Extraktionsverfahren genutzt oder der Saft wird aus den angeschnittenen Blättern auslaufen lassen und langsam eingedickt. 

Im Saft sind hohe Anteile an Anthrachinonglykosiden Aloin A und B enthalten sowie Aloeemodin, Aloeresin, Chrysophanol, 7-Hydroxyaloin A und B. Will man aus einer eigenen Pflanze selbst das Gel gewinnen, sollte das Blatt großzügig abgeschält werden, um den gelben Saft möglichst vollständig zu entfernen. Dieser kann nämlich auch hautreizend wirken. 

Aloe-Saft – Anwendungsgebiete und Wirkungen

Aloe-Saft wird als Laxans eingesetzt. Die enthaltenen Anthrachinone gelten heute als riskant und bei längerer Anwendung sogar als krebserregend. Außerdem kann die Einnahme zu Hyperämien in den Unterleibsorganen führen und ist daher während der Menstruation, in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Hämorrhoiden oder Nierenentzündungen absolut kontraindiziert. Deshalb warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vor der Verwendung von Aloe-vera-Zubereitungen, die ganze beziehungsweise ungeschälte Aloe-Blätter enthalten. 

Es stehen heute wesentlich bessere und ungefährlichere Laxantien zur Verfügung. Das Fertigarzneimittel Kräuterlax® von Dr. Theiss Naturwaren enthält einen Kap-Aloe Trockenextrakt. Es darf nicht länger als zwei Wochen angewendet werden.

Aloe-vera-Gel zur äußerlichen Anwendung

Das Aloe-vera-Gel kann bei verschiedenen Arten von leichten Verletzungen oder Verbrennungen (Strahlenschäden, Sonnenbrand, Brandwunden) helfen. Auch bei Hautreizungen und Psoriasis konnten in einigen Studien positive Effekte nachgewiesen werden. Gerne wird das Gel auch nach Kosmetikbehandlungen eingesetzt, um zu kühlen und Feuchtigkeit zu spenden. Bei größeren oder gar infizierten Wunden ist allerdings Vorsicht geboten.

(Quelle:istock/ddukang)

Das Gel kühlt und spendet Feuchtigkeit, ohne zu fetten und hemmt Entzündungen. So wurde bei Akne, Sonnenbrand und Herpes Infektionen eine positive Wirkung beobachtet. Insgesamt sind die Studienergebnisse allerdings nicht überzeugend und eher widersprüchlich. Bei chronischen Wunden oder auch nach Bestrahlungen konnte die Aloe-vera nicht überzeugen und schnitt sogar schlechter ab als Kochsalzlösung. 

Aloe-vera-Gele gibt es von diversen Herstellern, in der Apotheke sind Produkte wie Dermasence® Aloe Vera aktiv Gel von Dermasence, Bergland® Aloe Vera Gel von Bergland Pharma, Cassida® Aloe Vera Gel 99% von Cassida, Dr. Storz® Aloe Vera Gel 97,5% von Esteve Pharmaceutical bekannt. 

Aloe-vera-Gel zur innerlichen Anwendung

Gel-Zubereitungen zur innerlichen Anwendung werden gegen Husten, Kopfschmerzen, entzündliche Erkrankungen, rheumatisches Fieber, Allergien, Ulcera, Diabetes, Arthritis, Alzheimer-Demenz, Multiple Sklerose, Herzerkrankungen, HIV-Infektion und Krebs angepriesen. Außerdem soll das Acemannan präbiotische Eigenschaften aufweisen. Wissenschaftlich belegt ist das ebenso wenig, wie der Nutzen einer innerlichen Anwendung generell. Zu all diesen Indikationen konnten keine aussagekräftigen, wissenschaftlichen Studien oder Untersuchungen gefunden werden. Worüber sich die Wissenschaft allerdings einig ist, dass der Verzehr von anthrachinonfreien Aloe-vera-Produkten nicht gesundheitsschädlich ist.

In jedem Fall sollten nur Produkte innerlich oder äußerlich verwendet/verzehrt werden, die Extrakte aus „reinem Blattgel“ oder „reinem Blattmark“ enthalten. Extrakte aus dem ganzen Blatt („whole leaf extracts“) sind wegen ihres Anthrachinon-Gehalts unbedingt zu vermeiden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Aloe vera kein Wundermittel ist. Sie wirkt abführend, sollte aber nur kurzfristig verwendet werden. Das Aloe-vera-Gel hat auf der Haut vor allem kühlende, beruhigende, reizlindernde, wundheilende und feuchtigkeitsspendende Wirkungen. Wird es innerlich eingenommen, schaden anthrachinonfreie Produkte nicht. Es gibt aber keine wissenschaftlichen Belege für eine gesundheitsfördernde Wirkung.