Was Autoreifen mit Denguefieber zu tun haben

Vor allem Menschen im Süden Deutschlands leiden unter einer Mückenplage. Repellentien sind vielerorts ausverkauft, Betroffene suchen Rat in der Apotheke. Dabei tauchen auch Fragen zu Tigermücken, den Überträgern des Denguefiebers, auf.

Die fieberhafte Krankheit „Denguefieber“ war erst nur in den Tropen oder Subtropen verbreitet, rückt aber immer näher an Europa und Deutschland heran. Sind wir in Gefahr? Wie kann man sich schützen? Wer sollte sich impfen lassen? AMIRA hat recherchiert, worauf es jetzt ankommt.

Denguefieber – Zahlen und Fakten

Dengue ist eine durch Aedes-Mücken (vorrangig Aedes aegypti = Gelbfiebermücke/äyptische Tigermücke sowie Aedes albopictus = asiatische Tigermücke) übertragbare Viruserkrankung mit vier unterschiedlichen Serotypen (DENV-1 bis DENV-4). Bei dem Virus handelt es sich um ein 40 bis 60 nm großes, behülltes RNA-Virus aus der

Familie der Flaviviren. Die Aedes-Mücken kommen vor allem in städtischen Gebieten vor. Ihre Eier legen die Weibchen nahe kleiner Wasseransammlungen (z.B. Eimer, Gießkannen, alte Autoreifen, Regentonnen oder Blumentöpfen) ab.

Weibliche Aedes-Mücken legen ihre Eier unter anderem in alten Autoreifen ab. Das Risiko für eine Dengue-Infektion kann beispielsweise durch eine regelmäßige Entfernung von Wasser in Haushaltsgegenständen oder durch Abdecken der wasserhaltigen Gegenstände reduziert werden. (Foto: istock/MaewChansilpa)

Denguefieber gilt weltweit als die häufigste und sich am schnellsten ausbreitende durch Mücken übertragene virale Erkrankung. Jährlich infizieren sich bis zu 528 Millionen Menschen mit dem Erreger. Im Jahr 2024 wurden dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGESO) in Berlin bereits 39 Fälle der potenziell tödlichen Tropenkrankheit gemeldet, wesentlich mehr als noch vor der Corona-Pandemie. 

Bisher war Dengue vor allem in Südostasien, Teilen von Asien wie Pakistan, Afghanistan und Indien, Süd- und Mittelamerika, Teilen des Pazifiks wie Neukaledonien und Hawaii, Afrika und Australien weit verbreitet. Durch die Klimaerwärmung jedoch, ist auch in bisher nicht betroffenen Gebieten mit einem vermehrten Auftreten der Dengue-Erkrankung zu rechnen. Die asiatische Tigermücke ist in Südeuropa (vereinzelte Fälle in Madeira, Kroatien, Spanien, Frankreich, Italien) bereits weit verbreitet und dehnt ihr Siedlungsgebiet auch vermehrt auf Kontinentaleuropa aus.

Denguefieber – Infektion und Erkrankung

Infizierte weibliche Mücken übertragen das Virus durch einen Stich an Menschen oder auch Primaten (vor allem in Südostasien und Afrika) weiter. Sie sind vorwiegend tagaktiv und stechen aber auch frühmorgens oder abends in der Dämmerung. Eine infizierte Mücke kann Dengue für den Rest ihres Lebens übertragen. Die infizierten Menschen wiederum dienen den nichtinfizierten Mücken als Erregerreservoir. So kann das Virus weitergetragen werden. Eine Infektion von Mensch zu Mensch findet nicht statt. Die Inkubationszeit zwischen Stich und dem Auftreten der ersten Symptome beträgt ungefähr drei bis 14, in der Regel jedoch sieben bis Tage. 

Hauptsächlich tritt Denguefieber in drei klinischen Formen auf. Klassisches Denguefieber verläuft meistens mild mit den Symptomen eines grippalen Infekts mit Fieber, Schwäche, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, manchmal mit fleckigem Hautausschlag und teilweise starken Muskel- und Gliederschmerzen, weshalb es auch als „breakbone fever“ bezeichnet wird. Die meisten Patient:innen erholen sich innerhalb von ein paar Tagen. In einigen Fällen kommt es zu schweren Verläufen mit Schädigung des blutbildenden Systems, dem sogenannten Dengue-hämorrhagischen Fieber (DHF). Nach einem akuten Fieberausbruch kommt es zu Thrombozytopenien, verstärkter Gefäßpermeabilität und Blutungen. Im Extremfall kann es zum lebensbedrohlichen Schock, dem Dengue-Schock-Syndrom (DSS), kommen. Ohne adäquate Behandlung enden 40 bis 50 Prozent der Fälle tödlich. Insgesamt sind schwere Verläufe selten (fünf Prozent); in Deutschland gab es 2009 einen Todesfall eines Reiserückkehrers.
Nach Infektion mit einem Serotyp entwickelt sich in der Regel eine lebenslange Immunität gegen diesen Typ. Zudem wird von einer circa sechs-monatigen Kreuzprotektion gegen die anderen drei Serotypen ausgegangen. Danach kann man wieder an einer erneuten Infektion mit einem anderen Serotypen erkranken. Bei Zweitinfektionen ist das Risiko für einen schweren Verlauf im Vergleich zu einer Erstinfektion circa neunfach erhöht. Findet danach noch eine weitere Infektion statt, sind die Verläufe meistens milde.

Denguefieber – Diagnostik und Therapie

Aufgrund der unspezifischen Anfangssymptome ist die klinische Diagnose oft nicht so ganz einfach. Ein Erregernachweis mittels PCR-Test kann nur während der virämischen Phase in den ersten vier Krankheitstagen erfolgen. Die durchgemachte Infektion zu einem späteren Zeitpunkt sicher nachzuweisen ist zum jetzigen Zeitpunkt noch schwierig. Dies liegt hauptsächlich an der serologischen Kreuzreaktivität zwischen verschiedenen anderen Orthoflaviviren (z. B. Gelbfieber-Virus, Japanisches-Enzephalitis-Virus, Tick-borne-encephalitis-Virus), die zu einem falsch-positiven Testergebnis führen und somit kein aussagekräftiges Ergebnis liefern kann. 

Der Erreger kann mittels PCR-Test nur während der virämischen Phase in den ersten vier Krankheitstagen nachgewiesen werden. (Foto: istock/Md Zakir Mahmud)

Verläuft die Erkrankung ohne Komplikationen unterscheidet sich die Therapie in der Fieber-Phase nicht wesentlich von der Behandlung einer „normalen Grippe“. Das Virus kann nicht ursächlich bekämpft werden. Schmerzlindernde und fiebersenkende Medikamente können gegeben werden. Außerdem sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Aufgrund des erhöhten Blutungsrisiko sollte allerdings auf nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Thrombozytenaggregationshemmer (Ibuprofen, Diclofenac und Acetylsalicylsäure) verzichtet werden. Bei einem schweren Krankheitsverlauf muss eine sofortige stationäre oder gar intensivmedizinische Behandlung erfolgen.

Denguefieber – wie kann man sich schützen?

Reisende sollten vor allem Vorsichtsmaßnahmen treffen, um möglichst nicht von Mücken gestochen zu werden. Auf unbedeckten Hautstellen sollten hochwirksame Repellentien (mit den Wirkstoffen DEET oder Icaridin in ausreichend hoher Konzentration) angewendet und/oder möglichst stichfeste oder imprägnierte, lange Kleidung getragen werden. Auch wenn die Mücken vorwiegend tagaktiv sind, sollte unter imprägnierten Moskitonetzen geschlafen werden. Unterkünfte mit Mückengittern und/oder Klimaanlagen sollten bevorzugt werden, da die Mücken keine hohen Temperaturunterschiede mögen. Nach der Rückreise aus Denguevirus-Endemiegebieten wird den Rückkehrern in deutschen Regionen mit kompetenten Mückenvektoren im Sommer und Frühherbst auch bei Symptomfreiheit bis 14 Tage nach der Reise Mückenschutz empfohlen, um autochthone Übertragungen zu verhindern. 

Der Impfstoff Dengvaxia® von Sanofi ist zwar in Europa zugelassen, wurde aber nicht in der Reisemedizin eingesetzt. Seit Februar 2023 gibt es auch in Deutschland den Impfstoff Qdenga® von der Firma Takeda gegen Denguefieber, der auch in der Reisemedizin eingesetzt werden darf. Der tetravalente Lebendimpfstoff ist ab dem vollendeten vierten Lebensjahr zugelassen. Es werden zwei Impfdosen im Abstand von drei Monaten verabreicht. Durch die zweimalige Impfung konnten Fieberfälle um 80 Prozent und Krankenhauseinweisungen um 90 Prozent reduziert werden.

Entsprechend der STIKO-Empfehlung vom November 2023 wird die Impfung nur Personen empfohlen, die schon sicher eine Dengue-Infektion durchgemacht haben und in ein Dengue-Ausbruchsgebiet reisen oder in anderer Form Kontakt zu Dengue-Viren haben. Dabei sollte anamnestisch eine Laboruntersuchung durchgeführt worden sein, die die Vorinfektion belegt. Eine erneute serologische Untersuchung ist vor Impfung aber nicht erforderlich, da sie nicht wirklich aussagekräftig ist. Reisende, die nicht dieser Gruppe angehören (Dengue-Naive), können sich auf Wunsch auch impfen lassen (zwei Impfungen im Abstand von drei Monaten). Sie müssen aber aufgeklärt werden, dass eine Infektionsverstärkung bei anschließender Infektion nicht auszuschließen ist und dass die Datenlage gegenwärtig limitiert ist. 

Daher ist ein adäquater Schutz vor Mückenstichen das Allerwichtigste und auch in Zukunft muss aufgrund der fortschreitenden Klimaerwärmung in die Bekämpfung von Stechmücken investiert werden.