Sie müssen das zurücknehmen!
Zwischen rechtlichem Anspruch von Kunden und der Kulanz von Händlern ist die Spannweite groß. Auch wenn die Kundschaft meint, wir müssten etwas zurücknehmen, muss das noch lange nicht so sein, meint die Apothekenspitzel:in.
Vom Supermarkt können wir viel lernen, finde ich. Dort gibt keine Diskussionen über Tragetaschen, die Geld kosten oder etwa Äpfel, die einem nicht schmecken. Auch verlangen die Kundinnen und Kunden dort keine Zugaben, wenn sie 100 Euro „dort gelassen“ haben. Komischerweise werden solche Dinge aber von der Vor-Ort-Apotheke erwartet. Auch wir händigen Waren gegen Geld oder ein geldwertes Pendant (Rezepte) aus. Wie oft muss ich mir (immer noch) anhören, warum wir denn 10 Cent für eine Papiertüte verlangen oder warum es keine Zugabe gibt für den „großen Einkauf“ mit zwei Privatrezepten?
„Ich möchte das Arzneimittel zurückgeben“
Unsere Apotheke befindet sich in einer Wohnsiedlung, direkt neben einem Supermarkt. Letztens kam ein Kunde herein, der – im Auftrag seiner Frau – ein Cineol-haltiges Arzneimittel bei Erkältungsbeschwerden zurückgeben wollte, da sie es sich anders überlegt habe. Der Mann hatte es vor drei Tagen gekauft, den Kassenbeleg hatte er dabei. Ich sagte ihm, dass Arzneimittel vom Umtausch ausgeschlossen seien, da wir nicht die Qualität garantieren können, sobald das Produkt die Apotheke erneut verlässt.
„Ist ja ungeöffnet“, entgegnete er mir. „Ja, das mag sein. Ich weiß aber trotzdem nicht, ob das Mittel korrekt gelagert wurde“ – das wollte er natürlich nicht hören. Er hat es mehrmals versucht, ich bin jedoch standhaft geblieben. Intern ist es bei uns so geregelt, dass wir nur etwas zurücknehmen, wenn es unser Fehler, ein Qualitätsmangel oder ein Rückruf ist. Und in diesem Fall lag kein Fehler vor. Ich muss sagen, dass der Kunde immerhin zugänglich für meine Informationen war.
„Mir stehen die Haare zu Berge, wenn der Kunde sagt: „Sie müssen das zurücknehmen!“ – nein, ich muss erstmal gar nichts!“
(Apothekenspitzel:in)
Ich kenne auch schon andere Fälle und habe es auch schon des Öfteren bei Kolleginnen gehört, wie Kunden sehr selbstbewusst meinen uns zeigen zu müssen, wo es lang geht. Mir stehen die Haare zu Berge, wenn der Kunde sagt: „Sie müssen das zurücknehmen!“ – nein, ich muss erstmal gar nichts!
Ich habe bei oben genanntem Kunden noch einen Blick auf die Verpackung geworfen und als ich den Text „Bei Erkältungskrankheiten der Atemwege“ gelesen habe, habe ich ihn dann schnell darauf verwiesen, dass ja die Erkältungszeit angebrochen ist und sie das Mittel bestimmt gut gebrauchen können. Er war mit meiner Antwort nicht sehr zufrieden, verließ aber daraufhin – mit dem Medikament in der Hand – die Apotheke.
Warum dürfen Arzneimittel nicht zurückgegeben werden?
Sobald ein Arzneimittel die Apotheke verlassen hat, können wir die ordnungsgemäße Lagerung nicht mehr garantieren. Es ist unklar, ob das Medikament unter den richtigen Bedingungen gelagert wurde, was seine Wirksamkeit und Sicherheit beeinträchtigen könnte. Es dürfte zwar eher selten vorkommen, aber ein Rückgaberecht bei Medikamenten könnte auch Missbrauchsmöglichkeiten eröffnen, z. B. wenn dadurch manipulierte Präparate in die Apotheke gelangen und diese wieder abgegeben werden. Dies geht auch mit einem gesundheitlichen Risiko einher, denn zurückgegebene Arzneimittel sind möglicherweise nicht mehr verkehrsfähig und könnten somit eine Gefahr für andere Patientinnen und Patienten darstellen.
In der Apothekenbetriebsordnung § 16 heißt es hierzu:
„Arzneimittel, Ausgangsstoffe, Medizinprodukte und apothekenübliche Waren und Prüfmittel sind übersichtlich und so zu lagern, dass ihre Qualität nicht nachteilig beeinflusst wird und Verwechslungen vermieden werden. Soweit ihre ordnungsgemäße Qualität nicht festgestellt ist, sind sie unter entsprechender Kenntlichmachung gesondert zu lagern.“
Umtauschrecht im Einzelhandel – ein Irrglaube
Die Rechte beim Einkaufen im Geschäft unterscheiden sich deutlich von denen beim Online-Kauf. Viele Kunden wissen nicht, dass es im Einzelhandel kein gesetzliches Umtausch- oder Rückgaberecht gibt. Hier hängt es immer von der Kulanz des Händlers ab, viele Einzelhändler bieten jedoch freiwillig ein Rückgaberecht innerhalb einer bestimmten Frist an. Im Onlinehandel hingegen haben Kunden ein 14-tägiges Widerrufsrecht.
Fazit
Sicherlich gibt es mehrere Gründe, warum die Kundinnen und Kunden möglicherweise denken, dass sie Arzneimittel in der Apotheke zurückgeben können. Zum einen kann es an der Unwissenheit über die gesetzlichen Bestimmungen liegen (Menschen sind sich nicht bewusst, dass es gesetzliche Vorschriften gibt, die die Rückgabe von Arzneimitteln aus Sicherheits- und Hygienegründen verbieten) oder an dem Vergleich mit anderen Geschäften (sie sind es gewohnt, andere Produkte problemlos zurückgeben zu können und übertragen diese Erwartung auf Arzneimittel).
Andererseits gibt es manchmal auch Missverständnisse darüber, was unter bestimmten Bedingungen zurückgegeben werden kann, z. B. falsch gelieferte Medikamente oder solche mit einem Qualitätsmangel. Es sollte auch berücksichtigt werden, dass Kundinnen und Kunden oft ein hohes Vertrauen in ihre Apotheke haben und erwarten, dass diese ihnen bei Problemen mit Medikamenten entgegenkommt. Wie dem auch sei: Wir haben uns im Team jetzt geeinigt, dass wir den Hinweis „Arzneimittel sind vom Umtausch ausgeschlossen“ auf den Kassenbon drucken – in der Hoffnung, dass uns dadurch künftig Diskussionen erspart bleiben.
AMIRA fragt: Habt ihr in der Apotheke auch oft Kundinnen und Kunden, die mit einem Rückgabewunsch hereinkommen? Wie verfahrt ihr in einem solchen Fall?