Wochenrückblick: Koalitionsvertrag bietet Lichtblick
Die kommende Regierung will etwas für die Apotheken tun, Online-Apos boomen dank E-Rezept, ein Apotheker beteiligt sich am an Darknet-Drogenring – etwa, weil er zu wenig Einnahmen hatte? Kommt – war bloß ein Spaß, diese Frage. Oder…?
Neue Bundesregierung plant Erhöhung des Packungsfixums auf 9,50 Euro
Die designierte Bundesregierung aus CDU und SPD will mit ihrer Koalitionsvereinbarung Vor-Ort-Apotheken und pharmazeutische Versorgungssicherheit stärken. Hier einige zentrale Punkte des in dieser Woche veröffentlichten Vertrags.
Die Vereinbarung sieht eine Bekräftigung des Fremdbesitzverbots und eine besondere Förderung von Apotheken im ländlichen Raum vor. Dazu beitragen soll eine Erhöhung des Packungsfixums auf bis zu elf Euro für ländliche Apotheken, alle anderen dürfen sich immerhin die Anhebung auf 9,50 Euro freuen. Aber: Die elf Euro sollen abhängig vom Versorgungsgrad mit Apotheken ausgeschüttet werden. Für Entlastung sorgen sollen der Abbau von Bürokratie und Dokumentationspflichten sowie die Abschaffung von Nullretaxationen aus formalen Gründen. Auch das Skonti-Verbot soll fallen. Künftig wird die Vergütung zwischen den Apothekerinnen und Apothekern und dem GKV-Spitzenverband ausgehandelt. Die Koalitionäre planen zudem, die Apotheken als erste Anlaufstelle in der Gesundheitsversorgung zu stärken, indem sie weitere Präventionsleistungen erbringen sollen. Dies deckt sich mit den in dieser Woche ebenfalls erhobenen Forderungen der ABDA. Auch sieht der Vertrag vor, die Abgabe und den Austausch von Arzneimitteln zu erleichtern. Ein weiteres Ziel ist die Weiterentwicklung des Apothekerberufs zu einem Heilberuf.
Im Bereich der Pharmabranche will die neue Regierung die Versorgungssicherheit durch Rückverlagerung von Produktionsstandorten für kritische Arzneimittel und Medizinprodukte nach Deutschland und Europa stärken. Für die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist die stufenweise Einführung der elektronischen Patientenakte geplant, beginnend mit einer bundesweiten Testphase hin zu einer verpflichtenden Nutzung mit Sanktionsbewehrung. Wem Sanktionen drohen, verrät der Vertrag nicht.
Zeitangaben macht der Entwurf ebenfalls keine. Wann die angekündigten Änderungen umgesetzt werden, steht deshalb nicht fest.
AMIRA meint: Festbetrag erhöhen, Nullretaxationen kippen, Skonti wieder zulassen – erstmal klingt das nicht schlecht, auch wenn der Festbetrag ruhig hätte höher ausfallen dürfen. Die Frage ist, wann die Änderungen kommen: Zügig? Oder erst, wenn wieder ein paar hundert Apotheken zusätzlich dicht sind? Wir meinen: Eile tut Not!
Online-Apotheken boomen durch E-Rezept: 7,8% Umsatzplus im ersten Quartal
Der Medikamentenkauf im Internet nimmt in Deutschland deutlich zu. Laut dem E-Commerce-Verband BEVH steigerten Online-Apotheken ihre Umsätze im ersten Quartal 2025 um 7,8 Prozent auf 423,1 Millionen Euro. Hauptgrund ist das seit Januar 2024 eingeführte E-Rezept. „Patienten gewöhnen sich daran, dass Arztbesuche digitaler werden“, erklärt BEVH-Sprecher Frank Düssler. „Mit Blick auf das Apotheken-Sterben auf dem Land werden Online-Apotheken immer wichtiger für einen gleichwertigen Zugang zu Medikamenten.“ Während digitale Anbieter wie Redcare Pharmacy (ehemals Shop Apotheke) ihre Umsätze im vergangenen Jahr um 32 Prozent auf etwa 2,4 Milliarden Euro steigern konnten, schrumpft die Zahl klassischer Apotheken weiter. Ende vergangenen Jahres gab es laut ABDA nur noch 17.041 Apotheken - 530 weniger als im Vorjahr und der niedrigste Stand seit 1978. Das E-Rezept verpflichtet Ärzte zur elektronischen Ausstellung von Rezepten, die Patienten wahlweise in lokalen oder Online-Apotheken einlösen können.
Die dunkle Seite der weißen Kittel: Apotheker im Darknet-Drogenring
In Nordrhein-Westfalen hat die Polizei einen Apotheker als mutmaßlichen Drogenhändler festgenommen. Der Heilberufler soll Teil einer fünfköpfigen Bande gewesen sein, die nun nach einjährigen verdeckten Ermittlungen zerschlagen wurde. Besonders pikant: Der Pharmazeut nutzte offenbar seine eigene Apotheke zur Beschaffung der illegal gehandelten Medikamente. Während der Großrazzia mit 160 Polizeibeamten wurden insgesamt 15 Wohn- und Geschäftsgebäude in Deutschland und Belgien durchsucht. Die Gruppe soll „in großem Stil“ mit illegalen Drogen und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über das Darknet und einen Messengerdienst gehandelt haben. Deutschland diente dabei nicht nur als Hauptabsatzmarkt, sondern auch als Versandzentrum für den weltweiten Vertrieb. Während er nun in Untersuchungshaft sitzt, zeigt der Fall: Manchmal ist der Weg vom Heilberufler zum Drogenhändler kürzer als gedacht – besonders wenn der Zugang zu den begehrten Substanzen so verlockend einfach ist.
AMRIA fragt: Was trieb den Apotheker in die Unterwelt der Pharmakologie? Habgier, Nervenkitzel? Oder sah er sich als Opfer des Apothekenstandorts Deutschland, wo sinkende Margen und steigende Betriebskosten manchem Pharmazeuten das wirtschaftliche Überleben erschweren? Wir sind gespannt auf den Prozess.
Große Mehrheit für Verkaufsverbot von Lachgas an Minderjährige
76 Prozent der Erwachsenen in Deutschland sprechen sich laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH für ein bundesweites Verkaufsverbot von Lachgas an Kinder und Jugendliche aus. Damit unterstützen sie entsprechende Pläne der Politik. Zwar existieren in einigen Regionen bereits Verbote, eine einheitliche Regelung auf Bundesebene steht aber noch aus. Lachgas wird zunehmend als Partydroge missbraucht. Expert:innen warnen vor gravierenden gesundheitlichen Folgen, darunter neurologische Schäden bis hin zum Verlust der Gehfähigkeit.
Corona-Folgen: Psychische Belastung bei 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen
Laut Götz Schwope von der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen (PKN) haben 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen die Corona-Zeit nicht widerstandsfähig überstanden. Folgen seien übermäßiger Medienkonsum von sechs bis acht Stunden täglich, Vereinsamung, Depressionen, Ängste und besonders bei Mädchen Essstörungen. Die Nachfrage nach Therapieplätzen sei sprunghaft gestiegen. Schwope weist darauf hin, dass durch intensiven Medienkonsum etwa 100 Tage im Jahr für reale Erfahrungen verloren gehen. In Extremfällen gibt es Jugendliche mit zwölf Stunden täglicher Medienzeit und 150 Kilo Körpergewicht, die zwei Jahre nicht zur Schule gingen. Die PKN und der Kinderschutzbund Niedersachsen fordern eine landesweite Strategie zur Stärkung der psychischen Gesundheit junger Menschen. Vorgeschlagen werden niedrigschwellige Präventionsangebote, bessere Ausstattung von Grundschulen mit Sozialarbeitern und mehr Therapieplätze.
Hygroton 25 mg: Bessere Teilbarkeit durch Galenikänderung
Bei den Hygroton® 25 mg Tabletten des Herstellers Trommsdorff gibt es eine wichtige Neuerung: Durch eine Galenikänderung lassen sich die Tabletten künftig leichter und präziser teilen. Möglich macht dies die neue SnapTab-Prägung. Die Tabletten erhalten im Zuge der Umstellung eine gewölbte Form, bleiben aber im runden Format und blass-orange. Außerdem wird die Blisterpackung optimiert – künftig enthält ein Blister 25 Tabletten. Die Zusammensetzung bleibt unverändert, die bisherigen Chargen dürfen regulär abverkauft werden. Die Umstellung erfolgt schrittweise im Frühjahr 2025.
Frühzeitige vielfältige Beikost kann das Risiko für Nahrungsmittelallergien senken
Eine schwedische Studie mit über 2.000 Säuglingen zeigt: Eine vielfältige Beikost ab dem 9. Lebensmonat kann das Risiko für Nahrungsmittelallergien bis zum 18. Monat deutlich senken – um bis zu 61 Prozent. Besonders profitierten laut Studie Kinder mit Ekzemen und ohne familiäre Allergiebelastung. Eine frühere Einführung um den 6. Monat hatte keinen Einfluss. Stillen schützte zusätzlich – Kinder, die (teilweise) Säuglingsmilch erhielten, hatten ein höheres Allergierisiko.