Lasst uns alle streiken – zusammen geht mehr!

Bald ist es soweit: wir dürfen endlich bundesweit streiken. Doch nicht jede Apothekenleitung scheint überzeugt zu sein. Woran hapert’s?

Vergangene Woche Freitag lag ich auf dem Sofa und stöberte im Handy, als mir in der Pharmazeutischen Zeitung die Schlagzeile „Bundesweiter Protesttag – am 14. Juni bleiben die Apotheken zu“ begegnete. Ich dachte mir: „Wow! Endlich dürfen wir streiken.“ In der aktuellen Situation mit Lieferengpässen, Honorarkürzungen, etc. ist das mehr als überfällig. Schnell teilte ich den Link in unsere Apotheken-Whatsapp-Gruppe. „Finde ich gut“, schreibt eine Kollegin, die um halb zwölf nachts ebenfalls noch wach ist. Der Chef habe auch für jeden was zum Lesen ins Körbchen gegeben, schrieb sie. Ich war gespannt: Gab es eine Checkliste für den Streik? Hatte er selbst etwas verfasst? Da ich mich überraschen lassen wollte, habe ich nicht weiter nachgefragt. Klar war mir aber, dass wir mitmachen. Das hatte mir in dem Moment gereicht.

Am nächsten Arbeitstag zog ich mir zuerst meinen Kittel an und ging dann mit schnellen Schritten zu meiner Ablage. Was war denn nun mit „was zum Lesen“ gemeint? Es waren mehrere ausgedruckte Blätter mit der Überschrift „Hintergrund: Zu den politischen Forderungen der Apothekerschaft“. Ganz nach dem Motto: Jeder im Team soll sich bitte informieren. Ich finde die Zettel gut, denn wenn wir schon streiken, dann müssen auch genau wissen, wofür und was wir erreichen wollen.  

Kennst du alle zehn Forderungen der ABDA? Kurz und knapp formuliert sind das folgende: 

  • Erhöhung des Fixums in der Arzneimittelpreisverordnung
  • Regelung zur indexierten Erhöhung des Fixums
  • Einführung einer zusätzlichen regelmäßigen Pauschale für jede Betriebsstätte
  • Handlungsfreiheit für Apotheken für die schnelle Patientenversorgung
  • Reduzierung von Retaxationsverfahren auf das sachlich gebotene Maß
  • Engpass-Ausgleich
  • Beseitigung der finanziellen Risiken aus dem Inkasso des Herstellerrabattes für die Krankenkassen
  • Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Arzt-Apotheker-Kooperation beim Medikationsmanagement
  • Einschränkung des Präqualifizierungsverfahrens
  • Einzelmaßnahmen zum Bürokratieabbau 

 

Die Apotheken müssen endlich besser honoriert werden, denn nur dann können wir als Angestellte auch besser bezahlt werden. Das Geld muss ja auch irgendwoher kommen, nicht wahr?! Der Apothekeninhaber Dr. Stefan Hartmann, gleichzeitig auch der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK), schrieb kürzlich: „Ich rufe nachdrücklich alle KollegInnen auf, am Streiktag 14.06.2023 die Apotheken nicht zu öffnen. Wir brauchen – auch für unsere Mitarbeiter – dringend eine Honorarerhöhung“.

Leider halten nicht alle Chefinnen und Chefs den Streik für richtig. Schade eigentlich, denn wann kriegen wir denn wieder so eine Möglichkeit? Mitarbeitende der Deutschen Bahn, Kitas, Kliniken etc. sind ständig am Streiken und schaffen sich so Gehör. Jeder kennt die Probleme des Pflegepersonals, aber warum nicht die der Apotheken? Es soll hier nicht etwa um Degradierung von Berufsgruppen gehen – ganz im Gegenteil. Ich finde es gut, dass sie das machen. Aber die Standesvertretung der Apotheker:innen hat in Sachen Durchsetzungsfähigkeit nun mal nicht den besten Ruf, und es hat Jahre gedauert, bis sie einen Streik organisieren konnte. Dann schaffen wir es aber nicht, dass bundesweit alle Apotheken daran teilnehmen (Notdienstapotheken ausgenommen), weil Apothekeninhaber:innen kurzfristig Geld reinholen wollen. Aber ein Streik bringt doch langfristig mehr?! Warum setzt ihr euch nicht dafür ein? Ich kann es nicht verstehen. 

Streiken und die Bevölkerung über Miss-Stände informieren 

Was wir am 14. Juni genau machen werden, haben wir im Team noch nicht besprochen. Von anderen Apotheken weiß ich, dass sie einen Stand vor der Apotheke aufbauen und Infoflyer verteilen und Aufklärungsarbeit leisten werden. Die Menschen da draußen sollten wissen, mit welchen Schikanen der kranken Kassen wir es zu tun haben: Wie unser Geld ständig gekürzt wird, obwohl wir Leistungen erbringen und welche bürokratischen Regelungen uns den Alltag ruinieren, sodass wir weniger Zeit für das Wichtigste haben – die Gesundheit der Bevölkerung. Deshalb sage ich: Lasst uns alle streiken – zusammen geht mehr!