Wochenrückblick: Neue Arzneimittel zugelassen, Medikamente zukünftig per Drohne

Auf dem deutschen Arzneimittelmarkt wurden zum 15. Oktober fast 80 neue Medikamente zugelassen, zudem gibt es Neuigkeiten zum Thema Medikamentenauslieferung per Drohne. Diese Woche wurde außerdem aufgrund des GKV-Stabilisierungsgesetz gestreikt.

Rückblick auf den Streik

Saarland, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein – und das war´s. In diesen vier Bundesländern hatten die regionalen Apothekenverbände ihre Mitglieder für Mittwoch, den 19. Oktober, zum Streik aufgerufen, um damit gegen das inzwischen beschlossene (Donnerstag, 20. Oktober) GKV-Stabilisierungsgesetz zu demonstrieren. Dieses sieht unter anderem einen auf zwei Euro erhöhten Kassenabschlag vor, den viele Verbände, unter anderem auch die ABDA, als existenzgefährdend ansehen. In den vier Ländern hielten ca. 90 Prozent der Apotheken ihre Türen ab 12 bzw. 13 Uhr geschlossen. Die Patientenversorgung wurde über die Bereitschaft aufrechterhalten, viele Apothekenteams präsentierten Kunden an Infotischen die Hintergründe der Aktion und hatten plakativ die Unterstützungsmaterialien der ABDA an die Schaufenster geklebt. Besonders beliebt: Das kugelrunde Glas samt Goldfisch, dessen sternförmiger Sprung notdürftig von zwei Pflasterstreifen zusammengehalten wird, garniert mit dem Slogan „Am falschen Ende gespart!“ Die Landesapothekerverbände zeigten sich mit der Resonanz, aber auch mit der Berichterstattung in den Medien, zufrieden. Teilweise hätten über 90 Prozent der Apotheken geschlossen, melde die ABDA. Als grundlos betrachteten – nicht überraschend – die gesetzlichen Kassen den Streik. Apotheken, so hieß es von einem Sprecher, profitierten von jeder Preiserhöhung eines verschreibungspflichtigen Medikaments, denn drei Prozent des Abgabepreises bliebe den Apotheken als Honorar. Kritik am Streik kam auch von der Apothekengewerkschaft Adexa. Diese monierte, der Streik sei von zu wenig Apothekerverbänden angekündigt und umgesetzt worden. Explizit hieß es auf der Seite der Gewerkschaft: Apothekenangestellte sollten nicht „die Kartoffeln aus dem Feuer holen, wenn die berufspolitische Arbeit der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nicht rechtzeitig, nicht geschlossen, nicht laut und nicht mutig genug ist!“ AMIRA erlaubt sich eine Frage: Sind sich da Angestellten- und Inhaber-Interessenvertretungen etwa nicht grün?

Neue Medikamente

Zum 15. Oktober 2022 gab es fast 80 neue Arzneimittel, die in Deutschland auf den Markt gebracht worden sind. Darunter auch Amvuttra (Alnylam Netherlands) bei hATTR-Amyloidose (Protein-Faltungsstörung), Orgovyx (Accord Healthcare) bei Prostatakarzinom, Vabysmo (Roche Pharma) bei nAMD (altersabhängige Makuladegeneration) und DMÖ (diabetisches Makularödem) sowie Zokinvy (Eigerbio Europe) zur Behandlung von Hutchinson-Gilford-Progerie-Syndrom oder progeroider Laminopathie (genetisch bedingte beschleunigte Alterung bzw. Fehlbildungen im Kindesalter). Neu hinzugekommen ist auch Spikevax (Impfstoff von Moderna). Fun Fact: Während die Liste bei allen neu zugelassenen Präparaten in der Spalte „Hersteller“ diese auch nennt, steht beim Moderna-Impfstoff „Bundesministerium für Gesundheit Abteilung 1 Referat 115“.

Die Gesamtliste als PDF gibt's hier.

Galenikänderung bei Torasemid-Tabletten von Stada

Bei den Torasemid Stada-Tabletten, einem Diuretikum, hat sich die Galenik geändert. Der Hersteller informiert darüber, dass die Tablette in gleiche Dosen geteilt werden kann. Zuvor enthielt die Tablette eine einseitige Kerbe, die jedoch nicht zur Teilung vorgesehen war. Die Änderung betrifft die Tabletten mit 5 bzw. 10 mg Wirkstoffgehalt.

Medikamente künftig per Drohne?

Ländliche Räume, viele ältere Bewohner mit Mobilitätseinschränkung, immer weniger Apotheken vor Ort und dann auch noch Bewegungsbeschränkungen durch die Pandemie: Wie sollen Patienten unter diesen Bedingungen an ihre Medikamente kommen? Natürlich per Drohne. Zukunftsmusik? Nicht ganz. Denn am Mittwoch dieser Woche schloss die Initiative „Apotheken Drohnen App“ (ADAPP), ein Zusammenschluss von Hard- und Softwareunternehmen, einer Hochschule, des Universitätsklinikums Halle und einer in Dessau ansässigen Apotheke, die die Federführung des Projekts innehatte, eine dreiwöchige Testphase mit flugfähigen Drohnen am Flughafen Cochstedt im sachsen-anhaltinischen Salzlandkreis ab. Prinzipiell konnte die Eignung während der Tests bestätigt werden, dennoch sei es noch ein weiter Weg, bis die Drohnen zum Einsatz kommen können. So werde die Genehmigung in flugrechtlicher Sicht noch mindestens ein bis zwei Jahre in Anspruch nehmen, so ein Mitarbeiter des Projekts. Wenn der Regelbetrieb starte, sollen die Drohnen von Apotheken gemietet werden und ihre Fracht in einem Radius von 15 Kilometern entweder an kleinen Seilwinden herab oder Fallschirmchen mit den Medikamenten in Vorgärten schweben lassen. Denn: Während der beendeten Testphase „wollten die Probanden meist wenig persönlichen Kontakt mit dem Gerät“, wie es hieß. Zu verdanken ist das Projekt der Initiative von Martin Grünthal, Inhaber der Dessauer Apotheke am Bauhaus. Grünthal sieht das Drohnenprojekt als Teil der rapide zunehmenden Digitalisierung des Gesundheitswesens: „Das E-Rezept ist nur der Anfang eines digitalen Prozesses, mit dem durch Ergänzung der Zustellmöglichkeit per Drohne kontaktlose Versorgung der Menschen möglich sein wird.“ Die ersten Schritte – pardon: Flüge – sind getan.

150 Jahre Deutsches Arzneibuch

Ein großes Jubiläum: Am 1. November 1872 erschien erstmalig das Deutsche Arzneibuch in lateinischer Sprache unter dem Namen „Pharmacopoea Germanica“. Seitdem dient das Werk als wichtige Grundlage in der pharmazeutischen Qualitätssicherung und wird ständig ergänzt und erweitert, so finden sich in den unterschiedlichen Ausgaben über die Jahre hinweg Entwicklungen in der Pharmazie, aber auch Konstanten. Der Likörwein ist beispielsweise seit 150 Jahren Bestandteil des Werkes. In den Überarbeitungen des Deutschen Arzneibuches sind einige Stoffe verschwunden, die heutzutage als nicht mehr gesundheitsfördernd eingestuft werden – so wird, zum Glück, mittlerweile auf den Einsatz von Blei und Quecksilber bei der Pflasterherstellung verzichtet.

Das Arzneibuch ist ein wichtiges Instrument zum Schutz der Patientinnen und Patienten und wird zusammen mit dem Europäischen Arzneibuch zum Beispiel für die Arzneimittelzulassung benötigt. Wenn ein pharmazeutischer Unternehmer eine solche Zulassung beantragt, muss er neben Wirksamkeit und Unbedenklichkeit auch die Qualität seines Produktes belegen, wobei er sich auf die Arzneibücher beziehen kann. Von den Zulassungsbehörden wird dieser Bezug als eine der Voraussetzungen für die Qualität dieser Substanzen anerkannt. Dies erspart sowohl den Herstellern als auch dem BfArM den Stress, für jeden Stoff detailliert die Qualität aufzuzeigen.

Die Entscheidung darüber, welche Arzneien in das Deutsche Arzneibuch aufgenommen werden, trifft die Deutsche Arzneibuch-Kommission, dessen Mitglieder wiederum vom BfArM in Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit einberufen werden. Ein Beispiel für einen neuen Absatz im Deutschen Arzneibuch der Ausgabe 2022 ist „Dünnflüssiges synthetisches Paraffin“. Die Substanz kann eine besonders hohe Reinheit in Bezug auf aromatische Kohlenwasserstoffe aufweisen. Sofern die pharmazeutisch technologischen Eigenschaften dies erlauben, wird dieser Stoff als Ersatz für das „Dünnflüssige Paraffin“ verwendet werden können. Dieses wird aus der Aufarbeitung von Erdöl gewonnen und mit geringen Mengen aromatischer Kohlenwasserstoffe belastet.