High-Protein-Nahrung – das neue Wundermittel?

High-Protein-Nahrungsmittel sollen Pfunde purzeln lassen und für vermehrten Muskelaufbau sorgen. Aber kann das gesund sein und vor allem ist das die Lösung aller Gewichtsprobleme? Amira hat den Trend mal unter die Lupe genommen.

Läuft man durch die Supermarktregale begegnen einem viele Begriffe, wie „Low Fat“, „Diät“, „Low Carb“, „High Energy“ oder „High Protein“. Genauso vielfältig wie die Produkte, sind auch die Versprechen für den Endverbraucher. Derzeit lesen wir oft Bezeichnungen wie „High-Protein“, „Eiweißquelle“, „reich an Eiweiß“ auf verschiedensten Lebensmitteln, die mit zusätzlichem Eiweiß angereichert wurden. Das Angebot ist breitgefächert und verlockend, zumal neben Eiweißbrot oder Shakes, auch Müsli, Pudding, Fruchtjoghurts, Desserts, Chips, Schokoriegel oder Gummibärchen im Sortiment enthalten sind.

Eiweiß – ein wichtiger Makronährstoff

Neben Kohlenhydraten und Fetten zählen die Eiweiße oder Proteine (vom griechischen Wort „Proton“ – das Wichtigste, das Erste) zu den Makronährstoffen, die unser Körper unbedingt immer braucht. Zwar kann er Eiweiße, die aus vielen einzelnen Aminosäuren bestehen, teilweise selbst synthetisieren, aber der Großteil muss ihm über die Nahrung zugeführt werden. Proteine sind wichtige Bausteine für Organe, Blut, Enzyme und Hormone, sie liefern uns viel Energie und machen uns richtig satt. Sie befinden sich von Natur aus in Fleisch, Fisch, Milchprodukten und Eiern. Pflanzliche Eiweiße kommen in Pilzen, Hülsenfrüchten, Getreide, Samen und Nüssen vor. Laut der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) sollte ein Mensch je nach Alter zwischen 0,8 g und 1,2 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen. Kinder und Jugendliche, die im Wachstum sind, sowie Sportler, die sich mehr als fünf Stunden pro Woche bewegen, haben einen höheren Bedarf. ABER: Gesunde können diesen Bedarf in der Regel durch eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung decken. Selbst Vegetarier:innen brauchen sich keine Sorgen zu machen. Laut der DGE liegt die mittlere Proteinzufuhr in allen Altersklassen in Deutschland sogar über den Empfehlungen. 

Riesenangebot – ein kritischer Blick lohnt sich!

Ein Produkt darf sich „Proteinquelle“ nennen, wenn mind. zwölf Prozent des Energiegehalts aus Proteinen stammen. Bei mindestens 20 Prozent darf das Label „High-Protein“ getragen werden. Es gibt durchaus Lebensmittel wie Hüttenkäse oder Magerquark, die von Natur aus einen so hohen Eiweißanteil haben.
Die meisten High-Protein-Lebensmittel werden aber mit Eiweißen künstlich angereichert und gehören zu den sogenannten hochverarbeiteten Lebensmitteln. 

Sie enthalten häufig hohe Zucker-, Fett- und Salzmengen sowie große Mengen an Zusatzstoffen wie Süßstoffe, Konservierungsmittel, Farb- und Aromastoffe. Gerade Menschen mit Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten sollten sehr vorsichtig sein und die Inhaltsstoffe genau überprüfen.
Außerdem verlangen Hersteller teilweise für High-Protein-Lebensmittel erheblich höhere Preise als für normale Produkte.

Wunderwaffe: High Protein sorgt für dicke Muckis und schlanke Taille?

So schön das auch klingen mag – wenn man genauer hinsieht, kann das nicht dauerhaft funktionieren. Isst man mehr Proteine und gleichzeitig weniger Kohlenhydrate („Low Carb“) verspürt man zwar schneller ein Sättigungsgefühl und nimmt kurzfristig ab. Studien haben aber gezeigt, dass dieser Effekt nur kurzzeitig auftritt. Werden längerfristig höhere Eiweißmengen verzehrt und nicht gleichzeitig viel Sport gemacht, wandelt unser Körper diesen Eiweißüberschuss in Depotfett um, die Folge ist Gewichtszunahme.
Selbst Sportler können ihren erhöhten Bedarf in der Regel mit einer ausgewogenen Ernährung decken. Hüttenkäse oder Magerquark sind gesünder, günstiger und genauso effektiv wie Power-Eiweißriegel und Kraftshakes.

Mehr Protein – kann das schaden?

Durch eine eiweißreiche Ernährung hat ein körperlich Gesunder keine Nachteile, bis auf eine langfristige Gewichtszunahme bei wenig Bewegung. Allerdings ist es wichtig, auf eine ausreichende Trinkmenge zu achten, da Eiweiß über die Nieren abgebaut und ausgeschieden wird. Vorsicht ist jedoch bei eingeschränkter Nierenfunktion geboten.

Ein weiteres Problem, das im Zusammenhang mit gleichzeitiger Low-Carb-Ernährung auftritt, ist ein unangenehmer Mundgeruch. Hintergrund ist, dass der Körper in einen Ketose-Zustand gerät. Dabei werden in der Leber Fettsäuren zu Ketonkörpern umgewandelt, deren Abbau unangenehm riechenden Mund- und Uringeruch verursacht.

Wichtig für bestimmte Altersgruppen und bei Krankheiten

Für Senioren, die nur noch sehr kleine Mengen und einseitig essen, für Pflegebedürftige, Krebskranke oder sehr untergewichtige Menschen kann es sinnvoll sein, zusätzliches Eiweiß zu ergänzen. Dies sollte aber unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, da eine erhöhte Eiweißzufuhr auch mehr die Nierenfunktion beansprucht.
Durch spezielle Trinknahrungen wie zum Beispiel Fresubin® von Fresenius, Fortimel® von nutricia oder auch Sondennahrungen (z. B. Hipp® Sondennahrung, etc.) können durch die hohe Energiedichte bereits durch kleine Portionen definierte Mengen an Nährstoffen und Kalorien zugeführt werden. Mit High-Protein- Lebensmitteln ist dies aufwändiger und undurchsichtiger.