Perfekter Zeitpunkt für eine Reklamation

Der Notdienst beschert den diensthabenden Approbierten immer wieder Überraschungen und klassischerweise spielen dabei Nasensprays immer wieder eine große Rolle. Diesmal wurde die Apothekenspitzel:in Zeugin einer eher ungewöhnlichen Anfrage.

Ob Notdienst-Wünsche berechtigt sind oder nicht, darüber lässt sich streiten. Auch unter den Approbierten ist das immer wieder ein Diskussionsthema. Ich erinnere mich, wie ein Apotheker-Kollege mir mal sagte, dass er es „unverantwortlich“ finde, wenn Mütter in den Notdienst kommen und Fieberzäpfchen oder Nasenspray für das Kind wollen. An diesen Satz musste ich denken, als wir kürzlich als Familie unterwegs waren und ich spätabends gegen 22.00 Uhr die notdiensthabende Apotheke im Ort aufsuchte. Wegen der seit Wochen fehlenden oder lückenhaften Kinderbetreuung und dem (auch damit) zusammenhängenden Stress habe ich in dem ganzen Trubel vergessen, das Nasenspray fürs Kind einzupacken.

Ja, Mütter sind auch nur Menschen und nein, ich bin nicht unverantwortlich. Man schafft es eben nicht immer, alles unter einen Hut zu bringen.

Dieser besagte Freund hat übrigens gut reden, denn auch er hat ein Kind und seine Frau kümmert sich, so wie ich das mitbekomme, zum größten Teil um die Care-Arbeit. Ich verstehe nicht, warum er sich an Leuten, die dringend ein Nasenspray benötigen, gestört hat. Man müsse so etwas schließlich immer zu Hause haben … Dass die Kinder schnell aus „den Dosierungen wachsen“ oder eine Fiebersaft-Flasche auch mal herunterfallen kann, hatte er wohl nicht auf dem Schirm. Letzteres kann übrigens schnell in der Nacht passieren, wenn man unter Strom steht, hektisch ist und mehrere Tage kaum geschlafen hat. Die Mütter unter uns werden es verstehen.

Warum Kinder-Nasensprays sehr gefragt sind

Natürlich war ich nicht begeistert, fast 10,00 Euro für ein Nasenspray auszugeben, obwohl ich als Apothekenangestellte mit dem Geld vielleicht vier bis fünf Sprays kaufen könnte. Ich weiß, dass es nicht nur mir so geht. Denn Kinder sind besonders anfällig für Erkältungen und Infektionen der oberen Atemwege, die oft zu verstopften Nasen führen. Als Mutter oder Vater scheut man sich nicht, auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten nach Lösungen suchen.

Wir wissen, dass verstopfte Kindernasen sowohl den Schlaf des Kindes als auch den der Eltern rauben können. Das ist sehr belastend. Nasensprays wirken schnell und effektiv, indem sie die Schleimhäute abschwellen lassen und so die Atmung erleichtern. Dann nimmt man den Apotheken-Notdienst gerne in Anspruch. Wenn mein Kind dann gut durchatmen und ich schlafen kann, bin ich gerne bereit, etwas tiefer in die Tasche zu greifen ... Ich denke, es gibt da viel kuriosere Notdienst-Wünsche als dieses Kinder-Arzneimittel.

Kundin hinter mir reklamiert letzten Einkauf

Gedankenversunken hatte ich das Nasenspray jedenfalls schon eingesteckt, als ich hörte, wie eine Frau, die hinter mir in der Schlange stand, ein Blutdruckmessgerät beanstandete. „Hallo, mein Blutdruckmessgerät funktioniert nicht, ich habe das vor zwei Wochen hier gekauft“, sagte sie. Leider habe ich nicht mehr mitbekommen, wie das Gespräch weiterging, schließlich war es schon sehr spät geworden, aber ich dachte mir nur: Das ist ja der perfekte Zeitpunkt für eine Reklamation. 😂 Was erhofft sie sich denn? Dass der Apotheker nach 22.00 Uhr beim Hersteller anruft und ein Ersatzgerät bestellt?

Wer kennt sie nicht, die Blutdruckmessgeräte, die in der Apotheke gekauft wurden und dann plötzlich kaputt sind. Meist haben die Kund*innen auch keine Selbstzweifel, dass sie es vielleicht falsch bedienen oder beispielsweise die Batterien leer sind. Nein, prinzipiell ist immer das Blutdruckmessgerät kaputt – Punkt! Bis zum nächsten, total naheliegenden Gedanken ist es dann meist nicht sehr weit: die Apotheke muss mir das Produkt ersetzen, am besten umgehend, zur Not im Notdienst.

Ich weiß nicht, wie dieser Fall ausgegangen ist, aber ich habe mich darüber mit meiner PTA-Kollegin ausgetauscht, weil ich ehrlich gesagt nicht dastehen wollte wie mein Kollege. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das kein Notfall ist (bei einem Inhalator oder einem Arzneimittel würde ich es schon eher verstehen). Sie gab mir aber recht und schüttelte nur den Kopf: „Warum reklamiert man im Notdienst ein Blutdruckmessgerät?“.

Wie hättet ihr in solch einem Fall reagiert?